Neues transphobes Gesetz – Orbán missbraucht Corona-Krise
In Ungarn soll es trans Menschen nicht mehr möglich sein, ihr rechtliches Geschlecht zu ändern.
Viktor Orbán liess sich wegen der Corona-Krise zusätzliche Macht geben. Der ungarische Ministerpräsident regiert nun zeitlich unbegrenzt per Dekret. Am Dienstagabend ging er mit neuen Gesetzen ein weiteres Mal gegen die LGBTIQ-Community vor: Trans Menschen sollen künftig ihr rechtliches Geschlecht nicht mehr ändern dürfen.
Es ist zynisch, dass sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán in der Corona-Krise eine umfangreiche Notfall-Vollmacht zusichern liess. Denn ungehindert regieren konnte er bereits vorher. Seine Fidesz-Partei geniesst im Parlament eine komfortable Zweidrittelmehrheit, die Medien hat er ebenfalls im Griff. Nun kann er zusätzlich zeitlich unbefristet per Dekret regieren. Das Satiremagazin extra3 hat für Orbán deshalb einen neuen Spitznamen kreiert: «Der grosse Dekretator».
Pandemie als Vorwand Dass die Pandemie nur ein Vorwand für Orbáns Machtstärkung ist, sieht man auch daran, dass er mit ganz anderen Dingen beschäftigt ist. Mit neuen Gesetzen will die ungarische Regierung nämlich trans Menschen fundamentale Rechte nehmen. So soll es künftig nicht mehr erlaubt sein, das «biologische Geschlecht» abzuändern.
Es sei unmöglich, das biologische Geschlecht vollständig zu ändern, hiess es in der Gesetzesbegründung. Deshalb müsse man entsprechend auch die Änderung beim Standesamt verbieten.
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Gegen Menschenrechte Im Personenstandseintrag beim Standesamt wird künftig nicht mehr das «Geschlecht», sondern das «Geschlecht zur Geburt» erfasst werden. Die Bestimmung des rechtlichen Geschlechts richte sich nach «primären geschlechtlichen Merkmalen und den Chromosomen».
Zsófia A. Szabó von der Trans-Organisation «Prizma Közösség» erinnerte laut dem Portal 24.hu daran, dass der Vorschlag der früheren Position des Verfassungsgerichts widerspreche, das sich aus einer Mehrheit der von Fidesz ernannten Richter zusammensetzt, die 2018 einstimmig entschieden hätten, dass für trans auch grundlegende Menschenrechte gelten. Laut einer repräsentativen Umfrage im September 2019 sei eine überwältigende Mehrheit der Ungar*innen mit dem neuen Dekret nicht einverstanden: Nur 17 Prozent glaubten, dass trans Menschen unter keinen Umständen Geschlecht oder Namen in ihren Unterlagen ändern dürften. Eine Mehrheit von 70 Prozent würde dies jedoch befürworten.
Brief an CDU und CSU Viktor Orbán scheint mittlerweile auch für den Geschmack der Europäischen Volkspartei (EVP) den Bogen zu überspannen. Die grösste Partei des EU-Parlaments hat die Fidesz-Partei als Mitglied suspendiert. In der EU läuft ausserdem ein Artikel-7-Strafverfahren.
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In einem Brief an die Vorsitzenden der EVP-Parteien – darunter Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder – kritisiert Orbán EVP-Chef Donald Tusk. Er bediene sich der «Sprache der Liberalen und Linken» und versuche die EVP zu spalten.
Kritik aus Europa wächst Vor allem dank der CDU und CSU hatte Orbán in der EVP wenig zu befürchten. So verhinderten sie bereits zuvor einen Rauswurf seiner Partei. Orbáns Ermächtigungsgesetz sorge gemäss spiegel.de aber auch bei ihnen mittlerweile für ein Umdenken.
Auch ausserhalb der EVP fordern Europapolitiker*innen ein rasches Handeln gegen die Zustände in Ungarn. Michael Roth, Bundestagsabgeordneter und Staatsminister für Europa, erinnert die EU daran, dass sie schliesslich eine «Wertegemeinschaft» sei.
EuGH-Entscheid gegen Ungarn Nun hat auch noch der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Ungarn zusammen mit Polen und Tschechien während der Flüchtlingskrise 2015 gegen EU-Recht verstossen habe. Die Länder hätten sich widerrechtlich geweigert, Asylbewerber*innen aus Italien und Griechenland aufzunehmen. Das höchste rechtssprechende Organ der Europäischen Union liess die konkreten Folgen für die drei Staaten noch offen.
Das transphobe Gesetz von Ungarns Regierung ist nur der jüngste von vielen Angriffen auf die LGBTIQ-Community. Kürzlich rief Viktor Orbán etwa die Europäische Volkspartei (EVP) dazu auf, gegen die Ehe für alle zu kämpfen (MANNSCHAFT berichtete).
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