Uni Jena soll Forschungszentrum zu Homosexualität bekommen
Das fordern über 90 Wissenschaftler*innen und Politiker*innen: Das Vermächtnis des Hirschfeld-Mitstreiters Hans Holbein soll weitergeführt werden
Mehr als 90 Wissenschaftler*innen und Politiker*innen fordern ein Forschungszentrum zu Homosexualität an der Universität Jena.
Vor hundert Jahren, am 24. August 1919, wurde an der Universität Jena die Holbein-Stiftung gegründet. Aus diesem Anlass fordern mehr als 90 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft die Rehabilitierung des Stifters Hans Holbein und die Verwirklichung seines Vermächtnisses. Die Initiative steht unter der Schirmherrschaft der Ministerpräsidentin a. D. des Freistaates Thüringen Christine Lieberknecht.
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Zu den Unterstützern zählen Direktoren der Stiftungen Topographie des Terrors, Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, aber auch Ministerpräsident Bodo Ramelow, Oppositionsführer Mike Mohring und Justizminister Dieter Lauinger.
«Dr. Hans Holbein war ein Vorkämpfer der ersten Stunde für die Freiheit von Homosexuellen. Sein damaliges Engagement für die Community, insbesondere sein Kampf gegen die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller, ist bemerkenswert und hat bis heute Vorbildcharakter», erklärte Johannes Kahrs, ehemaliger LGBTIQ-Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. «Die von ihm begründete Holbein-Stiftung feiert dieses Jahr ihren einhundertsten Geburtstag. Ich wünsche mir, dass das Vermächtnis Dr. Hans Holbeins in seinem Sinne weiterführt wird. Hierbei unterstütze ich die Idee eines Forschungszentrums gern!»
Aufarbeitung der damaligen Vorgänge gefordert «Wir haben allen Grund gemeinsam nicht nur weiter gegen jede Diskriminierung anzugehen, sondern auch Forschung und Lehre endlich auf ein stabiles Fundament zu stellen», erklärte der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow (LINKE). «Deswegen begrüsse ich die Initiative die Gründung einer Holbein-Stiftung erneut aufzugreifen. Konkret werbe ich für ein Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der damaligen Vorgänge. Ziel des Projektes sollte sein, das Stiftungsvermögen zu restituieren und die Holbein Stiftung neu zu gründen.»
Jena wollte keinen «Sammelpunkt unerwünschter Elemente» Der thüringische Jurist Dr. Hans Holbein (1864-1929) war ein Mitstreiter des Sexualreformers Magnus Hirschfeld und setzte sich zeit seines Lebens für die Abschaffung des § 175 StGB ein. Mit der Holbein-Stiftung sollte die Universität Jena einen Lehrstuhl zur Erforschung der Homosexualität einrichten. Dazu setzte Holbein die Uni zur Alleinerbin ein und vermachte ihr 100.000 Mark. Doch die Universität schlug das Erbe aus, weil, so die Begründung, die Universität ansonsten «zu einem Sammelpunkt unerwünschter Elemente würde».
Holbeins Idee einer Institutionalisierung von Forschung und Lehre zur Homosexualität war visionär. Die Unterstützer rufen die Universität Jena und das Land Thüringen auf, diese Idee aufzugreifen und in zeitgemässer Form, zum Beispiel als der Universität angegliedertes Forschungsinstitut, umzusetzen – ein Vorschlag, der vom Präsidenten der Universität, Prof. Dr. Walter Rosenthal, in einer ersten Stellungnahme begrüsst wurde: «Die Universität ist offen für ein An-Institut, dessen Finanzierung noch geklärt werden muss.»
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Am 13. September findet um 16 Uhr auf dem Weimarer Friedhof eine Gedenkfeier aus Anlass des 90. Todestages Holbeins statt, bei der u. a. der thüringische Justizminister Dieter Lauinger eine Rede halten wird.
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