Polizei soll sensibler mit Geschlechtsidentitäten umgehen
Seit fast zwei Jahren hat Sachsen-Anhalts Polizei eine Ansprechperson für LGBTIQ. Sie sieht noch grossen Nachholbedarf bei den Beamt*innen.
Die Polizei in Sachsen-Anhalt muss aus Sicht einer Expertin sensibler im Umgang mit Menschen verschiedener Geschlechtsidentitäten und sexueller Orientierung werden. «Wir müssen empathischer werden und handeln», sagte Grit Merker, Ansprechperson für die Belange von LGBTIQ bei der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt. Sie bietet Aus- und Fortbildungsschulungen für Polizeibeamte an, um Wissensdefizite abzubauen und zu sensibilisieren. Diese sollten allerdings regelmäßiger stattfinden, «so wie Erste-Hilfe-Schulungen», sagte sie.
Seit knapp zwei Jahren ist Grit Merker als spezielle Ansprechperson bei der Polizei tätig. Sie hilft unter anderem, Fälle neu aufzurollen, in denen sich queere Personen ungerecht behandelt fühlten. «Wir wollen uns wirklich darum kümmern», sagte sie mit Blick auf den Teil der Bevölkerung, der «mit einer anderen sexuellen Orientierung ausgestattet ist, als die heteronormative Masse». Bei der Aufarbeitung von Fällen mit Bezug zu Hasskriminalität, die sich gegen die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität richten, sieht die Expertin eine gewisse Unsicherheit und Unwissenheit bei den Beamten, die nicht wüssten, wie sie sich dem queeren Gegenüber verhalten sollten.
In den Kriminalitäts-Statistiken spielten Straftaten im Zusammenhang mit dem Geschlecht oder der sexuellen Identität bisher nur eine verhältnismässig kleine Rolle in Sachsen-Anhalt. Laut dem Innenministerium in Magdeburg wurden im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt zehn solcher Straftaten erfasst. Im Vorjahr, dem ersten Jahr der Erfassung, waren es zwei Fälle gewesen. Die Vorurteile der Täter gegen die sexuelle Orientierung spielten nach Erkenntnissen der Polizei in 19 Fällen eine Rolle (2020: 12 Fälle). «Das Dunkelfeld dürfte deutlich höher sein», teilte das Innenministerium auf Anfrage mit. «Für die Landespolizei ist es wichtig, die Anzeigenbereitschaft von betroffenen Personen zu erhöhen und die Fachkompetenz der Polizeibediensteten zu steigern.» Betroffene Personen sollten zudem die Polizei auf eine mögliche Tatmotivation hinweisen.
Auch wenn Grit Merker es gut findet, dass es ihre Stelle als Hauptamt gibt: Sie sieht auch die Grenzen ihrer Tätigkeit. «Ich bin nicht für die Vorgangsbearbeitung zuständig, kann aber intervenieren und dabei kann es trotzdem passieren, dass meinem Rat nicht gefolgt wird», sagte sie. Bei der Polizei gibt es zudem nebenamtliche «Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen» (AgL). Dort fehle aber oft die Zeit, sich darum zu kümmern. Ihr zufolge wäre es schön, wenn mehr Menschen diese Thematik im Hauptamt bearbeiten, nicht nur im Nebenamt.
Und eins ist ihr noch wichtig: «Ich fände es toll, wenn sich mehr queere Leute bei der Polizei bewerben würden und auch Menschen mit migrantischem Hintergrund. Die Bevölkerung ist ja auch divers», sagte sie. Dieses Jahr plant Merker bei allen sechs Christopher-Street-Days in Sachsen-Anhalt dabei sein zu können.
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