Zu woke? Kritik an Berliner Polizei

Dass nach «männlich gelesenen» Personen gefahndet wird, stösst vielen auf

Foto: Adobe Stock
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In einem öffentlichen Zeugenaufruf sucht die Polizei aktuell nach drei Straftätern (MANNSCHAFT berichtete). Eine Formulierung im Pressetext der Polizei sorgt seit Tagen für Aufregung.

Das Schläger-Trio soll im Juni 2023 einen Mann im U-Bahnhof Gesundbrunnen schwulenfeindlich beleidigt, angegriffen und beraubt haben. Die Bilder der Überwachungskamera zeigen drei junge Männer. Die Polizei fahndet nach «männlich gelesenen» Personen, wie es in einer Pressemeldung heisst.

Für Boulevardblätter wie Bild ein gefundenes Fressen. Formulierungen wie «weiblich gelesen» oder «männlich gelesen», heisst es dort in einem Artikel, seien «Teil einer Sprachideologie, die davon ausgeht, dass man das Geschlecht nicht am Körper erkennt. Das Geschlecht soll demnach nicht viel mit Biologie zu tun haben, sondern vielmehr eine Sache der Einstellung sein». Die Rede ist bei Bild «von Woke-Alarm bei der Berliner Polizei».

Der umstrittene FDP-Mann Gerhard Papke erklärte bei X (vormals Twitter) «Berlin zum Irrenhaus».

Auf dem Kurznachrichtendienst schimpften auch viele aufgebrachte User*innen. Eine meinte, an die Polizei gerichtet: «Wollt Ihr euch allen Ernstes mit aller Gewalt zum Affen machen?»



Doch das ist nur eine Sicht auf die Dinge. Marco Klingberg, Vorsitzender von VelsPol, dem Verband queerer Polizeibedienstete in Berlin-Brandenburg, erklärt gegenüber MANNSCHAFT: «In Zeiten, in denen Hass und Hetze im Internet immer gravierender auftreten, ist es wichtig, dass die Polizei einen diskriminierungsfreien und sensiblen Sprachgebrauch an den Tag legt. Dieser sollte aber auch sinn- und zweckmäßig angewendet werden. Die queere Community aber auch alle anderen Communitys schauen genau hin, wie sich die Polizei äussert. Dies sorgt auch zu einer positiven Entwicklung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Communitys und der Polizei.» Eine Folge könne ein verbessertes Anzeigeverhalten sein, so Klingberg.

Die gerade laufende stark populistische Kritik an die Polizei sei hier eher hinderlich. «Ein angewendeter diskriminierungsfreier und sensibler Sprachgebrauch durch die Polizei ist keine ‹Sprachdiktatur›, wie von vielen unterstellt wird. Natürlich liest es sich ungewöhnlich, wenn von einem lesbaren Geschlecht gesprochen wird. Der Grund der Öffentlichkeitsfahndung gerät durch die anhaltende Diskussion und Kritik aber eher in den Hintergrund. Es geht hier um eine Informationsgewinnung zu den Tätern und im besten Falle zu einer Identifizierung der Personen, um das Strafverfolgungsverfahren fortführen zu können», erklärt Klingberg.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, dagegen erklärte: «Die Verwendung solcher Formulierungen ist besonders bei Fahndungsaufrufen aus polizeitaktischen Gründen kontraproduktiv», sagt Wendt. «Eine Pressestelle sollte sich auf das Fachliche beschränken und das Ideologische weglassen.»



In einem Kommentar zum Thema bei t-online heisst es auf sarkastische Weise treffend, die Polizei habe «im Grunde einen richtigen Riecher» gehabt. Denn: «Sprachideologie hin oder her: Eigentlich waren die Täter keine Männer, sondern drei halbstarke Jugendliche, die sich in sicherer Überzahl an einem Opfer vergriffen haben.»

Bei der Polizei ist es erst seit dem 1. Januar 2021 möglich, sich offiziell als trans oder inter Person zu bewerben. Hat die hessische Polizei damit alle Fragen für ihre Beschäftigten geklärt? (MANNSCHAFT berichtete)

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