Taugt «Bros» als Hollywoods erste schwule Kino-Romcom?

Kommende Woche in den deutschsprachigen Kinos!

Szene aus Bros (Foto: Universal Pictures)
Szene aus Bros (Foto: Universal Pictures)

Boy meets Girl: zwei Verliebte, viele Hindernisse, nichtsdestotrotz Happy End. So verläuft typischerweise eine romantische Komödie. Nun bringt Hollywood sowas mit Schwulen ins Kino. Gay-fällt uns das?

Von Gregor Tholl, dpa

Huch, eine Liebeskomödie um zwei verknallte Männer kommt ins Kino. Ist das 2022 noch ein Aha-Erlebnis? Scheint so. Zumindest wird «Bros» mit Billy Eichner (44) und Luke MacFarlane (42) in den Hauptrollen als «erste Romcom eines grossen Studios über eine schwule Beziehung» (Zitat: Universal Pictures) vermarktet. Dieser Superlativ scheint erklärungsbedürftig. Romcom bedeutet jedenfalls Romantic Comedy – romantische Komödie. Also: zwei problembeladene Verliebte, einige Hindernisse, dennoch Happy End. So wie einst in «Harry und Sally», «E-m@il für Dich» oder «Schlaflos in Seattle».

Taugt die erste romantische Komödie eines grossen Hollywood-Studios über zwei Schwule etwas – und womöglich auch für Heteros? Aber ja!

Erstmal dürfte der ansehnliche Luke MacFarlane – ein Muskelkerl mit Labrador-Blick – auch Herzen heterosexueller Frauen höher schlagen lassen. Schon letztes Jahr in der schwulen Netflix-Weihnachts-RomCom «Single All The Way» war er der sexy Typ. Und die «Bros»-Story ist süss, auch wenn sie in Sachen Coming-out-Probleme, Dating-Apps, Sexualpraktiken und Details aus der queeren Geschichte stellenweise recht voraussetzungsreich bei ihren Gags ist.



Der leicht verbitterte Podcaster und verkopfte Autor Bobby (Eichner), der auch an der Planung eines LGBTIQ-Museums beteiligt ist, hat sich in seinem grossstädtischen Single-Leben eingerichtet. Eines Tages lernt er den scheinbar oberflächlichen Cross-Fit-Kerl und Anwalt Aaron (MacFarlane) in einem Club kennen. Die zwei Männer stolpern langsam in Richtung Big Love – oder zumindest zum längerfristigen Daten. Das bleibt nicht ohne Hin und Her und kleine Verletzungen, könnte aber darin enden, dass einer für den anderen vor großem Publikum ein Liebesgeständnis singt. So kennt man das ja aus Romcoms.

Der Film von Regisseur Nicholas Stoller («Nie wieder Sex mit der Ex») kommt aus dem Hause Universal, das Teil des Medienkonzerns NBC Universal ist. Neben Disney, Warner Bros., Sony Pictures und Paramount Pictures gehört Universal zu den sogenannten Major-Studios des heutigen Hollywood, also der US-Kinofilmindustrie.

Früher waren die Filmproduktionsgesellschaften von Los Angeles übermächtig. Die US-Studios hatten quasi global das letzte Wort über die Stoffe, die im Kino zu sehen waren. Die Storys der Traumfabrik wandten sich an die Publikumsmehrheit, waren so gut wie immer heterosexuell. Nicht-Heteros – und Nicht-Weisse übrigens auch – waren höchstens Randerscheinungen, meist negative. Es dauerte lang in der Filmgeschichte, bis Homosexuelle normal vorkamen. Bis aus ihrem Leben – ohne Problematisierung der Identität an sich – erzählt worden ist.

Und jetzt? In diesem Herbst wird «Bros» mit recht grossem Budget beworben. Dann heisst es in der Werbung zum Beispiel, in dem Film trete das «Who’s who der queeren Schauspieler*innen Hollywoods» auf. Die Besetzung besteht fast ausschliesslich aus Mitgliedern der queeren Community, wie auch Hauptdarsteller Billy Eichner es feiert, der das Drehbuch mitschrieb und als kreativer Kopf hinter dem Film gilt.

«Nachdem queere Schauspieler Jahrzehnte damit verbracht haben, heterosexuellen Schauspielern dabei zuzusehen, wie sie sowohl künstlerisch als auch beruflich Kapital schlagen, indem sie LGBTIQ-Charaktere spielen, ist ein lang gehegter Traum mit dieser Besetzung wahr geworden», sagt Eichner (MANNSCHAFT berichtete).

Was er meint? In vielen Hollywoodfilmen, darunter «Philadelphia», «The Birdcage», «In & Out», «Brokeback Mountain», «Call Me by Your Name» wurden schwule Charaktere von Nicht-Schwulen gespielt. Er hoffe, so Eichner, dass «Bros» nur die erste vieler Gelegenheiten sei, in der offene LGBTQ-Ensembles zeigen könnten, dass sie mehr als den verrückten Kumpel oder schwulen besten Freund eines Hetero-Filmstars darstellen können.

Trotz vieler guter Kritiken startete der Film in den US-Kinos recht schwach (MANNSCHAFT berichtete). Statt erwarteter 8 bis 10 Millionen Dollar spielte er in den Staaten am ersten Wochenende (30.9. bis 2.10.) in mehr als 3300 Sälen nur etwa 5 Millionen ein. Nicht zuletzt wegen der neuen Lust am Zuhausebleiben infolge von Corona erleben die Kinos Publikumsschwund.

Für die schwule Liebeskomödie könnte es schwierig werden, überhaupt einen Gewinn zu erwirtschaften. Denn neben den verhältnismässig günstigen 22 Millionen Dollar Produktionskosten soll das Studio zusätzlich etwa 30 Millionen für Werbung ausgegeben haben. Billy Eichner twitterte enttäuscht: «Kinokassen haben, wie wir alle wissen, absolut nichts mit der Qualität eines Films zu tun.» Das stimmt, denn mindestens die queere Community und unverkrampfte Heteros bekommen in den 115 «Bros»-Minuten viel Amüsantes zum Wiedererkennen vorgesetzt.

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