SVP- und CVP-Männer planen zweites Ehe-für-alle-Referendum

Die Politiker stören sich daran, dass lesbische Frauen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erhalten sollen

Bild: iStockphoto
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Nicht nur die EDU, sondern auch einzelne Vertreter der SVP und CVP wollen das Referendum gegen die Ehe für alle ergreifen. Stein des Anstosses ist die Öffnung der Fortpflanzungsmedizin für lesbische Ehefrauen.

Noch bevor die Ehe für alle von beiden Kammern verabschiedet wurde, stellte die Eidgenössische Demokratische Union (EDU) ein Referendum in Aussicht. Wie Le Matin Dimanche berichtet, wollen nun auch einzelne Politiker der SVP und CVP das Referendum ergreifen.

Im Gegensatz zur EDU – eine rechtskonservative Randpartei ohne Sitze im nationalen Parlament – dürften SVP und CVP als Gegner nicht zu unterschätzen sein, schreibt die Westschweizer Zeitung. Die einzelnen Vertreter der beiden Parteien stören sich in erster Linie am geplanten Zugang zur Samenspende für lesbische Frauen.

«Unser Ziel ist es, uns auf den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin zu konzentrieren und uns so von den Argumenten der EDU und ihrer Partnerorganisationen abzugrenzen», heisst es in einer E-Mail, die Le Matin Dimanche vorliegt.

Im Referendumskomitee sind soweit nur Männer dabei, darunter mehrere namhafte SVP-Persönlichkeiten: Parteipräsident Marco Chiesa (TI), sein Vorgänger Albert Rösti (BE) und Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG). Für die CVP sind die Nationalräte Christian Lohr (TG), Marco Romano (TI) und Benjamin Roduit (VS) an Bord.

Das Engagement der SVP- und CVP-Männer entspricht nicht unbedingt der Parteilinie. Im Gegenteil: Eine starke SVP-Minderheit hatte für die Ehe für alle gestimmt, auch CVP-Vizepräsident und Ständerat Charles Juillard (JU) hatte Ja gesagt. Als ihn Le Matin Dimanche auf das neue Referendumskomitee ansprach, hatte er noch nichts davon gewusst.

«Es ist nicht überraschend, dass die Partei in einer Frage gespalten ist, die persönliche Überzeugungen betrifft», sagt er gegenüber der Zeitung. Ob er sich um die Geschlossenheit der Partei sorgt? «Wir sind an die Debatte gewöhnt, aber wenn die Grünliberalen nicht auf den Zugang zur Fortpflanzungsmedizinin gedrängt hätten, hätte es in der CVP weniger Nein-Stimmen gegeben.»

SVP-Nationalrat Aeschi will nicht nur aufgrund des Zugangs zur Samenspende das Referendum ergreifen, sondern auch wegen der Ehe für alle. «Die Ehe muss die Vereinigung von einem Mann und einer Frau bleiben», lässt er sich von Le Dimanche Matin zitieren. «Schon heute ermöglicht die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlichen Paaren einen Zusammenschluss.»

Muriel Waeger, Westschweizer Sprecherin der Schweizer LGBTIQ-Organisationen, ist von der Bildung eines zweiten Referendumskomitees nicht überrascht. «Ich bin enttäuscht, dass so viele Menschen sich weigern, gleichgeschlechtlichen Paaren die gleichen Rechte zu geben wie heterosexuellen Paaren», sagt sie. Für den drohenden Abstimmungskampf zeigt sie sich zuversichtlich. «Wir freuen uns auf die kommende Kampagne. Die Umfragen zeigen eine hohe Zustimmungsrate.»

Waeger spricht die jüngste Umfragewerte von gfs-zürich an. Diese kommen zum Schluss, dass die Schweizer Bevölkerung der vollständigen Öffnung der Ehe für alle mit 82 Prozent noch deutlicher zustimmt als vor einem Jahr (MANNSCHAFT berichtete).

Das neue Referendumskomitee hat nun knapp 100 Tage Zeit, um 50’000 Unterschriften gegen die Ehe für alle zu sammeln und so eine Volksabstimmung zu erzwingen. Sollte das Referendum nicht gelingen, rechnet das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement EJPD mit der Einführung der Ehe für alle am 1. Januar 2022 (MANNSCHAFT berichtete).

 

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