«Mit ihrem Wording bedient das SRF ein SVP-Publikum»

Pink Cross kritisiert das Vorgehen des Schweizer Radio und Fernsehens SRF

Bild: iStockphoto
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In der Sendung «Arena» diskutieren drei Heterosexuelle und eine Vetreterin der LGBTIQ-Community über die Ehe für alle und den Diskriminierungsschutz für Homo- und Bisexuelle. Zudem stelle das SRF homophobe Ansichten als legitime Meinung dar, kritisiert Pink Cross.

«Papi und Papi – geht das?» heisst das Thema der Sendung «Arena» im Schweizer Fernsehen SRF vom 8. November. Zu Gast sind GLP-Nationalrat Martin Bäumle, SVP-Nationalrätin Therese Schläpfer, Oskar Freysinger vom Komitee gegen den Diskriminierungsschutz für Schwule, Lesben und Bisexuelle sowie Anne-Sophie Morand, offen lesbische FDP-Politikerin und Mitorganisatorin der Zurich Pride. Im Studio sitzt Florian Vock, SP-Grossrat und Vorstandsmitglied von Pink Cross.

Es ist bereits das dritte Mal, dass sich die Diskussionssendung um die Ehe für alle dreht. Auch bei diesem Anlauf lud das SRF keine Verteter*innen der Schweizer LGBTIQ-Organisationen in die Kernrunde ein. «Von vier Leuten in der ersten Reihe sind drei hetero. Diese dürfen eine ganze Sendung lang diskutieren, ob wir nun die gleichen Rechte und einen Schutz vor Hass ‹verdient› haben oder ob wir noch ein wenig warten sollen», sagt Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross gegenüber der Mannschaft.

Bei der Wahl der Gäste sei das SRF «ignorant» – noch nie habe eine Vertretung von Pink Cross oder der Lesbenorganisation LOS in der ersten Reihe stehen können. «Obwohl es die beiden führenden nationalen Dachverbände sind, welche sich seit Jahren für die Ehe für alle einsetzen.»

Heggli ärgert sich auch über die Rhetorik des grössten Schweizer TV-Senders. «Das SRF stellt homophobe Ansichten noch immer als völlig legitime Meinung dar. Gleichstellung als etwas, das noch verhandelt werden müsste», sagt er. «Mit einem solchen Framing und Wording bedienen sie nur noch ein SVP-Publikum. Fast alle anderen Medien sind hier einen grossen Schritt weiter.»

Die «Arena» ist der Höhepunkt einer intensiven Woche für LGBTIQ-Themen in der Schweiz. Den Anfang machte die Meldung vom 1. November. Eine Spielgruppenleiterin in Lenzburg wollte dreieinhalbjährige Zwillinge nicht betreuen, weil sie zwei Väter haben (MANNSCHAFT berichtete). Die Konstellation sei «weder normal noch natürlich», so ihre Begründung.

Die Nachricht schaffte es in alle grossen Tagesmedien und löste eine Welle der Solidarität aus. In Lenzburg fand daraufhin ein Kiss-in als Zeichen gegen Homophobie statt, der Dachverband Regenbogenfamilien vermeldete zahlreiche Anfragen von Spielgruppen, die wissen wollten, wie man Familien mit gleichgeschlechtlichen Elternteilen am besten unterstützen könne.

Am 5. November sprach sich die reformierte Kirche für die Ehe für alle aus (MANNSCHAFT berichtete). Die entsprechende Abstimmung der Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) in Bern fiel mit 45 zu 10 Stimmen aus. Im Kanton Bern sollen sich bereits ab 2022 gleichgeschlechtliche Paare kirchlich trauen lassen können, berichtete daraufhin Der Bund.

Den Medienrummel ins Rollen brachte einerseits den Gesetzesentwurf zur Ehe für alle, die von der Rechtskommission des Nationalrats im August verabschiedete wurde (MANNSCHAFT berichtete). Auch die am 9. Februar 2020 anstehende Volksabstimmung zur Ausdehnung der Antirassismusstrafnorm auf die sexuelle Orientierung kommt vermehrt in die Schlagzeilen.

Homophobie ist keine Meinung

Andererseits sind es auch Vorfälle von Hassverbrechen, die die Aufmerksamkeit auf die Rechte von Schwulen, Lesben und Bisexuelle lenken. Im September prügelten fünf Unbekannte ein küssendes Männerpaar krankenhausreif (MANNSCHAFT berichtete), im Oktober wurde bekannt, dass ein Vater im Kanton Bern seinem Sohn fast die Kehle durchgeschnitten hatte, nachdem er von dessen Homosexualität erfahren hatte.

Vater schneidet schwulem Sohn fast die Kehle durch

Heggli zeigt sich zufrieden über die grosse Berichterstattung zu LGBTIQ-Themen. «Ich werde in letzter Zeit regelmässig darauf angesprochen, ob es tatsächlich noch so schlimm sei mit der Homophobie und mit alltäglichen Angriffe – und ja, es war schon und ist noch immer schlimm», sagt er zu Mannschaft Magazin. «Diese Sensibilisierung war nur möglich, dank der häufigen Berichterstattung der letzten Monate. Und das wird uns schlussendlich auch bei der Abstimmung zum Schutz vor Hass helfen: Denn Aufruf zu Hass und Hetze liefert die Grundlage für die homophoben Angriffe – deshalb brauchen wir den Schutz!»

 

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