Schon über 10.000 schwule und lesbische Paare verheiratet
Mit Eheöffnung in Deutschland «noch nicht am Ende des Weges angelangt»
Am 1. Oktober ist es ein Jahr her, dass gleichgeschlechtliche Paare standesamtlich heiraten können und damit endlich alle gleichen Rechte erhalten wie Heteros. Seit der Eheöffnung hat sich der Ansturm auf die Standesämter etwas gelegt, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen. Wie eine dpa-Umfrage bei Standesämtern ergab, gaben sich allein in Köln (Stichtag 31.8.) 1056 gleichgeschlechtliche Paare das Ja-Wort. Auch in Düsseldorf, Dortmund und Münster ließen sich Hunderte Männer- und Frauen-Paare trauen. In Frechen war ein schwules Paar das bundesweit allererste!
Bundesweit heirateten seither mehr als 10.000 schwule und lesbische Paare, darunter auch zuletzt der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs. Detaillierte Zahlen werden vom Statistischen Bundesamt bisher nicht erhoben – schuld ist die Software.
Mannschaft hat auch im Berliner Standesamt Tempelhof-Schöneberg nachgefragt, wo am 1. Oktober (9.30 Uhr) die ersten schwulen Ehen geschlossen wurden. Dort hat man seither 234 Umwandlungen einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe und 176 gleichgeschlechtliche Eheschließungen registriert (Stand: Mitte September).
Der Andrang im Standesamt durch gleichgeschlechtliche Paare ist nur durch die Umwandlungen größer geworden
In Dresden, so teilte uns die verantwortliche Stelle mit, habe es bis zum 31. August 2018 insgesamt 164 Umwandlungen von bestehenden Lebenspartnerschaften in eine Ehe und insgesamt 64 gleichgeschlechtliche Eheschließungen gegeben. Als Fazit könne man ziehen, heißt es aus der sächsischen Landeshauptstadt mit, „dass durch die Ehe für alle der Andrang im Standesamt durch gleichgeschlechtliche Paare nur durch die Umwandlungen größer geworden ist“.
Nur jede 3. gleichgeschlechtliche Ehe zwischen Frauen In München hat man bisher 830 Ehen von gleichgeschlechtlichen Paaren gezählt, wobei die Umwandlungen mit einer Zahl von 587 den größten Anteil ausmachen. Am häufigsten kamen hier Männerpaare (566) ins Standesamt – nur etwa jede 3. gleichgeschlechtliche Ehe wurde zwischen Frauen (264) geschlossen (Stand: 20. September).
Wegen der Software-Probleme, die zum 1. November behoben sein sollen, gab es vereinzelt auch Paare, die mit der Eheschließung bzw. Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe warten wollten. Grund: Die Software ist bisher nicht in der Lage, zwei Männer oder zwei Frauen als Paar einzutragen – bis heute. Somit muss bisher ein Partner mit falschem Geschlecht im Personenstandsregister eingetragen werden.
Auch beim Standesamt in Berlin-Neukölln kam es nur selten vor, dass gleichgeschlechtliche Paare bis nach dem 1. November warten wollen.
In zu vielen Bereichen – etwa im Adoptionsrecht – werden homosexuelle Paare weiterhin benachteiligt
Deutsche Queer-Politiker würdigten den ersten Jahrestag der Eheöffnung durch den Bundestag als „wichtigen Schritt zur vollen Gleichberechtigung“, wie etwa der hessische Bevollmächtigte für Integration und Antidiskriminierung, Kai Klose, erklärte. Man sei aber noch nicht am Ende des Weges angelangt. „In zu vielen Bereichen – etwa im Adoptionsrecht – werden homosexuelle Paare weiterhin benachteiligt – so ist noch immer nicht geregelt, dass eine Frau, deren Ehepartnerin ein Kind zur Welt bringt, automatisch Mit-Mutter ist“, so der Grünen-Politiker Klose. Auch die Rechte von Trans* und intergeschlechtlichen Personen gelte es zu stärken.
Noch viel zu tun! Aus Brandenburg teilte der LGBTIQ-Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Jens Brandenburg, mit, man dürfe sich auf dem bisherigen Fortschritt nicht ausruhen: „Für gleiche Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen gibt es noch viel zu tun: Die FDP-Fraktion fordert ein modernes Familienrecht für Regenbogenfamilien, einen Nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie und mehr Aufklärung an Schulen.“
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