Kritik an «Chaos pur» in Berlin wegen Affenpocken-Impfungen

Laut RBB sind seit Jahresbeginn Hunderte Impftermine ausgefallen

Bild: iStockphoto
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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf warnte erst letzte Woche vor falscher Gelassenheit beim Thema Affenpocken. Nun laufen in Berlin Verträge für die Impfungen aus, kritisiert die SPD. UPDATE: Am Mittwoch wurden sie verlängert.

Mathias Schulz, Sprecher der Berliner SPD-Fraktion u.a. für Queerpolitik, erinnert in einer Pressemitteilung daran, dass im vergangenen Jahr bundesweit insgesamt 3.677 Fälle von Affenpocken auftraten, davon 45 Prozent in Berlin. «Trotz der in unserer Bevölkerung hohen Impfbereitschaft begann die von Senatorin Gote organisierte Impfkampagne im letzten Jahr sehr schleppend. Auch eine Beteiligung der Community an der Vorbereitung einer Aufklärungs- und Impfkampagne erfolgte seinerzeit nicht. Jetzt lässt die zuständige Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung auch noch wegen «verwaltungsinterner Verzögerungen“ Verträge auslaufen.»

Bereits vorhandene Impfdosen könnten somit nicht genutzt werden, kritisiert Schulz. Sein Fazit: «Chaos pur. Das ist unverantwortlich und völlig inakzeptabel!»

Der Facharzt Ingo Ochlast erklärte laut RBB, die Unterbrechung der Impfkampagne sei problematisch, da aufgrund der fehlenden Erfahrung, noch nicht alle Fragen rund um den Impfschutz restlos geklärt seien, etwa ob eine Impfung reiche oder ob zwei gegeben werden sollten.

Am Mittwochabend meldete der RBB, die Verträge seien laut Senatgesundheitsverwaltung mittlerweile verlängert: Die Praxen könnten ab sofort weiter Impfungen vornehmen.

Kritik hatte auch von Alfonso Pantisano geübt, der Landesvorsitzende der SPDqueer in Berlin. Das Vorgehen der grünen Senatorin nannte er «gegenüber unserer queeren Community sowas von verachtend».



Die Zahl der Affenpockennachweise ist weltweit zwar deutlich geschrumpft, die 2022 in vielen Ländern erstmals aufgetauchten Ausbrüche sind dort unter Kontrolle. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf warnt aber vor falscher Gelassenheit, weil vor allem in Afrika weder Tests noch genügend Impfstoffe zur Verfügung stehen. Das könne eine Bedrohung für die ganze Welt werden: «Wir könnten in drei Jahren eine Virusvariante haben, die deutlich weniger gut einzudämmen ist – das ist ein echtes Risiko», sagte die WHO-Affenpockenexpertin Rosamund Lewis der Deutschen Presse-Agentur (MANNSCHAFT berichtete).

Ärzt*innen und Kliniken müssten weiterhin auch Affenpocken als Diagnose in Betracht ziehen, wenn Menschen mit Fieber oder Ausschlag kommen, forderte sie. Auf HIV und sexuell übertragbare Krankheiten spezialisierte Kliniken sollten routinemässig auf Affenpocken testen.

Vor allem müssten Schnelltests und mehr Impfstoffe entwickelt werden, um neue Ausbrüche weltweit schnellstens zu entdecken und einzudämmen. Bis Anfang Januar registrierte die WHO weltweit knapp 84’000 bestätigte Fälle und 75 Todesfälle, wobei sie sicher ist, dass ein Vielfaches davon ungemeldet blieb. Die Zahl der wöchentlich gemeldeten Neuinfektionen ist seit Juli um gut 90 Prozent gesunken. Auch in Deutschland wurden zuletzt nur noch Einzelfälle gemeldet.

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