Keine Queerpolitik mit EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber

Die Europawahl läuft!

Foto: Screenshot/www.manfredweber.eu
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Irland und Tschechien wählen bereits am Freitag. Deutschland ist am Sonntag dran. Wir haben die Spitzenkandidat*innen nach ihren queerpolitischen Positionen befragt.

Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden in einer Zeit zunehmender sozialer und politischer Polarisierung statt. Grundwerte wie die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtstaatlichkeit werden in Frage gestellt. Bei Minderheiten- und Menschenrechten von queeren Menschen weht ein starker Gegenwind. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ruft dazu auf, am 26. Mai zur Wahl zu gehen und nur die Parteien zu wählen, die glaubhaft und überzeugend für Gleichheit und Akzeptanz von LGBTIQ in Europa eintreten und gegen Hass, Homophobie und Transfeindlichkeit.

Schottische Regierung entschuldigt sich für Schwulen-Verfolgung

Während in Westeuropa fast überall gleichgeschlechtliche Paare heiraten können, sind z.B. in den baltischen Staaten wie Lettland und Litauen homosexuelle Partnerschaften nicht anerkannt. In Litauen ist das Erwähnen von Homosexualität in Schulen und Bibliotheken verboten.

Schottland wiederum ist das erste Land, in dem LGBTIQ-Geschichte im Unterricht verpflichtend durchgenommen wird. Ein einiges Europa sieht anders aus. Wir haben die Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien gefragt, wie sie für gleiche Verhältnisse sorgen wollen. Mit Katarina Barley (SPD) sprachen wir persönlich. Alle anderen baten wir schriftlich um Antwort. Jörg Meuthen (AfD) und Manfred Weber (Union) haben unsere Anfrage leider ignoriert.

Katarina Barley (SPD)

Katarina Barley
Katarina Barley

«Mir schwebt eine Art jährliches Monitoring aller Mitgliedsstaaten in Bezug auf Rechtstaatlichkeit und Demokratie vor, wozu auch die LGBTIQ-Rechte zählen. So können wir eine Art Frühwarnsystem entwickeln. Da muss man fundiert gucken, wie sieht es konkret in den einzelnen Ländern aus. Das wird dann auch transparent gemacht: Welche Standards sind wo erreicht und umgesetzt? Dadurch entsteht auch nochmal ein anderer Druck, da bin ich ganz sicher.

Wenn sich im Bereich LGBTIQ, aber auch bei Antisemitismus oder Frauenrechten, ein Rollback andeutet, wollen wir mit einem zu schaffenden Fonds Vertreter der Zivilgesellschaft gerade in solchen Ländern unterstützen.

Nicola Beer (FDP)

Schwule Liberale
Schwule Liberale

«Die FDP spricht sich dafür aus, die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU auszuweiten. Homophobie muss darin genauso behandelt werden wie Diskriminierung wegen Rassismus. Eine EU-Richtlinie sollte zudem regeln, dass in der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen überall in der EU als Ehen anerkannt werden. Vereine, die sich gegen die Diskriminierung von LGBTIQ einsetzen, sollten von der EU gefördert werden. Das ist gerade in Osteuropa wichtig. Im Blick auf die Gleichstellung am Arbeitsplatz sollte die EU Best-Practice-Prozesse für ein Diversity Management in den Betrieben initiieren – auch in ihren eigenen Behörden. Und schliesslich erwarten wir, dass Europa eine laute Stimme für die Menschenrechte von LGBTIQ in der Welt ist – wenn nötig auch mit Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen.

Ska Keller (GRÜNE)

«Wir fordern eine europaweite Anerkennung eingetragener Partnerschaften und gleichgeschlechtlicher Ehen und Regenbogenfamilien und die damit verbundene Anerkennung ihrer Rechte als ersten Schritt auf dem Weg zur Öffnung der Ehe in ganz Europa. Der Europäische Gerichtshof hat 2018 geurteilt, dass ein in einem Mitgliedsland anerkanntes ein- getragenes Paar auch in einem anderen als solches anerkannt werden muss. Jetzt gilt es, diese Rechtsprechung auch in allen Mitgliedsländern durchzusetzen.

Rumänen stimmen über Eheverbot für Homopaare ab

Eine einfache Änderung des Personenstandes bei Anpassung der Geschlechtszugehörigkeit europaweit ist uns ein zentrales Anliegen, ebenso wie ein Wegfall von entwürdigenden Gutachten bei der Geschlechtsanpassung. In einigen EU-Staaten gelten «AntiPropaganda»-Gesetze, die Diskriminierung und Hass auf LGBTIQ-Menschen befördern, indem etwa in der Schule nicht mehr über Homosexualität gesprochen werden darf. Wir stocken die Mittel für Aufklärungsarbeit und das «Programm für die Förderung von Vielfalt» auf.

Özlem Demirel (LINKE)

«Wir erleben, dass LGBTIQ, die z. B. aufgrund der Diskriminierung aus Litauen in die Bundesrepublik migrieren, hier über Jahre keinen Anspruch auf soziale Leistungen haben und nicht einmal in Notschlafstellen für Obdachlose aufgenommen werden. Ich nenne bewusst dieses Beispiel, weil gleiche Rechte für alle Menschen in der Europäischen Union dadurch schon beim Thema «Freizügigkeit» nicht gegeben sind, sondern von der wirtschaftlichen und sozialen Situation der Betroffenen abhängen. 

FDP und SPD machen queeren Wählern bestes Angebot

Die EU ist nach wie vor keine Sozialunion – dies muss sich ändern. In den Bereichen Verbot von Konversionstherapien, Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt und Eheöffnung ist ebenfalls Druck zivilgesellschaftlicher Organisationen notwendig, den wir im EU-Parlament weiterhin unterstützen.»

Die ausführlichen Positionen und ein Interview mit Katarina Barley erscheinen in der deutschen Mai-Ausgabe der MANNSCHAFT. Hier geht es zum Abo Deutschland und hier zum Abo Schweiz.

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