«Hasskriminalität gegen LGBTIQ wird künftig besser geahndet»

Münster: Menschen demonstrieren auf dem Prinzipalmarkt (Foto: Friso Gentsch/dpa)
Münster: Menschen demonstrieren auf dem Prinzipalmarkt (Foto: Friso Gentsch/dpa)

In seiner Donnerstag-Sitzung hat der Bundestag den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf für ein «Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt» beschlossen.

Damit werden «geschlechtsspezifische» sowie «gegen die sexuelle Orientierung gerichtete» Tatmotive als weitere Beispiele für menschenverachtende Beweggründe ausdrücklich in die Strafgesetze zu Hasskriminalität (§ 46 StGB) aufgenommen.

«Hasstaten und Gewalt gegen queere Menschen sind menschenverachtende Straftaten. Alltäglich werden in Deutschland LGBTIQ angegriffen», erklärt Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter). «Laut offiziellen Zahlen gibt es jeden Tag mindestens drei Angriffe auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans und inter und queere Menschen. Die Dunkelziffer ist deutlich höher. Diesen Straftaten muss der Staat entschlossen entgegentreten.»

Die ausdrückliche Aufnahme „geschlechtsspezifischer» sowie „gegen die sexuelle Orientierung gerichteter» Motive in den Gesetzestext erhöhe bei den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden die Sensibilität für LGBTIQ-feindliche Taten. Denn was Schwarz auf Weiss im Gesetzestext steht, finde in der Rechtspraxis mehr Beachtung. «Die ausdrückliche Erwähnung dieser Beweggründe unterstreicht zudem, dass die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen schon frühzeitig solche Motive aufzuklären und zu berücksichtigen hat. LGBTIQ-Feindlichkeit wird so in Gerichtsverfahren eher strafverschärfend einbezogen und damit besser geahndet.»

Lehmann weiter: Angeheizt von gezielten Kampagnen richtet sich Gewalt gegen sichtbares queeres Leben und soll LGBTIQ einschüchtern. Als demokratische Gesellschaft muss es unser Ziel sein, dass alle Menschen offen, sicher und angstfrei leben können und sich LGBTIQ im Alltag nicht verstecken müssen. Im ressortübergreifenden Aktionsplan der Bundesregierung «Queer leben» ist die Sicherheit von LGBTIQ eins von sechs Handlungsfeldern (MANNSCHAFT berichtete). Die Umsetzung mit der Zivilgesellschaft und den Bundesländern hat begonnen. Auch Bayern will nun einen Aktionsplan schaffen (MANNSCHAFT berichtete).



Auf ihrer letzten Sitzung hat sich auch die Innenminister*innenkonferenz verpflichtet, die Bekämpfung von LGBTIQ-feindlicher Gewalt weiter zu verbessern. Grundlage dafür müssen die Empfehlungen aus dem Abschlussbericht des Arbeitskreises «Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt» sein. Das Hellfeld müsse weiter vergrössert und die Sensibilität und Prävention in Bezug auf LGBTIQ-feindliche Taten erhöht werden. «Jede Tat sollte zur Anzeige gebracht werden», so Lehmann.

Zukünftig wird es in § 46 Strafgesetzbuch Grundsätze zur Strafzumessung heissen: «Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische, geschlechtsspezifische, gegen die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtende».

«Geschlechtsspezifische“ Beweggründe umfassten dabei auch solche Motive, die sich gegen die trans oder inter Identität des Opfers richten. In der aktuellen Version sei Hass gegen Frauen und LGBTIQ nicht explizit erwähnt, sondern falle als Tatmotiv unter die Formulierung der «sonstigen menschenverachtenden» Beweggründe.



2022 sind die registrierten Fälle von Hasskriminalität gegen LGBTIQ weiter gestiegen. So wurden im Unterthemenfeld «sexuelle Orientierung» 1’005 Straftaten (davon 227 Gewaltdelikte) und im Unterthemenfeld «geschlechtliche Diversität» 417 Straftaten (82 Gewaltdelikte) erfasst.

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