Homo-Ikone Dolly Parton als Ersatz für Ku-Klux-Klan-Statuen?
Wie queer ist das denn? Eine Anti-Rassismus-Petition fordert, alle Statuen von «Helden» der konföderierten Armee in Tennessee mit Dolly-Parton-Standbildern zu ersetzen
Ist die Antwort auf Rassismus in den US-Südstaaten und die Verherrlichung von Ku-Klux-Klan-Mitgliedern in Form von Reiterstandbildern und Büsten die, dass man sie mit Dolly-Parton-Statuen ersetzt? Dieser Plan wird gerade in Tennessee diskutiert, angestossen von einem Politiker der Republikanischen Partei Donald Trumps und jetzt unterstützt von einer Unterschriftenkampagne, mit prominenten Förder*innen.
In Tennessee gibt es viele Gedenkstätten für General Nathan Bedford Forrest (1821-1877), der die konföderierte Armee im Bürgerkrieg gegen den Norden anführte. Er war Plantagen- und Sklavenbesitzer, er war am Massaker an 300 Schwarzen in Fort Pillow beteiligt, und er war einer der ersten Anführer des ersten Ku-Klux-Klans.
Über seine rassistische Gesinnung besteht wenig Zweifel, man kann sie auch nachlesen in vielen Schriften, die Forrest veröffentlichte. Umso erstaunlicher ist es, dass im Kapitolgebäude von Tennessee eine Forrest-Büste 1978 aufgestellt wurde. In der dortigen Eingangshalle gibt es acht Nischen mit jeweils einer Statue. Forrest schaut dort in Bronze mit erhabenem Blick auf alle hernieder, die das Kapitol betreten und sich zu den Senatskammern begeben.
Teil der Geschichte? Dass im Zuge der aktuellen Anti-Rassimus-Proteste weltweit und des damit verbundenen Bildersturms auch diese Forrest-Büste ins Visier der Kritik geraten würde, war nur eine Frage der Zeit – nachdem Figuren wie Christoph Kolumbus, Edward Colston und Winston Churchill symbolisch enthauptet, ins Hafenbecken gestossen oder beschmiert wurden. Ungewöhnlich und womöglich wegweisend ist eher der Vorschlag, womit die Forrest-Büste ersetzt werden soll. (MANNSCHAFT berichtete über aktuell zunehmende rassistische Diskriminierung in Deutschland.)
Rassismus: «Der Platz neben mir bleibt bis zuletzt frei»
Der Republikaner Jeremy Faison sagte der Zeitung The Tennessean bereits vor einigen Monaten, dass seit Jahren darüber diskutiert worden sei, die Büste zu entfernen. Ursprünglich habe er, wie die meisten seiner republikanischen Kollegen, darauf bestanden, dass Nathan Bedford Forrest Teil der Geschichte Tennessees sei und deshalb dort belassen werden sollte, wo er stünde.
Vor zwei Jahren fragte Faison der afroamerikanische Rechtsanwalt und Politiker G.A. Hardaway von den Demokraten, ob Faison je einen der ideologischen Texte von Forrest gelesen habe. Als Faison das tat, begann ein «Prozess des Verstehens» für den «Schmerz des Forrest-Erbes», wie es die Zeitung ausdrückte.
Vorwürfe des Whitewashing Seither plädiert Faison dafür – als Vorsitzender der Republikaner im Repräsentantenhaus von Tennessee – die Forrest-Büste ins Museum zu versetzen. «Ich lehne grundsätzlich den Vorwurf ab, dass Leute behaupten, solch ein Schritt wäre ein Akt von Whitewashing der Geschichte», sagte Faison mit Bezug auf Kommentare von verschiedenen Republikanern in Tennessee, u. a. von Gouverneur Bill Lee. «Wenn wir Geschichte bewahren wollen, dann lasst uns das in der richtigen Weise tun!»
Wenn wir Geschichte bewahren wollen, dann lasst uns das in der richtigen Weise tun!
Laut Faison gäbe es viele «wichtige Persönlichkeiten, die nicht alle einen Ehrenplatz verdienen». Er nennt Adolf Hitler als Negativbeispiel. Und fragte daraufhin: «Wie wäre es mit einer Frau da oben [im Kapitol, Anm.]?»
Und wenn eine Frau, warum dann nicht Tennessees berühmtester weiblicher Exportschlager: Gay Icon Dolly Parton?
Die Countrysängerin (mit dem Megahit «I Will Always Love You») wird seit ihrem Debütalbum von 1967 von vielen LGBTIQ geradezu kultisch verehrt. Sie setzte sich früh und öffentlich für die gleichgeschlechtliche Ehe ein und spielte wiederholt Filmrollen, die für mehr Toleranz plädierten und puritanische Doppelmoral anprangerten, etwa in dem Streifen «Das schönste Freudenhaus in Texas» zu Beginn der Aidsepidemie.
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Da sie selbst aus dem konservativen «Bible Belt» der Vereinigten Staaten kommt, hatte sie wegen ihre Aufrufe für Toleranz, Liberalität und ihrer Unterstützung der LGBTIQ-Community immer wieder mit Boykottforderungen und Morddrohungen zu kämpfen, liess sich davon jedoch nie abhalten weiterzumachen. 2006 wurde ihr im Weissen Haus der Kennedy-Preis für ihr Lebenswerk verliehen.
Die Frau, die uns enger zusammenbringt «Meine Tochter ist 16 Jahre alt», sagte Faison in seinem Zeitungsinterview kürzlich. «Ich fände es grossartig, wenn sie das Kapitol betreten könnte und dort oben eine Frau sehen würde.» Ein Frau, statt derzeit acht Männer, sieben davon Weisse.
Nachdem Faison zuerst die Suffragette Anne Dallas Dudley als Alternativstatue vorschlug, sprach er schliesslich die denkwürdigen Worte: «Was wäre eigentlich so schlecht daran, jemanden wie Dolly Parton in die Nische zu stellen?»
Sich an diese Worte erinnernd, griff Alex Parsons jetzt die Idee auf und startete am 11. Juni eine Petition: «Replace All Confederate Statues in Tennessee with Dolly Parton». Sein Ziel: «Lasst uns alle Statuen von Männern ersetzen, die versucht haben, unser Land zu spalten. Und lasst uns diese Statuen ersetzen mit der Frau, die ihr ganzes Leben dafür gearbeitet hat, uns enger zusammenzubringen.»
Lasst uns alle Statuen von Männern ersetzen, die versucht haben, unser Land zu spalten. Und lasst uns diese Statuen ersetzen mit der Frau, die ihr ganzes Leben dafür gearbeitet hat, uns enger zusammenzubringen
Laut Parsons habe die Country-Diva mit ihrer Dollywood-Stiftung Bücher und Stipendien an Millionen von Kindern verteilt, sie habe das Rote Kreuz und andere Covid-19-Forschungszentren mit Millionenspenden unterstützt, «sie hat diesem Land und diesem Staat mehr gegeben als alle Offiziere der konföderierten Armee es zusammen jemals taten».
Innerhalb weniger Tage bekam Parsons mehr als 6.000 Unterschriften für seine an den Gouverneur gerichtete Dolly-Parton-Petition zusammen.
Während Parton sich selbst noch nicht dazu äusserte, trotz inzwischen sehr umfangreicher Medienberichterstattung in den USA, meldete sich eine weitere berühmte Sängerin aus Tennessee: Taylor Swift.
Ein toller Bonus In einem mehrteiligen Twitter-Aufruf schrieb sie: «Statuen zu entfernen wird nicht die strukturelle Unterdrückung, die Gewalt und den Hass umkehren, den Schwarze erdulden mussten, aber es bringt vielleicht alle Menschen aus Tennessee und Besucher dazu, sich sicherer zu fühlen, wenn sie unseren Staat besuchen – nicht nur die Weissen.»
Als jemand aus Tennessee mache es Taylor «krank», dass Statuen von «verabscheuungswürdigen Figuren» wie Nathan Bedford Forrest überhaupt noch öffentlich zu sehen seien. Ob sie nun durch Parton ersetzt würden oder nicht, es sei klar, dass diese Statuen und Büsten heruntergeholt werden müssten.
Sie mit Dolly-Statuen zu ersetzen wäre allerdings «ein wirklich toller Bonus»!
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