LGBTIQ-Filmfest «homochrom» in NRW vor dem Aus
Die finanzielle Unterstützung durch die Städte Köln und Dortmund sowie die Film- und Medienstiftung NRW, die 2018 auf jeweils 10.000 Euro erhöht wurde, reiche nicht aus, um die Qualität des Premieren-Festivals längerfristig zu gewährleisten
Das Filmfest «homochrom» in Köln und Dortmund, nach eigenen Angaben zweitgrösstes queeres Filmfestival Deutschlands, steht vor dem Aus. Und das «trotz des herausragenden Programms mit 18 Deutschland-Premieren und einem Besucherrekord von über 3.000 Filmbesuchen», klagen die Macher. Es fehlt an Geld.
Die finanzielle Unterstützung durch die Städte und die Film- und Medienstiftung NRW, die 2018 auf jeweils 10.000 Euro erhöht wurde, reiche nicht aus, um die Qualität des Premieren-Festivals längerfristig zu gewährleisten, heisst es in einer Mitteilung des Festivals. 2018 hatte das Land NRW unter neuer CDU/FDP-Führung seine Förderung eingestellt und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), verzögere die Förderung der QueerScope-Festivals seit zwei Jahren, so der Vorwurf. Fazit: «Medienstadt, Rainbow-City und vermeintliche Homohauptstadt (West-)Deutschlands Köln ist somit die weltweit erste Stadt, welche zum zweiten Mal ein queeres Filmfestival verliert.»
Das Aus für das homochrom Filmfestival wäre ein großer Verlust
Queere Filmemacher aus Deutschland kritisieren diese Entwicklung: «Queere Filmfestivals sind Begegnungs- und Austauschstätten, die nach innen die Community stärken und nach außen Toleranz und Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen, verbesserungswürdigen Lebensbedingungen für Trans*- und Inter*Menschen und kultureller Vielfalt fördern», teilte uns Rosa von Praunheim auf Anfrage mit. «Im Ringen um gesellschaftliche Anerkennung von LGBTIQs (weltweit) wäre das Aus für das homochrom Filmfestival ein großer Verlust. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich eine Möglichkeit auftut, das Festival zu retten, und damit auch künstlerisches Schaffen für eine aufgeklärte, vielfältige Gesellschaft.»
Ich hoffe, dass Homochrom eine breitere Unterstützung aus der Community erfährt.
Filmemacher Jochen Hick («Mein wunderbares West-Berlin») sagte in einer ersten Reaktion auf MANNSCHAFT-Anfrage: «Ich kenne die Zusammenhänge von Homochrom nicht im Einzelnen, aber dass die politische Reaktion nicht schläft und es ohne breite Unterstützung aus der Community einfach nicht mehr zu stemmen ist, dürfte allen klar sein. Es gibt natürlich auch in Deutschland die Tendenz queere Filme als for granted anzusehen, auf Verleiher-, Festival- und Publikumsseite, weil ja ein paar davon auf arte und 3sat laufen – gepaart mit einer gewissen Geringschätzung für das Genre. Das sieht in den USA und Kanada beispielsweise ganz anders aus. Spätestens wenn die deutschen queeren Filmfestivals verschwunden sind, wird man feststellen, dass TV-Dokus auf arte nicht das gleiche wie queer filmmaking sind. Den Lesbisch-Schwulen Filmtagen in Hamburg gelingt ein guter Mix aus Community und öffentlicher Förderung. Ich hoffe, dass auch Homochrom weiter finanziert wird und eine breitere Unterstützung aus der Community erfährt.»
Die Suche nach eigener Identität kennt keine Grenzen
«Es ist beschämend für ein so reiches Land wie Deutschland, dass für Kultur nur viel Geld ausgegeben wird, wenn sie Prestige verspricht. Dass das Land NRW seine Förderung für homochrom eingestellt hat und Frau Grütters von ihrer Seite noch immer zögert zu fördern und dadurch das zweitgrösste LGBTIQ-Festival Deutschlands und seinen Organisator am langen Arm verhungern lässt, ist ein schwer misszuverstehendes Signal an die Community.»
Im Januar soll die monatliche Filmreihe «homochrom» in sechs NRW-Städten noch den Teddy-Gewinner «Hard Paint», Vorpremieren des deutschen Films Luft» sowie in Köln noch eine letzte Vorpremiere des Dezemberfilms «My big crazy Italian wedding» zeigen und dann nach über 9 Jahren und 210 Filmen zusammen mit dem Filmfest «homochrom» eingestellt werden.
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