«Asexuelle und trans Menschen fühlen sich deutlich einsamer»
Eine Studie untersuchte die (Un)Zufriedenheit während der Pandemie
Ein Schwerpunkt der Studie sind das Einsamkeitsgefühl und die Lebenszufriedenheit von LGBTIQ während der Corona-Krise. Der Fragebogen richtete sich aber alle in Deutschland lebenden Personen.
Zuhause bleiben zu müssen, Freunde und Familie nur noch online sehen zu können und nicht verreisen dürfen – die Corona-Pandemie führt zu starken Einschränkungen des Alltags. Wolfram Herrmann vom Fachbereich Gesundheit der FH Münster hat in Zusammenarbeit mit der Charité Berlin untersucht, welche Menschen besonders gefährdet sind, an Einsamkeit zu leiden.
Ein Schwerpunkt der Studie war die Frage, ob lesbische, schwule, bisexuelle und trans Menschen in der aktuellen Situation besondere Herausforderungen erleben. Der Fragebogen richtete sich jedoch an alle in Deutschland lebenden Menschen.
«Besonders einsam fühlen sich Menschen, die keine*n Partner*in haben und/oder allein wohnen – völlig unabhängig von der sexuellen Orientierung», sagt Herrmann. Besonders verstärkt werde dies durch die Tatsache, dass viele Menschen derzeit im Homeoffice arbeiten. Denn: Nicht ins Büro gehen zu können bedeute auch, weniger persönlichen Kontakt mit anderen Menschen haben zu dürfen. «Wir alle agieren derzeit überwiegend digital, damit kommen die einen besser und die anderen schlechter zurecht.»
Einsamkeit sei ein wichtiger Einflussfaktor auf Depressivität, so der Wissenschaftler. Es sei deshalb ganz wichtig, besonders diejenigen zu erreichen, die allein leben. Hier sei die Gefahr am grössten, ernsthafte psychische Probleme zu bekommen.
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Ein Ergebnis war für die Wissenschaftler aber besonders überraschend: «Wir haben herausgefunden, dass sich asexuelle und trans Menschen deutlich einsamer fühlen als andere.» Während nur ungefähr 15 Prozent der heterosexuellen Teilnehmer*innen angaben, sich einsam zu fühlen, waren es bei den asexuellen und trans menschen circa 50 Prozent. «Dieser Unterschied ist sehr gravierend und für uns völlig überraschend.» Warum das so ist, bleibt unklar.
Zwar gebe es viele Beratungsstellen, gerade auch für asexuelle und trans Personen. Aber wegen dem Coronavirus sind auch diese derzeit geschlossen und das Onlineangebot begrenzt. Das sei aber grundsätzlich auch gar nicht so einfach, weil face-to-face-Kontakt wichtig sei. «Im Prinzip fehlt also derzeit die Möglichkeit, sich persönlich bei Menschen Hilfe zu holen», fasst Herrmann zusammen. Wo du momentan trotzdem Hilfe bekommst, kannst du hier nachlesen.
Lebenszufriedenheit ist abhängig von der Einsamkeit
Ein weiterer Teil der Studie beschäftigt sich mit der Lebenszufriedenheit, die trotz Corona-Krise insgesamt gar nicht so schlecht sei, sagt Herrmann. Aber: «Diejenigen, die sich einsamer fühlen, haben auch eine deutlich geringere Lebenszufriedenheit.» Ob und wie sich das wieder ändere, hänge massgeblich mit dem Verlauf der Corona-Krise zusammen. Um die Lebenszufriedenheit zu steigern, wäre es wichtig, dass Menschen wieder arbeiten gehen dürfen. Weil aber das in nächster Zeit nur beschränkt möglich sei, sei es wichtig, Struktur im Alltag zu schaffen.
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«Das kann vieles sein: ein kleiner Spaziergang jeden Morgen, ein regelmässiges Mittagessen mit Freunden per Skype, ein Online-Workout jeden Nachmittag. Vielen Menschen hilft es, ein bisschen Alltag in die heimischen vier Wände zu holen. Das bedeutet auch, digital an Veranstaltungen teilnehmen und sich online mit Freunden und Familienmitgliedern verabreden.» In der Studie konnten die Wissenschaftler auch zeigen, dass die Kontakte mit Freunden und Arbeitskollegen abnehmen. Gleichzeitig nehmen Kontakte zur Familie zu – vor allem per Telefon und Videotelefonie. «Das passiert aber nicht so stark, wie die persönlichen Gespräche weniger werden». sagt Herrmann.
An der Studie haben insgesamt über 2.600 Menschen teilgenommen. Sie kommen aus allen Bundesländern und sind hinsichtlich ihrer sexuellen Identität bunt gemischt. Durchgeführt und geleitet wurde die Studie von Wolfram Herrmann, FH Münster. Kooperationspartner sind Pichit Buspavanich, Maximilian Berger und Paul Gellert von der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
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