Ehe für alle – «Es ist ein riesiger Meilenstein»

Nach sechseinhalb Jahren stimmte der Nationalrat über die Vorlage ab

Bild: MANNSCHAFT
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Am Donnerstag stimmte der Nationalrat zugunsten einer umfassenden Ehe für alle ab. Damit würden gleichgeschlechtliche Paare den heterosexuellen endlich gleichgestellt werden. Das Komitee «Ehe für alle» ist erleichtert.

Es war eine aufgeregte, aber gut gelaunte Stimmung im kleinen Sitzungszimmer. Mit mehr oder weniger zwei Metern Abstand sassen die Mitglieder des Komitees «Ehe für alle» an den Tischen und verfolgten erwartungsvoll den Livestream. Der Nationalrat stimmte nach sechseinhalb Jahren endlich über den Vorschlag der Eheöffnung ab. Eigentlich hätte die Entscheidung bereits am Mittwoch, 3. Juni gefällt werden sollen. Aus Zeitmangel musste die Abstimmung aber verschoben werden (MANNSCHAFT berichtete)

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Entsprechend angespannt wirkte das Komitee, als die Nationalratspräsidentin Isabelle Moret mehrmals auf den engen Zeitplan hinwies und die Zeit knapp wurde. In letzter Minute stimmte der Nationalrat in drei Schritten über die Ehe für alle ab. Er stimmte dem Minderheitsantrag Flach (benannt nach Initiator Beat Flach von den Grünliberalen) zu, der Frauenpaaren den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin ermöglicht und das Familienrecht inkludiert (MANNSCHAFT berichtete).

Resultat klarer als gedacht Mit 132 zu 53 Stimmen fiel das Resultat eindeutiger aus als gedacht. «Wir waren bereits vorher sehr zuversichtlich, dank den positiven Voten, die wir vermehrt von den verschiedensten Parteien gehört haben», so Maria von Känel vom Komitee «Ehe für alle». Mit dem guten Ergebnis hätten sie eine gute Grundlage, um sich beim Ständerat durchzusetzen.

Im Mai 2020 wurde das Komitee ins Leben gerufen. Ein Ziel ist es, die Ehe für alle mit allen Rechten und Pflichten voranzubringen. Mit der Abstimmung im Nationalrat ist ein erster Schritt getan. «Es sind grosse Emotionen. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Schweiz, dass lesbische, schwule, bisexuelle und trans Personen in Bezug auf die Ehe gleichgestellt sind. Das ist ein riesiger Meilenstein», freut sich von Känel.

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Der Bundesrat und die vorberatende Kommission plädierten für die «Ehe light». Die Samenspende für lesbische Paare sowie das Familienrecht wollte der Bundesrat später etappenweise besprechen. «Der Bundesrat ist in vielen Punkten auf unser Anliegen eingegangen. Sie kennen die Notwendigkeit des Schutzes für die Kinder. In diesem Fall ist es uns gelungen, aufzuzeigen, dass der Handlungsbedarf gross ist», sagt von Känel.

Die parlamentarische Initiative wird in der nächsten Session vom Ständerat besprochen. Dieser ist etwas konservativer zusammengestellt, das Resultat lässt sich nicht vorhersagen. Maria von Känel hat Hoffnung in die CVP. «Wir denken nicht, dass die CVP der Ehe für alle per se abgeneigt sind. Von der Basis erfahren wir grossen Zuspruch und da setzen wir auch an.»

Die Mittepartei sei in diesem Punkt aber gespalten. Das Ziel des Komitees sei, dass sich die Familienpartei für eine bereits bestehende Familienvielfalt ausspricht. Denn die Ziele der CVP und des Komitees seinen dieselben: Schutz von Kindern und Familie.

Auch Salome Zimmermann zeigt sich erleichtert. Sie hat ihre Ehefrau in Deutschland geheiratet und damit ein politisches Statement gesetzt. Bei jedem Grenzübertritt ändert sich ihr Ehestand (MANNSCHAFT berichtete). Damit sei hoffentlich bald Schluss. «Ich bin froh, ist das jetzt durch und der Nationalrat der Vorlage so deutlich zugestimmt hat. Es ist deutlicher, als wir erwartet hatten und das freut uns ganz besonders.»

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In Zukunft soll die eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umgewandelt werden können. «Es gibt ein Anerkennungsverfahren, welches gemäss Gesetzesvorlage ein «einfaches Anerkennungsverfahren» sein sollte. Wir haben in der Vernehmlassung eingegeben, dass wir unter ‹einfach› auch verstehen, dass es kostenlos ist», so Zimmermann.

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