Wie Deutschland ESC-Beitrag für Rotterdam kürte
Beim NDR herrscht höchste Geheimhaltungsstufe, auch wenn alles schon seit Mitte Dezember entschieden ist
Der NDR hat sich beim Eurovision Song Contest 2020 für eine Auswahl des deutschen Beitrags durch Expert*innen entschieden.
Zwei unabhängige Jurys haben ausgewählt, wer für Deutschland beim ESC 2020 auftritt: eine «Eurovisions-Jury» mit 100 Menschen aus ganz Deutschland und eine internationale Expertenjury aus 20 Musikprofis. Diese Musikprofis gehörten alle schon einmal zur nationalen ESC-Jury ihres Heimatlandes, wie auf eurovision.de nachzulesen ist. Wie beim Eurovision Song Contest setzten sich die vergebenen Punkte jeweils zur Hälfte aus der Wahl der Zuschauer*innen und der Wahl der nationalen Jurys zusammen, erklärt der NDR – an diesem Verfahren habe man sich orientiert. Der ESC findet im kommenden Jahr in Rotterdam statt (MANNSCHAFT berichtete).
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An welcher Stelle die Zuschauer*innen beteiligt sind, bleibt allerdings unklar. Denn wer am 16. Mai beim Finale des Eurovision Song Contest für Deutschland antreten soll, bleibt vorerst noch im Dunkeln. Das soll erst am 27. Februar auf dem Sender One verraten werden, wie der NDR am Montag in Hamburg mitteilte. Fest stehen Song und Interpret bereits seit dem 12. Dezember. Das erklärte der ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber gegenüber dem Medien-Portal DWDL.
Die 45-minütige Sendung «Unser Lied für Rotterdam» wird wie gewohnt von Barbara Schöneberger moderiert. In diesem nicht sonderlich geschmackssicheren Video singt Schöneberger, was sich 2020 alles ändert.
ESC-Fans äusserten sich nach der Bekanntgabe eher enttäuscht und hatten sich mehr neue Infos erhofft. Unklar sei zudem, warum ausgerechnet das Kippen der öffentlichen Vorentscheid-Show mehr Erfolg bringen soll. «Interessant wäre dabei vor allem, warum ausgerechnet die Zuschauer als Schwachstelle ausgemacht wurden, obwohl die internationale Fachjury die Sisters im vergangenen Jahr ebenfalls auf Platz 1 gesetzt hat», war im Fan-Forum ESC kompakt zu lesen.
Vor vier Jahren hatte der NDR schon mal Kritik auf sich gezogen, als er – ohne die Zuschauer zu fragen – Xavier Naidoo nominierte, Deutschland beim Eurovision Song Contest in Stockholm vertreten. Die ESC-Fans gingen im Netz auf die Barrikaden. Zwei Tage später zog der NDR seine Nominierung wieder zurück. «Die Wucht der Reaktionen» habe den Sender überrascht. Damals hatten auch 40 Mitarbeiter*innen des NDR einen Brandbrief an die Senderleitung geschrieben.
«Wir festangestellte Redakteure und Redakteurinnen des Bereiches Zeitgeschehen und Kultur und Dokumentationen haben die Entscheidung mit Unverständnis und Fassungslosigkeit aufgenommen», hiess es darin. Die Unterzeichner*innen warfen dem Sender vor, Naidoo trotz antisemitischer und homophober Aussagen nominiert zu haben.
Pleiten-Duo S!ster trennt sich Eins ist klar: Eine Pleite wie letzes Jahr in Israel möchte man nicht nochmal erleben (MANNSCHAFT berichtete). Laura Kästel und Carlotta Truman landeten mit dem Song «Sister» auf dem vorletzten Platz – den hatte die kanadisch-britische Autorin Laurell Barker mit Tom Oehler und Marine Kaltenbacher (beide aus der Schweiz) und dem dänischen Produzenten Thomas Stengaard geschrieben. Nun trennt sich das Duo, wie die Sängerinnen der Bild-Zeitung erzählten. Für die Schweiz dagegen lief es 2019 recht gut: Mit Platz 4 konnte Luca Hänni die beste Platzierung seit Jahren holen.
So will Deutschland ESC erfolgreich bestehen ARD-Koordinator für Unterhaltung Schreiber gibt zu: «Mit der Platzierung in Tel Aviv sind wir selbstverständlich nicht zufrieden. In Rotterdam wollen wir wieder an den Erfolg von 2018 anknüpfen. Unser Act hat die nationalen und internationalen Expertinnen und Experten begeistert und sich in einem tollen Teilnehmerfeld durchgesetzt. Wir sind zuversichtlich, dass die Wahl auch bei den ESC-Fans auf sehr breite Zustimmung und – wie wir hoffen – auf Begeisterung stossen wird.»
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Christian Blenker, ARD-Teamchef für den Eurovision Song Contest, lobt den hohen musikalischen Sachverstand und einen «einmaligen ESC-Instinkt» der beiden Jurys. Mit dem Verfahren habe man auch deutlich mehr Zeit für die Inszenierung gewonnen. Die ersten spannenden Ideen von international erfolgreichen Choreographen und Staging-Profis lägen bereits vor. «Zudem bleiben die mehr als 600 Künstlerinnen und Künstler, die bei der Auswahl dabei waren, geschützt – keiner hat verloren und vielleicht sind einige im kommenden Jahr wieder dabei», so Blenker.
Im vergangenen April wurden rund 2,26 Millionen Menschen in Deutschland über die sozialen Netzwerke eingeladen, Teil der Eurovisions-Jury zu werden. Jede*r konnte teilnehmen.
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