Bundesverfassung als Hauptargument: So kämpft das Ja-Komitee
Das Komitee «Ehe für alle» rechnet mit Fehlinformationen der Gegner*innen
Bekommt die Schweiz die Ehe für alle? Der Abstimmungssonntag vom 26. September wird Klarheit bringen (MANNSCHAFT berichtete). Wir sprachen mit dem Co-Präsidium des Ja-Komitees – Maria von Känel und Daniel Stolz – über Taktik, Gegenargumente und Vorbilder.
Wird der Abstimmungskampf «einfacher» als bei der Erweiterung der Anti-Rassismusstrafnorm, weil es klarer ist und es für die Gegner*innen keine Gelegenheit für Fehlinformationen und Lügen gibt? Daniel Stolz: Grundsätzlich sind alle Abstimmungskämpfe für uns als verletzliche LGBTIQ-Community eine grosse Herausforderung, da sie unsere Grundrechte betreffen. «Einfacher» könnte der Umstand sein, dass es um ein weniger abstraktes Anliegen geht – jede Person kann sich vorstellen, was mit Heirat gemeint ist. Maria von Känel: Gleichzeitig ist das Anliegen auch sehr persönlich und betrifft die Würde des Menschen. Wir müssen leider davon ausgehen, dass im Vorfeld dieser Abstimmung ebenfalls Fehlinformationen und Lügen verbreitet werden, insbesondere in Bezug auf das Wohlergehen der Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aufwachsen. Das Gegenkomitee unterstellt, dass die Kinder leiden und Schaden nehmen könnten, wenn sie in Regenbogenfamilien aufwachsen. Daniel: Immer wieder werden auch zusätzliche Themen als Gegenargumente eingebracht, wie zum Beispiel die Leihmutterschaft, deren Legalisierung einen neuen Volksentscheid brauchen würde und jetzt überhaupt nicht zur Debatte steht.
Auf welche Argumente möchtet ihr setzen? Was ist die Hauptbotschaft beim Abstimmungskampf? Maria: Hauptargument ist das Recht auf Ehe und Familie, welches die Bundesverfassung garantiert und Diskriminierungen verbietet. Auch der Grundsatz der Gleichstellung «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich» dient als starkes Argument. Gleichgeschlechtliche Paare haben – wie heterosexuelle Paare auch – das Bedürfnis, nach einer gleichwertig respektierten und abgesicherten Beziehung. Sie hegen einen Kinderwunsch oder leben bereits mit Kindern in Regenbogenfamilien. Alle diese Beziehungen und Familien verdienen dieselbe Anerkennung und Absicherung. Daniel: Wir LGBTIQ-Menschen in der Schweiz möchten nicht länger als Bürger*innen zweiter Klasse behandelt werden. Wir haben dieselben Pflichten wie heterosexuelle Paare, also ist es nur logisch, dass wir auch dieselben Rechte erhalten. Maria: Mit der Hauptbotschaft «Ja, ich will» nimmt die Kampagne einerseits die Zustimmung bei einer Eheschliessung auf, andererseits verstehen wir dies auch im übertragenen Sinne: Alle Menschen in der Schweiz sollen die gleichen Möglichkeiten erhalten, ihre Beziehungen und Familien anzuerkennen und abzusichern.
Nehmt ihr euch andere Länder oder vergangene Abstimmungskämpfe in der Schweiz als Vorbild? Maria: Ja, diese Erkenntnisse sind sehr wertvoll. Ich stehe einerseits seit langem im Kontakt mit Dr. Gráinne Healy, Co-Direktorin Kampagne der «Yes Equality» in Irland, und Aktivist*innen, die sich in den verschiedenen Staaten der USA und in Australien im Abstimmungskampf eingesetzt haben. Daniel: Andererseits profitieren wir von den Erfahrungen aus den nationalen Abstimmungskämpfen zum Partnerschaftsgesetz 2005 und der Ausweitung der Anti-Rassismusstrafnorm. Ich war schon beim Partnerschaftsgesetz dabei und diese Erfahrungen kommen uns nun zugute. Maria: Eine der Erkenntnisse, die uns besonders beeindruckte, ist die Mehrfachbelastung, der die LGBTIQ-Community während eines Abstimmungskampfes ausgesetzt ist. Es hat sich gezeigt, dass die Hassreden und die Abwertung unserer Partnerschaften und Familien grosse Narben hinterliessen. Das möchten wir im Auge behalten und mit zusätzlichen Angeboten wie Helplines und physischen oder virtuellen Treffen abfangen.
Nun ist der Abstimmungstag bekannt: der 26. September. Daniel: Das ist schon sehr bald. Deshalb startet man am besten jetzt damit, das Umfeld zu mobilisieren und sich in den lokalen Komitees zu engagieren. Wir sind zuversichtlich, dass wir dank dieser Unterstützung mit einem deutlichen «Ja» gewinnen.
Mehr zum Thema in der nächsten Ausgabe der MANNSCHAFT
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