Ungarn: Politisches Nachspiel nach Aus für Hertha-Torwarttrainer

Viktor Orbáns Kanzleramtsminister Gergely Gulyas sprach von einer «Verletzung der Meinungsfreiheit»

Ex-Torwarttrainer Zsolt Petry (Foto: Jan-Philipp Burmann/Hertha BSC via City-Press GmbH/dpa)
Ex-Torwarttrainer Zsolt Petry (Foto: Jan-Philipp Burmann/Hertha BSC via City-Press GmbH/dpa)

Die Freistellung von Hertha-Torwarttrainer Zsolt Petry nach dessen homophoben und migrationsfeindlichen Aussagen hat für ein politisches Nachspiel gesorgt. Wie Ungarns Nachrichtenagentur MTI berichtete, bestellte das Ministerium für Aussenwirtschaft und auswärtige Angelegenheiten den Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Budapest ein.

Es soll in dem Gespräch um die Trennung vom 54 Jahre alten ungarischen Hertha-Torwarttrainer  gegangen sein. Viktor Orbáns Kanzleramtsminister Gergely Gulyas bezeichnete den Rauswurf Petrys beim Fussball-Bundesligisten Hertha BSC am Donnerstag zudem als «empörend» und «Verletzung der Meinungsfreiheit».

Petry hatte sich in einem Interview der regierungsnahen ungarischen Tageszeitung Magyar Nemzet unter anderem zum Thema Zuwanderung geäussert (MANNSCHAFT berichtete). Er hatte auch den Einsatz von Landsmann Peter Gulacsi, Nationalkeeper und Torwart von Bundesligist RB Leipzig, für einen Verein kritisiert, der unter anderem die Eheöffnung unterstützt (MANNSCHAFT berichtete).

«Langsam stürzt die grosse Heuchelei in Sachen Presse- und Meinungsfreiheit zusammen: Ein Fussballer darf ruhig sagen, dass die Familie eine Familie ist, aber er wird hinausgeworfen, wenn er gegen den liberalen Mainstream zu Familie und Migration Stellung nimmt», sagte Aussenminister Peter Szijartó am Donnerstag.

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In einem Statement des Aussenministeriums hiess es zudem, dass Deutschland wie auch Ungarn «direkte historische Erfahrungen mit dem grösstmöglichen Meinungsterror» hätten, «weswegen die Überwachung des Grundrechts der Redefreiheit unsere gemeinsame moralische Pflicht ist. Unabhängig von der weltanschaulichen Basis ist die Beschränkung der Meinungsäusserung für die Ungarn inakzeptabel, weil sie ein System heraufbeschwört, wogegen Tausende unserer Landsleute ihr Leben geopfert haben.»

Petry hatte in der Mitteilung der Hertha erklärt: «Ich möchte betonen, dass ich weder homophob noch fremdenfeindlich bin. Meine Aussage zur Einwanderungspolitik bedaure ich sehr und möchte all die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen und die ich damit beleidigt habe, um Entschuldigung bitten.»

Hertha BSC sucht für die verbleibenden sieben Saisonspiele eine Nachfolgelösung für den  freigestellten Petry. Dabei soll einem Medienbericht zufolge auch der langjährige Schlussmann Gabor Kiraly im Gespräch sein. «Unser Sportdirektor Arne Friedrich arbeitet daran, möglichst zeitnah einen Nachfolger zu finden», hiess es bei Hertha am Mittwoch auf Anfrage. Bild hatte zuvor berichtet, dass Kiraly einer der Kandidaten sein könnte. Später berichtete die Zeitung dann, dass der Ungar abgesagt haben soll. Hertha machte zu diesem Aspekt keine Aussagen.

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