SP queer: «Wir wissen, dass der Kampf noch nicht vorbei ist»
Die neue Untergruppe will sich den queerfeministischen und intersektionalen Kämpfen der Community widmen
Am 10. September gründeten rund 80 Mitglieder in Bern die SP queer. Das Ziel der neuen Untergruppe ist es, sich für intersektionale Anliegen der LGBTIQ-Community einzusetzen.
Am vergangenen Samstag wurde an einer Versammlung von rund 80 SP-Mitgliedern das jüngste Organ der SP Schweiz gegründet: Die SP queer. Damit haben neben der FDP, den Grünen, der SVP und der GLP nun auch die Sozialdemokrat*innen eine LGBTIQ-Interessenvertretung innerhalb der Partei. Ende August wurde auf kantonaler Ebene die SP queer Luzern gegründet (MANNSCHAFT berichtete).
Dass die Linken erst jetzt ein queeres Organ gründen, möge «absurd scheinen für eine Partei, die schon viel früher als alle anderen Parteien in unserem Land begonnen hat, für unsere Rechte und für die Rechte von queeren Menschen zu kämpfen», sagte Co-Präsidentin Muriel Waeger in ihrer Eröffnungsrede. «Im Gegensatz zu den anderen Parteien wissen wir, dass der Kampf noch nicht vorbei ist.»
«Wir leben in einer Welt, die doppelt ungerecht und ungleich ist», fuhr Waeger fort. «Eine Welt, die uns manchmal cis-heterosexuelle Normen und ein kapitalistisches System aufdrückt. Unsere Partei hat verstanden, dass die Anliegen, für die wir kämpfen, intersektional sind.»
Die Co-Präsidentin führte mehrere Beispiele auf, darunter etwa die Einführung der Ehe für alle ohne die rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Eltern bei der Geburt eines Kindes. Ein weiteres Beispiel eines intersektionalen Anliegens sei, dass lesbische Ehefrauen zwar Zugang zur Fortpflanzungsmedizin hätten, im Gegensatz zu heterosexuellen Ehepaaren jedoch keine Kostenübernahme durch die Krankenkasse erhalten (MANNSCHAFT berichtete). «Wir tolerieren keine vereinfachte Änderung des Geschlechtseintrags für trans Menschen, die nicht auch für trans Menschen unter 16 Jahren ist», sagte Waeger. «Wir tolerieren nicht, dass nicht umgehend eine Impfung gegen Affenpocken beschafft wurde, gegen Covid-19 jedoch schon.»
«Die Ehe für alle war erst der Anfang.»
An der Gründungsveranstaltung verabschiedeten die Mitglieder neben ihrem Reglement auch ein Gründungsmanifest. Darin hielten sie Grundsätze der queerfeministischen und intersektionalen Ausrichtung der SP queer fest. Insesondere Fragen der sozialen Sicherheit und der Gesundheit aller queeren Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Klasse, ihrer sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder Variation werden im Manifest thematisiert. Das politische Engagement der Mitglieder der SP queer soll sich in den nächsten Jahren unter anderem diesen Themenbereichen widmen und die Repräsentation der vielfältigen Gesellschaft in der Schweizer Politik vorantreiben.
Das bisherige Co-Präsidium der SP queer vor der Gründung – neben Waeger ist auch der Zürcher Nationalrat Angelo Barrile dabei – freut sich: «Der heutige Tag ist das Resultat jahrelanger Arbeit und des Engagements von Genoss*innen für Anliegen der queeren Community. Die heutige Gründung bedeutet einen weiteren Schritt in Richtung Anerkennung der queeren Community in der Schweizer Politik», betont Angelo Barrile in einer Medienmitteilung. Muriel Waeger ergänzt: «Mit der Gründung der SP queer vernetzen sich die zahlreichen Mitglieder der LGBTIQ-Community innerhalb der SP Schweiz. Durch die Gemeinsamkeit gestärkt werden wir für unsere Rechte kämpfen, denn die Ehe für alle war erst der Anfang.»
Neu ins Co-Präsidium der SP queer Schweiz gewählt wurden der Zürcher Max Kranich und der Genfer Lucien Schwed. «Es ist wichtig, dass wir zusammenstehen und für unsere Grund- und Menschenrechte kämpfen, damit die Schweiz im europaweiten Ranking in Sachen Queerfreundlichkeit nicht mehr auf Platz 19 rumdümpelt», sagt der frisch gewählte Co-Präsident Lucien Schwed. Sein Co-Präsident Max Kranich ergänzt: «Wir wollen eine Welt, in der jeder Mensch nach ihren*seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten leben kann.» Das neue Co-Präsidium wird durch eine fünfköpfige Geschäftsleitung bestehend aus Luca Dahinden, Mélanie Rufi, Ray Djuric, Jonas Keller und Jan Müller ergänzt.
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