«Polar Park – Eiskalte Morde» mit schwulem Polizeiermittler

Guillaume Gouix spielt Major Louvetot an der Seite von Jean-Paul Rouve als Krimi-Autor David Rousseau

Jean-Paul Rouve (l.) und Guillaume Gouix in «Polar Park – Eiskalte Morde» (Foto: Arte / Pascal Chantier)
Jean-Paul Rouve (l.) und Guillaume Gouix in «Polar Park – Eiskalte Morde» (Foto: Arte / Pascal Chantier)

Diese Woche strahlt Arte (ab 2. November, 20.15 Uhr) die Krimi-Serie «Polar Park – Eiskalte Morde» aus, in der der fiktive Krimi-Bestsellerautor David Rousseau abermals nach Mouthe zurückkehrt – ins kälteste Dorf Frankreichs. Dort fängt er an, eine Mordserie aufzuklären. An seiner Seite: der schwule Dorfpolizist Louvetot.

In «Polar Park» lässt Drehbuchautor und Regisseur Gérald Hustache-Mathieu die Figur des Schriftstellers David Rousseau neu auferstehen. Der stand schon 2011 im Zentrum des skurrilen Kinofilms «Who Killed Marilyn?». Nun verschlägt es Rousseau, erneut verkörpert von Jean-Paul Rouve, einmal mehr nach Mouthe, nahe der Schweizer Grenze und dicht an den Alpen.

Polar Park
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David Rousseau wurde ins dortige Kloster gerufen von einem alten Bekannten seiner Mutter. Doch als er zu Beginn der Serie im Kloster ankommt, kann er nur noch der Beerdigung von Bruder Giacomo beiwohnen. Einen Tipp, weshalb Giacomo ihn unbedingt wiedersehen wollte, erhält der Autor von Klosterbruder Auguste (Olivier Rabourdin): Womöglich hatte Rousseaus Mutter bei ihrer klösterlichen Einkehr einst eine Affäre, möglicherweise mit Giacomo. Wäre der dann eventuell Rousseaus leiblicher Vater?

Rousseau beschliesst, vor Ort in einem eingeschneiten Hotel zu bleiben und der Sache nachzugehen. Gleichzeitig erfährt er von seiner Verlegerin, dass sie das Manuskript zu seinem neuesten Krimi ablehnt, weil dieser in den USA rund um den Ku-Klux-Klan spielt und das angeblich nicht zu ihm passe – als «französischer» Autor, der auf «französische» Themen spezialisiert sei.

Reflektionen auf Meta-Ebene Rousseau fällt in eine Krise und überlegt, statt der KKK-Geschichte etwas Neues zu verfassen – und da sind die plötzlichen seltsamen Morde mit stark «inszenierten» Toten in Mouthe (im Stil von Kunstwerken von van Gogh oder Warhol) möglicherweise eine perfekte Inspiration. Dadurch rutsch die Serie früh auf eine Meta-Ebene, in der die Stimme von Rousseau immer wieder reflektiert, was ein*e mögliche Serienkiller*in in einem seiner Bücher als nächstes tun würde.



Davon ausgehend beginnt er, sich in die Ermittlungen der lokalen Polizei einzumischen. Diese werden geführt von dem anfangs reichlich provinziell wirkenden Major Louvetot (Guillaume Gouix), der Rousseau so schnell wie möglich wieder loswerden will, damit sein Leben ruhig weitergehen kann.

Dass Louvetot schwul ist, ist für niemanden in seinem Umfeld ein Problem – nur für ihn selbst. Er traut sich nicht, seine Beziehung zum Gerichtsmediziner Lyes (gespielt von Adel Djemai) öffentlich auszuleben oder diesen mitzunehmen zu seinen Eltern. Was zu ständigen Reibereien zwischen beiden führt, weil Lyes solche Verklemmtheit unzeitgemäss und lächerlich findet sowie eine Beleidigung für ihn (MANNSCHAFT berichtete über Coming-outs bei der Polizei).

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Wie die Geschichte von Louvetot und Lyes hier über sechs je 48-minütige Folgen als roter Faden durch die Handlung läuft, die sich ja eigentlich mit etwas anderem beschäftigt und zentral um Rousseau dreht, ist für LGBTIQ-Zuschauende eine Freude, für den Autor dieser Zeilen war es jedenfalls so. Das ist sehr anders als die schwule Nebenhandlung in der neuen Netflix-Serie «Bodies», wo man irgendwann meint verzweifeln zu müssen, weil der queere Subplot ertrinkt in tausend anderen Dingen, die man aussitzen muss, um wieder zu dem zu kommen, was man interessant findet. Bei «Polar Park» ist das anders.

Nervenkitzel Was auch anders ist, etwa im Vergleich zu den meisten «Tatort»-Folgen, ist dass nicht erst am Schluss klar wird, wer der*die gesuchte Mörder*in ist, sondern das man dies schon weit vorher weiss, dass durch dieses Wissen aber der eigentliche Nervenkitzel erst richtig los geht – während zuvor der Krimi eher entspannt-humoristisch abspult.

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Durch die Meta-Ebene und das ständige Reflektieren der Geschichte aus Sicht des schreibblockierten Krimiautors rückt der Fokus weg von den teils brutalen Morden und hin zur Frage, wie wir als Zuschauende damit umgehen. Damit umgehen wollen, wenn wir vorm Fernseher sitzen und das Grauen da draussen in der Welt sehen, während wir uns wohlig eingewickelt auf dem Sofa befinden.

Dass dabei Major Louvetot eine so grundsympathische Identifikationsfigur ist und man bei ihm ganz «normalen» Beziehungsalltag zwischen Berufsleben und Privatsphäre sieht (inklusive Sex mit Lyes), ist ein echtes Plus. Guillaume Gouix spielt diesen Polizisten so liebenswert, dass man aus seiner Geschichte mit Lyes eine wunderbare Fortsetzung bzw. eigene Story machen könnte. Gouix war übrigens bei «Who Killed Marilyn?» auch schon als Polizist dabei, spielte damals aber einen anderen namens Bruno Leloup.

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Was sagen die Klosterbrüder zu einer schwulen Partnerschaft? Auf der Meta-Ebene werden auch andere Themen angesprochen. Zum Beispiel diese: Gibt es in Frankreich «Indigene» und «darf» sich ein Einsiedler im Polar-Park-Gebiet so nennen? Wieso ist Louvetots Vorgesetzte eine schwarze Frau? Firmine Richard als Kommandantin Bellerose sagt, viele würden sie für unfähig halten und meinen, sie habe den Job in Mouthe nur wegen Quotenregelungen bekommen. Sie solidarisiert sich mit ihrem schwulen Kollegen, als droht, dass der gesamte Fall ihm von einer übergeordneten Stelle entrissen werden könnte. Und was ist mit dem Kloster und den Klosterbrüdern, in Bezug auf Sex und eine schwule Partnerschaft?

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Drehbuchautor und Regisseur Gérald Hustache-Mathieu spielt virtuos mit all diesen Einzelelementen. Und er schafft das seltsame Kunststück, einen Feel-Good-Krimi mit vielen Kunstbezügen und noch mehr klassischer Musik zu kreieren, bei dem man schliesslich sogar Sympathie für den*die Möder*in entwickelt. Was eine wunderbar verdrehte Welt ist …

Die sechs Folgen sind bereits seit letzter Woche in der Arte-Mediathek abrufbar.

In Cannes gewann dieses Jahr der queere Krimi «Anatomy of a Fall» der Französin Justine Triet den Hauptpreis der Filmfestspiele (MANNSCHAFT berichtete).

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