Pionierin im Olympischen Skispringen: Daniela Iraschko-Stolz
Ihr Coming-out liegt zehn Jahre zurück
Österreichs Skispringerin Daniela Iraschko-Stolz musste ihre Saison vorzeitig beenden. Grund dafür: anhaltende Knieschmerzen. Nun hofft die lesbische Pionierin auf den nächsten Winter.
«Aktuell starte ich die gefühlte zehnte Reha, aber es geht voran. Auch wenn es stets recht mühsam ist sich zurück zu kämpfen nach meinen schweren Verletzungen», sagt Daniela Iraschko-Stolz hoffnungsvoll, bald wieder schmerzfrei und fit zu sein. Für sie ist die Wintersaison 2022 vorbei, aber Sara, ihre Teamkollegin und gute Freundin hat schliesslich den zweiten Platz im Gesamtweltcup gewonnen und damit ein gutes Saisonfinale für ihr Team erzielt. Darüber freut sich die 38-jährige Iraschko-Stolz, obwohl sie verletzungsbedingt wegen ihrem linken Knie ihre diesjährige Saison sowie ihre Teilnahme bei den Olympischen Winterspielen 2022 in China früher als geplant beenden musste.
«Aber via Fernseher und Telefon habe ich stets die sportlichen Wettkämpfe mitverfolgt und mitgefiebert», sagt sie. Abgesehen von einigen Pechsträhnen, wie die Covid-Erkrankung im gesamten Team, ihrer Knieverletzung und die unnötigen Disqualifizierungen bei den Olympischen Spielen in China, wegen angeblich schlechtem Material ihrer Skiausrüstung, sei aber die gesamte Saison für ihr Team dennoch erfolgreich gewesen.
Die 38-jährige Leistungssportlerin Daniela Iraschko-Stolz hat bereits 51 Wettbewerbe beim Skisprung-Continental-Cup gewonnen, der bis zur Einführung des Damen-Weltcups im Jahr 2011 die höchste Wettkampfklasse war. Drei Jahre später hat sie auch die Gesamtwertung gewonnen. «Die Teamweltmeisterschaft in Oberstdorf sowie bei der Heim-WM drei Medaillen zu gewinnen sind einfach unglaublich schön», sagt Iraschko-Stolz. Natürlich strebt sie ihr neues Ziel an, den Sprung zu schaffen, um als konkurrenzfähige Skispringerin wieder in der nächsten Wintersaison dabei zu sein.
«Besonders spannend ist es beim Mixed-Teambewerb teilzunehmen, weil dort noch mehr verschiedene Nationen um den Sieg mitspringen. Denn diese Mixed-Teams, die jeweils zwei starke MitbewerberInnen bei den Männern wie bei den Frauen bestehen, haben dadurch grössere Chancen auf den Medaillengewinn, wie es zum Beispiel bei Japan möglich ist», so die olympische Skispringerin.
Bei den Olympischen Winterspielen 2022 in China hat Iraschko-Stolz auch bei einem Mixed-Teambewerb teilgenommen. Sie wurde jedoch von der Leitung des Olympischen Komitees disqualifiziert. Laut österreichischer Tageszeitung Kurier wurden bei vier Topnationen die Ski-Sprünge der Teilnehmer*nnen nach Kontrolle des Materials nicht gewertet, weil es keine regelkonformen Ski-Anzüge gewesen seien. Iraschko-Stolz bedaure, dass ein um einpaar Zentimeter zu grosses Stück Stoff dafür entscheidend sein sollte, obwohl ihr Ski-Anzug eigentlich regelkonform gemacht sei. Daher sei es unverständlich, dass die stärksten Nationen beim Bewerb wegen angeblich falschem Skianzugsmaterial disqualifiziert und nicht gewertet wurden. Für die Zukunft wünsche sie sich dafür korrekte Regeln im Vorfeld zu erfahren, um solche sogenannte schwarze Tage im Skisport nicht mehr zu wiederholen, sagt Iraschko-Stolz.
Die österreichische Skispringerin ist am 21. November des Jahres 1983 in der Steiermark geboren. Ihre sportliche Karriere hat sie mit zehn Jahren als Fussballspielerin und Torfrau beim FC Wacker Innsbruck gestartet, wo sie auch stets pinke Haare trug, ähnlich wie die US-Fussballspielerin Megan Rapinoe. Deshalb wurde sie früher in ihrem Umfeld des Fussballteams oft «Pinkie» genannt. Aber seit rund zehn Jahren spielt sie nicht mehr aktiv Fussball mangels Zeit. Jedoch passiv schaue sie weiterhin die Fussballspiele mit grossem Interesse an, während sie ihre sportliche Karriere zur Gänze dem Skispringen gewidmet habe. Zu Beginn ihrer Karriere als Skispringerin gab es noch nicht so viele Wettkämpfe für Damen im Skispringen, jedoch es sei ihr Traum gewesen. Sie sei daher auch mitverantwortlich Skispringen für Damen als olympische Disziplin aufgebaut zu haben, sagt sie. «Skispringen ist meine grosse Leidenschaft. Die wenigen richtig guten Sprünge sind soweit faszinierend, um sie zu kompensieren und sich dabei schwerelos leicht zu fühlen. Es ist wie eine Sucht nach dieser Schwerelosigkeit.»
Für das österreichische Olympia-Cup-Team mit Daniela Iraschko-Stolz, Stefan Kraft, Lisa Eder und Manuel Fettner folgte der Rang fünf bei der Normalschanze. Noch sieht Iraschko-Stolz kein Ende ihrer aktiven Karriere beim Skispringen, sondern kämpfe infolge mit Vollgas bei ihrer Rehabilitation, um rasch fit zu werden und bei der nächsten Wintersaison 2022 / 2023 wieder aktiv zu sein. «Erst wenn es absolut nicht mehr geht, werde ich als Skispring-Trainerin weitermachen», sagt sie. Ihre Ausbildung zur Trainerin, mit dem Fokus den Nachwuchs beim Skispringen zu unterrichten, werde sie noch dieses Jahr 2022 abschliessen.
Im Februar des Jahres 2012 hatte Iraschko-Stolz in der Presse ihr erstes Coming-out, ging mit ihrer Partnerin Isabel Stolz am 31. August 2013 in Innsbruck eine Eingetragene Partnerschaft ein, was sie auch als gesellschaftspolitisches Statement verstand wissen wollte. Ihre Partnerin ist beruflich als Anästhesieärztin tätig. Abgesehen von den unterschiedlichen Berufen, seien sie beide bei ihrer gemeinsamen Urlaubsplanung oft konträr zueinander: So zum Beispiel forciere sie mehr einen Aktivurlaub, während ihre Partnerin mehr Urlaubszeit zur Entspannung bevorzuge, sagt die olympische Skispringerin, darum einigen sie sich oft, ihren gemeinsamen Urlaub zuhause zu verbringen. Jedoch vage planen sie eine gemeinsame Tour mit einem Campingbus, sofern berufliche Arbeitseinsätze, das intensive Training oder der Aufenthalt in der Reha es zu ermöglichen.
LGBTIQ- und Frauenfeindlichkeit im Sport seien unterschiedlich je nach Sportart, aber auch abhängig wie lange diese Sportart bereits existiere, sagt Iraschko-Stolz, jedoch: Es müsse weiter gekämpft werden, wie zum Beispiel, um das Preisgeld in allen Sportarten gleich hoch anzusetzen. Das eigentliche Problem für die noch immer existierende LGBTIQ- und Frauenfeindlichkeit im Sport liege an den vorliegenden Strukturen. Persönlich habe sie jedoch keine negative Erfahrungen gemacht, was sie ihrem grossen familiären Rückhalt verdanke. Ihre grössten Kämpfe seien vor allem mit den Funktionären gewesen, etwa als es darum ging, dass das Skispringen auch für Frauen olympisch wird. Dennoch haben die männlichen Skispringer immer noch ungleich viel mehr Sponsoren, ihnen wird mehr Übertragungszeit im Fernsehen gewidmet. «Das wichtigste ist daher, jede Sportart wird olympisch, um als Sportlerin davon leben zu können», sagt Iraschko-Stolz.
Zu Beginn ihrer sportlichen Karrierelaufbahn hat sie sich zusätzlich zur Vermögensberaterin ausbilden lassen, um sich ihre sportliche Leidenschaft leisten zu können. Denn damals hatte sie beim Kontinentalcup etwa 70 Mal gewonnen, aber dennoch dafür nur 700 Euro Preisgeld erhalten. Ab dem Zeitpunkt, als das Skispringen für Damen olympisch wurde, wurde es leichter, damit Geld zu verdienen, weil überall in Mitteleuropa die gleiche Struktur existiere. Um sich finanziell abzusichern, begann sie 2011 eine Ausbildung bei der Bundespolizei.
Von jüngeren Kolleginnen «Team-Omi» liebevoll genannt Danach habe sie den Weg zur Spitzensportlerin mit 30 Jahren erfolgreich gestartet. Ihr Zugang zum Skispringen wird für sie aber immer etwas Besonderes sein, weil sie es mit aufgebaut habe, sagt Iraschko-Stolz. Aber wenn sie nicht mehr aktiv Skispringen könne, dann werde sie es als Trainerin dem sportlichen Nachwuchs beibringen. Schliesslich werde sie von ihren jüngeren Kolleginnen oft auch «Team-Omi» liebevoll genannt, weil sie als Älteste im Team auch stets ein offenes Ohr für die jüngeren Skispringerinnen habe, sagt die 38-jährige Team-Omi lachend. Aber noch sei sie mit Vollgas in der Reha, um wieder fit zu werden und zu probieren noch einpaar weitere Jahre die Gelegenheit zu nutzen als Skispringerin zu arbeiten.
«Leistungssport und Sport sind immer zwei Paar Schuhe», sagt Iraschko-Stolz, so sei ihr verletztes linkes Knie für allgemeine Sportaktivitäten noch fit genug, aber ob es für den Leistungssport durchhält, sei fraglich. Schliesslich sei Leistungssport auf Dauer nicht wirklich gesund, aber kein Sport zu machen – das sei noch ungesünder. Sportliche Aktivitäten helfen über schwierige Zeiten hinweg, sei es in Zeiten des Krieges oder auch bei Niederlagen in sportlichen Wettbewerben, so sei stets wichtig gegenüber den Mitstreiterinnen respektvoll zu bleiben. In diesem Sinne kämpft die österreichische Pionierin des olympischen Skispringens für Frauen mit Vollgas, um wieder fit und konkurrenzfähig in die nächste Wintersaison zu starten.
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