«Mit dem Alter werde ich besser» – Glenn Close wird 75
Unermüdlich spielt sie weiter, auch nach acht Oscar-Pleiten
Ihr Rache-Auftritt in dem Psychothriller «Eine verhängnisvolle Affäre» ist unvergessen. Ebenso ihre Intrigen als Marquise in «Gefährliche Liebschaften». Nach acht Oscar-Schlappen spielt Glenn Close mit 75 Jahren unermüdlich weiter.
Von Barbara Munker, dpa
Glenn Close ist eine gute Verliererin. Auch mit ihrer achten Oscar-Nominierung war die Schauspielerin bei der Trophäen-Gala im vorigen April leer ausgegangen – aber für viele war sie trotzdem der Star des Abends. Furore machte Close mit einer besonderen Tanzeinlage.
Während der Show sprang die damals 74-Jährige von ihrem Platz auf und liess ihre Hüften zum Song «Da Butt» aus dem 80er-Jahre-Film «School Daze» kreisen. Im Netz sorgte sie für grosse Begeisterung. Am morgigen Samstag nun wird Close 75 Jahre alt – und ist vor und jenseits der Kamera nicht zu bremsen.
Die vielen Oscar-Schlappen können sie offenbar nicht entmutigen. Seit ihrer ersten Nominierung für «Garp und wie er die Welt sah» 1983 ist sie acht Mal leer ausgegangen. Damit ist sie Hollywoods Schauspielerin mit der grössten Pechsträhne, gefolgt von Deborah Kerr, Thelma Ritter und Amy Adams mit je sechs Oscar-Pleiten.
Bei den 93. Academy Awards im vorigen Jahr war Close mit einer völlig unglamourösen Nebenrolle im Rennen: In dem Familiendrama «Hillbilly Elegy» ist sie als die strenge Grossmutter Mamaw mit grauer Perücke, fleckiger Haut und schlampigen Pullovern kaum zu erkennen. Der Oscar ging am Ende an die Südkoreanerin Yuh-Jung Youn für «Minari – Wo wir Wurzeln schlagen».
Dafür bekam sie für ihre Rolle in dem NBC-Film «Serving in Silence: The Grethe Cammermeyer Story» von 1995 den Emmy. Damals spielte Glenn Close einen weiblichen Oberst der Nationalgarde des Staates Washington: Sie wurde entlassen, nachdem sie bei einer Routineuntersuchung enthüllt hatte, dass sie lesbisch ist.
Nominiert für einen Emmy war Close auch 2002 für ihre Gast-Rolle in «Will & Grace».
Auch mit ergrauten Haaren steht die Schauspielerin heute noch pausenlos vor der Kamera, zuletzt in dem Zukunftsdrama «Schwanengesang» an der Seite von Oscar-Preisträger Mahershala Ali. Darin verkörperte Close eine ambitionierte Ärztin, die in einem abgelegenen Labor Menschen klont.
Über Rollenmangel klagt sie nicht. «Mit dem Alter werde ich besser», sagte sie 2017 der Deutschen Presse-Agentur beim Toronto International Film Festival vor der Weltpremiere ihres Filmes «Die Frau des Nobelpreisträgers». In dem Drama von Regisseur Björn Runge brillierte sie als zusehends gefrustete Ehefrau an der Seite eines selbstgefälligen Schriftstellers, der mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wird. Kleine Nuancen im Gesicht von Close zeigen, dass es hinter der ruhigen, fast stoischen Fassade zu brodeln beginnt – eine weitere oscarreife Leistung.
Close kennt sich vor der Kamera mit grossen Beziehungsdramen aus. In «Eine verhängnisvolle Affäre» (1987) war sie die kaltblütige Alex Forrest, die sich als abgewiesene Geliebte eines Familienvaters (Michael Douglas) mit Telefonterror und Selbstmorddrohungen rächt. Ein Jahr später war sie die intrigante Marquise in Stephen Frears‘ Barockdrama «Gefährliche Liebschaften». 1990 verkörperte sie eine komatöse Aristokratin in «Die Affäre der Sunny von B.». Ob Komödienrollen, als Pelzliebhaberin Cruella De Vil in «101 Dalmatiner», oder als taffe Kommandantin Nova Prime in dem Superhelden-Spektakel «Guardians of the Galaxy» – Close lässt kein Genre aus.
«Albert Nobbs» (2011) war für Close mehr als nur eine Rolle. Die Schauspielerin lieferte auch das Drehbuch und produzierte das Drama um eine Frau in Irland Ende des 19. Jahrhunderts, die als Mann verkleidet ihren Lebensunterhalt bestreitet.
Nach ihren Leinwanderfolgen in den 1980er Jahren kam für Close eine neue Rolle dazu. Mit 41 Jahren brachte sie 1988 ihr einziges Kind zur Welt. Tochter Annie Maude stammt aus der Beziehung mit ihrem damaligen Freund, dem Filmproduzenten John Starke. Die heute 33-Jährige spielte mehrere Male an der Seite ihrer Mutter mit. Von ihrem dritten Ehemann, dem Biotech-Unternehmer David Shaw, hatte sich Close 2015 scheiden lassen.
Sie wuchs im US-Staat Connecticut in einer streng puritanischen Arztfamilie auf. Als sie noch klein war, schloss sich die Familie der Bewegung Moral Re-Armament (MRA, Deutsch etwa: Moralische Wiederbewaffnung) an. Als Teenager machte sie in der MRA-Gesangsgruppe Up with People mit, die weltweit auf Tour ging.
Die Sekte habe eine starke Kontrolle ausgeübt, sagte Close 2021 in der Fortsetzung der Doku-Serie «The Me You Can’t See: A Path Forward» von US-Moderatorin Oprah Winfrey und Prinz Harry. Erst mit 22 Jahren habe sie den Ausstieg geschafft. Close machte ihre Kindheitserfahrungen auch für ihre drei Scheidungen verantwortlich. «Ich war nicht erfolgreich in meinen Beziehungen und dabei, einen ständigen Partner zu finden, und es tut mir leid.»
Seit über zehn Jahren setzt sich Close für Menschen mit psychischen Problemen ein. Ihre Schwester leidet unter bipolaren Depressionen, ihr Neffe an schizoaffektiven Störungen, heisst es auf der Webseite ihrer gemeinsamen Stiftung Bring Change 2 Mind (BC2M). Auf Instagram verweist Close auf die Arbeit der Organisation und die Hilfe für psychisch Kranke. Doch noch häufiger postet sie Fotos und Geschichten von ihrem kleinen Hund. «Stolz darauf, Pips wichtigster Mensch zu sein», schreibt die Schauspielerin in ihrem Profil.
Am 27. März werden die Oscars verliehen. Blickt man auf die Nominierungen, lässt sich bereits jetzt sagen: Die 94. Verleihung der Academy Awards wird erfreulich queer werden (MANSCHAFT berichtete).
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