Lettland: 29-Jähriger stirbt nach homophober Brand-Attacke
Sein Mitbewohner kritisiert die lasche Polizeiarbeit
Ein schwuler Mann war in der lettischen Stadt Tukums Opfer einer Brand-Attacke geworden. Der 29-Jährige erlag schliesslich seinen schweren Verbrennungen. Sein Mitbewohner erhebt nun drastische Vorwürfe.
In der Kleinstadt Tukums, etwa 70 Kilometer westlich der lettischen Hauptstadt Riga, kam es Ende April zu einer schrecklichen Attacke. Doch es war eine Gewalttat mit Ankündigung. Normunds Kindzulis meldete nämlich die homophoben Beleidigungen und Drohungen seines Nachbarn dessen Arbeitsgeber und der Polizei. «Aber es gab keine Reaktion», erzählt Normunds Mitbewohner Artis den Tukums Independent News. «Wir mussten warten, bis jemand verstümmelt oder getötet wurde.»
Kunstwerk aus homophobem Hass finanziert LGBTIQ-Gruppen
Mit Benzin übergossen Morgens um vier schreckte Artis aus dem Schlaf hoch. Normunds Kindzulis schrie von draussen um Hilfe. Als Artis die Tür öffnete, stand Normunds bereits in Flammen. Beim Versuch, das Feuer zu bekämpfen, zog sich auch Artis Verbrennungen zu. Er habe ihn zum Löschen ins Bad getragen. Doch die Verbrennungen seien bereits zu heftig gewesen, sagte Artis der litauischen Website Delfi.
Gemäss der lokalen Berichterstattung gab es einen Streit mit dem homophoben Nachbarn. Dieser soll Normunds Kindzulis mit einer brennbaren Flüssigkeit – laut AFP Benzin – übergossen und ihn dann angezündet haben. Er kam in ein Krankenhaus nach Riga, in eine Abteilung für Brandverletzungen.
Dennoch konnten die Spezialist*innen sein Leben nicht retten. EuroPride meldete am 28. April, dass er an den Verletzungen erlegen sei.
Vorwürfe an Polizei Sein Mitbewohner klagt, dass die mediale Berichterstattung und das Krankenhaus die Verletzungen zunächst verharmlost hätten. Vor allem aber erhebt er Vorwürfe gegen die Polizei, die alle Drohungen gegen Normunds, der bereits mehrfach von homophoben Tätern attackiert wurde, ignorierte. Nach dessen Tod deutete ein Polizeibeamter an, der 29-Jährige hätte sich womöglich selbst angezündet und Suizid begangen. Jemanden in den Suizid zu treiben, sei auch ein Verbrechen, sagte der Polizist zu den anwesenden Reportern.
Die lettische LGBTIQ-Organisation Mozaika fordert eine «gründliche Untersuchung». Die derzeitigen homophoben Attacken seien das Resultat hassbasierter Politik. Auch der lettische Präsident Egils Levits äusserte sich zum Vorfall: Es gebe «keinen Platz für Hass» in Lettland, schrieb er auf Twitter.
Sollte es sich herausstellen, dass der Täter homophob motiviert gewesen sei, würde dies seine Schuld vergrössern, so Levits weiter. «Der Wert der lettischen Gesellschaft ist Toleranz und so eine Tat des Hasses ist gleichzeitig ein Verbrechen gegen die Gesellschaft.»
Gemäss dem ILGA-Ranking 2020 (MANNSCHAFT berichtete) gilt Lettland als zweit homophobster EU-Staat und liess dabei nur Polen hinter sich. Bei einer Umfrage 2015 befürworteten lediglich 19 Prozent die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare – der EU-Durchschnitt lag bei 61 Prozent. Einzig Bulgarien hatte mit 17 Prozent einen tieferen Wert.
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