Lesung über queere Heldin in Wien abgesagt
Sicherheitsbedenken sollen der Grund sein
In seinem neuen Buch erzählt ORF-Journalist Jürgen Pettinger, wie die queere Schauspielerin Dorothea Neff ihre Freundin vor den Nazis versteckte. Eine geplante Lesung in Wien wurde nun abgesagt.
Die Romanbiografie von Jürgen Pettinger über das Leben zweier Frauen in der NS-Zeit ist Anfang Oktober erschienen (MANNSCHAFT berichtete). Sie erzählt von der queeren Schauspielerin Dorothea Neff, die ihre jüdische Freundin Lilli versteckt hielt, um sie vor den Nazis zu schützen.
Seit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel und den kriegerischen Auseinandersetzungen kommt es nun vielerorts zu antisemitischen Äusserungen, auch in Wien. Bei einem Angriff auf den Wiener Stadttempel wurde im Oktober etwa die Flagge Israels heruntergerissen.
Wegen etlicher weitere antisemitischer Zwischenfälle hätten nun die Organisator*innen einer Lesung aus Pettingers Buch abgesagt, wie der Autor auf X schreibt. Begründung: Man wolle «aus Sicherheitsgründen derzeit keine Veranstaltungen mit jüdischem Konnex» haben.
Zur Erklärung teilte Pettinger bei X noch mit: Alle sonstigen Lesungen, die geplant sind und online zu finden seien, sollen stattfinden. «Die, die abgesagt wurde, war noch gar nicht angekündigt. Und: die Veranstalter (selbst jüdisch) haben aus Angst vor antisemitischen Übergriffen abgesagt.»
Wie MANNSCHAFT erfuhr, war die Lesung in der Wiener Apollo-Garage geplant. Auch ein musikalischer Abend mit Klezmer-Musik an jenem Ort wurde mittlerweile abgesagt. Unsere Anfrage an den Veranstalter blieb unbeantwortet.
Eine Pettinger-Lesung an einer Schule in Graz fand dagegen an Montag statt, wie der Autor auf X dokumentierte. Auch bei der geplanten Buchpräsentation am kommenden Mittwoch (15. November) in der Wiener Buchhandlung Löwenherz soll es bleiben, wie MANNSCHAFT erfuhr. Bedrohungen etwa in Form von E-Mails habe man dort nicht erhalten.
Pettinger wurde für seine Features und Reportagen im Fernsehen und im Radio mit namhaften Journalismus-Preisen ausgezeichnet. Vor zwei Jahren schrieb er das viel beachtete Buch «Franz: Schwul unterm Hakenkreuz» (MANNSCHAFT berichtete). Darin geht es um einen schwulen Mann, der in Österreich im Alter von 21 Jahren von den Nazis zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
Zum aktuellen Stand des Krieges in Nahost: Nach Schätzungen kamen 3000 Terroristen der im Gazastreifen herrschenden Hamas sowie anderer extremistischer Gruppierungen in einem konzertierten Überraschungsangriff am 7. Oktober über die Grenze und töteten mehr als 1400 Menschen, die meisten davon Zivilisten. Mehr als 240 Menschen wurden in das Palästinensergebiet entführt. Rund 1000 Terroristen wurden in stundenlangen Kämpfen getötet, etwa 1800 konnten zurück in den Gazastreifen entkommen und rund 200 wurden festgenommen.
Der Kibbuz Beeri ist eine der am schwersten getroffenen Ortschaften. Etwa zehn Prozent seiner rund 1200 Einwohner*innen wurden getötet oder in den Gazastreifen verschleppt.
Nach den Worten von Politik-Professor Jonathan Rynhold gab es nach dem Massaker in Ländern wie den USA, Grossbritannien und Deutschland zunächst einen Anstieg der Sympathie für Israel. Unter dem Eindruck der massiven Gegenangriffe im Gazastreifen mit mehr als 10’000 Toten sei diese wieder gesunken. (mit dpa)
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