HIV-positiv im Lockdown: LGBTIQ besonders betroffen

UNAIDS fordert Regierungen weltweit auf, die LGBTIQ-Community nicht zu vergessen

(Symbolbild: iStockphoto)
(Symbolbild: iStockphoto)

Von der Ukraine bis Uganda und von Kenia bis Kirgisistan kommen Menschen mit HIV nicht an Medikamente. Besonders in abgelegenen Gebieten fehlt es im Lockdown an Geld und an Transportmittel.

Uganda: Es begann mit Kopfschmerzen, dann kamen Übelkeit und Durchfall. Binnen zwei Wochen ohne antiretrovirale Therapie wurde Eric so schwach, dass er nicht mehr laufen konnte und ins Krankenhaus verlegt werden musste. Wie viele andere HIV-positive Menschen weltweit ist es für den 26-Jährigen schwierig, im Lockdown an Medikamente zu gelangen.

«Ich war elf Tage im Krankenhaus. Ich wäre beinahe gestorben», sagt Eric im Telefoninterview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Der Barbier wohnt in einem Dorf im Distrikt Ntungamo im westlichen Teil von Uganda. «Der Arzt sagte mir, dass ich die HIV-Medikamente nicht hätte absetzen sollen, doch das tat ich nicht absichtlich. Aufgrund des Lockdowns gibt es keine Transportmittel und ich konnte die 20 Kilometer zur Klinik nicht zu Fuss gehen.»

So wie Eric ergeht es vielen HIV-positiven Personen, ein Grossteil davon LGBTIQ. Menschenrechtsorganisationen aus der Ukraine, Kenia, Mosambik, Kirgisistan, Trinidad und Tobago sowie aus dem Libanon berichten, dass sexuelle Minderheiten trotz einigen Bemühungen von Behörden und NGOs ihre HIV-Therapie unterbrechen müssen, weil sie aufgrund des Lockdowns das Haus nicht verlassen dürfen. Andere haben kein Geld für Transportmittel, da ihr Einkommen aufgrund der Pandemie weggefallen ist.

Neue Forschungsresultate: Revolution in der HIV-Therapie?

Wiederum andere haben ihre antiretrovirale Therapie abgesetzt, da sie sich keine Lebensmittel mehr leisten und die starken Medikamente mit leeren Magen nicht vertragen können. Täglich etwas zu essen zu finden sei für einige Menschen während dem Lockdown schwierig geworden, sagt Real Raymond von der Stiftung Mbara Rise Foundation, die rund siebzig LGBTIQ-Personen in abgelegenen Gebieten Ugandas per Fahrrad mit antiretroviralen Medikamenten versorgt. «Sie sagen mir, dass ihr Körper schwach und fiebrig wird, wenn sie sie auf leeren Magen nehmen.»

Menschenrechtsgruppen in Uganda meldeten, die Behörden würden die Schutzmassnahmen für die Corona-Pandemie ausnutzen und sexuelle Minderheiten in Uganda zur Zielscheibe machen (MANNSCHAFT berichtete).

LGBTIQ-feindliche Gesetze tragen zur Lage bei

Die Stiftung «Frontline AIDS» verzeichnet eine Zunahme von Förderanträge regionaler LGBTIQ-Basisgruppen, deren Mitglieder einen erschwerten Zugang zu HIV-Medikamenten wegen COVID-19 haben.

«Menschen mit HIV weltweit haben Mühe, ihre Therapie zu bekommen, doch für Mitglieder aus Gruppen wie der LGBTIQ-Community ist es aufgrund ihrer Verwundbarkeit und den Diskriminierungen, die sie ausgesetzt ist, besonders schwierig», sagt Matteo Cassolato von Frontline AIDS gegenüber Reuters. «In einigen Ländern werden sie verfolgt und verhaftet oder von der Polizei gestoppt, wenn sie ihre Medikamente abholen wollen. Wegen Stigma und Homophobie fällt es ihnen nicht immer leicht, sich zu erklären.»

Unter anderem unterstützt Frontline AIDS trans Personen in Trinidad und Tobago bei der Versorgung mit HIV-Medikamenten. Aufgrund ihrer erhöhten Sichtbarkeit seien trans Personen eher Schikanen ausgesetzt, so Cassolato. Eingeschränkte Öffnungszeiten der Apotheken und erhöhtes Kundenaufkommen würden sie zusätzlich abhalten.

Polen: Regenbogenmasken gegen Corona und Homophobie

Gemäss UNAIDS, dem gemeinsamen Programm der Vereinten Nationen für HIV/AIDS, machen schwule Männer 20% der HIV-Neuinfektionen weltweit aus. Das Risiko, sich mit HIV zu infizieren, ist bei schwulen Männern 27-mal höher als bei anderen Männern, bei trans Frauen zwölfmal höher als bei der Gesamtbevölkerung. Rund 16,5% von trans Frauen sind HIV-positiv. Weltweit leben schätzungsweise 38 Millionen Menschen mit HIV, seit Beginn der Achtzigerjahre sind zirka 35 Millionen Personen an AIDS gestorben.

UNAIDS fordert Regierungen weltweit auf, Programme zu HIV und sexueller Gesundheit auch während der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Mit Heimlieferungen, virtuellen Arztkonsultationen oder Medikamentenausgabe für mehrere Monate könne man das Angebot den COVID-19 Umständen anpassen.

Viele Länder hätten Führungsstärke bewiesen und mit tatkräftigen Massnahmen auf die Corona-Pandemie reagiert, sagt Christoforos Mallouris, leitender Berater für Süd- und Ostafrika bei UNAIDS, gegenüber Reuters. «Dabei dürfen jedoch marginalisierte Gruppen wie die LGBTIQ-Community nicht vergessen gehen. Mehr als je zuvor müssen wir sicherstellen, dass die Bevölkerung angesichts COVID-19 gesund bleibt.»

 

 

 

 

 

 

Das könnte dich auch interessieren