Fernost im «Boys Love»-Fieber
Seinen Ursprung hat das Phänomen im japanischen Manga, wo Lovestorys zwischen jungen Männern seit den Siebzigerjahren bekannt und beliebt sind
Sehnsuchtsvolle Blicke, flüchtige Berührungen und zaghafte Küsse zwischen Jungs stehen im Zentrum so genannter «Boys Love»-Serien aus Asien. Ein eigenes Genre, das vor allem in den letzten Jahren deutlich an Popularität gewonnen hat und zu einem regelrechten Internet-Phänomen geworden ist.
Gibt man «Boys Love» bei YouTube ein, tun sich ganze Welten auf: Von Japan über Korea bis hin zu Thailand und sogar China gibt es eine Fülle dieser Dramen, die sich homosexuellen Liebesgeschichten verschreiben.
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Seinen Ursprung hat das Phänomen «Boys Love» im japanischen Manga, wo Lovestorys zwischen jungen Männern seit den Siebzigerjahren bekannt und beliebt sind. Manga des Genres «Shōnen Ai» («Jungenliebe») sparen sexuelle Handlungen zumeist aus und rücken die emotionale Komponente der Beziehung in den Vordergrund.
Den Mittelpunkt der Handlung bildet in der Regel ein ungleiches Paar, das aus einem eher forschen Kerl («Seme») und seinem schüchternen Gegenpart («Uke») besteht. Schnell wurden die homoerotischen Comics auch in anderen asiatischen Ländern immer beliebter und so war es nur eine Frage der Zeit bis auch erste Realserien zum Thema entstanden.
Wie die Manga richten sich «Boys Love»-Serien in erster Linie an ein junges weibliches Publikum und nicht etwa an homosexuelle Jungs. Es gibt eine Vielzahl von Theorien, warum sich besonders junge Mädchen von den schwulen Liebesgeschichten angezogen fühlen. Manchen mag die Vorstellung einer starken Liebe, die sich gegen gesellschaftliche Widerstände behaupten muss, gefallen. Andere freuen sich, dass es nicht nur einen hübschen Jungen, sondern gleich zwei attraktive Typen zu sehen gibt, und keine weibliche Figur, die mit der Zuschauerin konkurriert. Zuletzt zwingt die unschuldig geschilderte Jungenliebe die Mädchen nicht, sich mit der eigenen Sexualität auseinandersetzen zu müssen.
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In ihren Erzählmustern bleiben die «Boys Love»-Serien ihren Ursprüngen im japanischen Manga treu. Verpackt werden die zarten Annäherungsversuche in schönen Bildern, so dass man fast schon von Bewegtbild-Instagram sprechen könnte. Häufig werden Heile-Welt-Szenarien geschildert und ganz grosse Themen ausgespart. Immer lautet die Devise, dass eine starke Liebe mit allen Problemen fertig wird. Für viele westliche Zuschauer*innen mag diese Form der Verklärung einen Reiz darstellen, da sie meist tragisch endende Geschichten gewohnt sind, wenn hierzulande von homosexuellen Beziehungen erzählt wird.
Gerade neuere «Boys Love»-Serien werden jedoch durchaus progressiver, sprechen verstärkt Alltagsprobleme an oder gehen auf die Hürden des Coming-outs ein. Eine Vorreiterrolle bei der Produktion von «Boys Love»-Serien kommt Thailand zu, wo eine Serie nach der anderen produziert wird. Besonders erfolgreich waren etwa «Kiss: The Series» und das Prequel «Kiss Me Again». Im letzten Jahr folgte mit «Dark Blue Kiss» schliesslich der vorläufige Abschluss der populären Trilogie.
Auch in Ländern wie China, in denen Homosexualität gesellschaftlich noch immer weitgehend geächtet und tabuisiert wird, sind «Boys Love»-Serien ungemein populär. Die chinesische Serie «Addicted» aus dem Jahr 2016 war jedoch derartig beliebt, dass die Regierung die Reissleine zog, die Serie nach drei Episoden absetzte und ein Arbeitsverbot für die beiden Hauptdarsteller verhängte …
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