«Ich war nie der Apostel der Treue» – Fanny Ardant wird 75

In «Lola Pater» spielt sie eine aus Algerien stammende trans Frau

Fanny Ardant (Bild: Georges Biard, Wikimedia Commons)
Fanny Ardant (Bild: Georges Biard, Wikimedia Commons)

Fanny Ardant gehört zu den eigenwilligsten Filmstars Frankreichs. Sie spielt exzentrische Frauen und hasst moralische Lehren. Nun wird sie 75.

Von Sabine Glaubitz, dpa

In «Die schönen Tage» liegt sie als Rentnerin mit einem Joint und einem viel jüngeren Mann im Bett. In «Lola Pater» spielt sie eine aus Algerien stammende trans Frau (MANNSCHAFT berichtete), in «Der Tölpel» die Femme fatale, die den Männern zum Verhängnis wird. Fanny Ardant sprengt gerne bürgerliche Konventionen. Nicht nur vor der Kamera.

Die Menschen fürchten um ihr bürgerliches oder auch kleinbürgerliches Nest

Die Schauspielerin mit der rauen, unverkennbaren Stimme ist für ihr freigeistiges Denken bekannt. «Électron libre» – so wird der französische Filmstar deshalb auch gerne genannt. Am Freitag (22. März) wird sie 75 Jahre alt. In ihrem Denken überschreitet sie mitunter auch Grenzen traditioneller Sitten und gesellschaftlicher Normen.

«Die Menschen fürchten um ihr bürgerliches oder auch kleinbürgerliches Nest», erklärte Ardant einmal. Ein Milieu, das sie durchaus gut kennt. Sie wurde 1949 in der Loire-Stadt Saumur in eine altehrwürdige bürgerliche Familie hineingeboren. Ihr Vater war ein hochrangiger Offizier, der später Militärgouverneur von Monaco wurde, wo sie zusammen mit Prinzessin Caroline die Klosterschule besuchte.



Sie habe gute Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend in dem Felsenstaat an der Côte d’Azur, zitiert die südfranzösische Regionalzeitung Nice-Matin die Schauspielerin. In Aix-en-Provence studierte sie dann Politik – der Titel ihrer Abschlussarbeit: «Surrealismus und Anarchie». Der Grundstein für den Hang zu ihrer Lebensphilosophie war gelegt: Ablehnung von Hierarchien und Unterdrückung von Freiheit.

Der Universitätsabschluss sei für sie wie ein Passierschein in die Freiheit gewesen, sagte sie der FAZ. Erste Bühnenerfahrung sammelte sie an der Klosterschule, bevor sie jedoch erst Jahre später den Film für sich entdeckte. Ihre Begegnung mit dem Autorenfilmer und langjährigen Lebensgefährten François Truffaut sollte wegweisend für sie sein.

Er habe ihr Dasein als Frau und Schauspielerin völlig auf den Kopf gestellt, sagte sie später. Mit ihm schaffte sie in «Die Frau nebenan» über Nacht ihren internationalen Durchbruch. Darin steht sie im Mittelpunkt einer fatalen Liebesbeziehung.

Ardant war Truffauts letzte Geliebte und Muse. Mit dem Regisseur, der eine unverhohlene Leidenschaft für schöne Frauen hatte, drehte sie auch seinen letzten Film «Auf Liebe und Tod». Der Krimi, in dem sie eine Sekretärin darstellt, die sich als Prostituierte verkleidet, um einen Mordfall aufzudecken, erschien 1983 – dem Jahr, in dem ihre gemeinsame Tochter Joséphine zur Welt kam. Ein Jahr später starb Truffaut mit 52 Jahren an einem Gehirntumor.

«Hundert und eine Nacht» von Agnès Varda, «Das Leben ist ein Roman», «Balzac – Ein Leben voller Leidenschaft» und «Liebeslust und Freiheit»: Filme, in denen Ardant nicht mit ihren Reizen geizte. Auch in «8 Frauen» von François Ozon, in «Nathalie» und «Paris, je t’aime» bleibt sie ihrem Rollentypus der temperamentvollen Frau mit geheimnisvoller Aura treu. Gespielt hat sie mit den Grössten der Branche: darunter Volker Schlöndorff, Alain Resnais, Claude Lelouch und Costa-Gavras.

In ihrer über 40-jährigen Karriere blieb sie nicht nur ihrer Rolle als Femme fatale treu, sondern auch ihrer Lebenseinstellung: «Ich war nie der Apostel der Treue. Ich glaube nicht, dass sie ein Bestandteil der Liebe ist», sagte sie der Frauenzeitschrift Gala. Und fuhr fort: «Ich sage nicht, dass Untreue keinen Schmerz verursacht und eine Bagatelle ist, aber wenn es passiert, ist es nicht so schlimm.»



Ardant liebt Abenteuer, wie sie erst vor wenigen Tagen im Fernsehsender France 2 sagte. Sie stürze sich ins Leben, wie man sich in einen Fluss stürze. Dazu gehört auch, dass sie 2009 mit «Cendres et Sang» (Asche und Blut) erstmals hinter der Kamera stand. Eine Erfahrung, die sie unter anderem 2017 mit «Le Divan de Staline» wiederholte – einem Film, in dem es um das Bild des Sowjetdiktators Josef Stalin geht.

In «Le Divan de Stalin» spielt Gérard Depardieu die Hauptrolle. Zu dem Urgestein des französischen Kinos unterhält sie seit Jahren eine enge Freundschaft. Die beiden Schauspieler lernten sich Ende der 1970er Jahre bei den Dreharbeiten zu «Die Hunde» kennen. In «Die Frau nebenan» standen sie erneut zusammen am Set.

Fanny gehört zu jenen, die Depardieu in den ganzen MeToo-Skandalen um ihn – Klagen und Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs – zur Seite steht. Erst Anfang März hat sie in der Zeitschrift «Télé-Loisirs» wiederholt, dass man einen Freund nicht im Stich lasse. Sie bereue es nicht und werde es nie bereuen, einem Freund treu geblieben zu sein.

Es gibt was Neues auf die Ohren, die heissesten unter den aktuellen queeren Alben – und obendrauf unsere MANNSCHAFT-Playlist für einen fluffigen Frühling.

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