«Die Konversionstherapie war der grösste Fehler meines Lebens»
Die Mutter von Garrard Conley ist froh, dass ihr Sohn noch am Leben ist
Martha Conley bereut es, ihren Sohn in die Konversionstherapie gesteckt zu haben. Garrard Conley verarbeitete die Erfahrung in seinen Memoiren «Boy Erased», die später verfilmt wurden.
«Keine Entscheidung, die ich jemals getroffen hatte, wird mich mehr verfolgen als diese.» Mit diesen Worten beschreibt Martha Conley die Reue, die sie empfindet. Sie und ihr Ehemann hatten ihren Sohn vor die Wahl gestellt: Entweder er therapiert seine Homosexualität oder sie würden jeglichen Kontakt zu ihrem einzigen Kind abbrechen. Garrard Conley war gerade mal 19 Jahre alt.
In einem Artikel für den Miami Herald äussert sich Martha Conley erstmals öffentlich über die traumatisierende Erfahrung ihres Sohnes. «Mein Mann und ich setzten Garrard unter Druck, damit er seine sexuelle Orientierung ändert», schreibt sie. Ihn in die Konversionstherapie geschickt zu haben sei «der grösste Fehler meines Lebens».
Garrard Conley musste ein zweiwöchiges Lager der christlich-fundamentalistischen Bewegung «Love in Action» (LIA) besuchen. Der angeblich von seiner Sexualität geheilte Kursleiter – ein sogenannter Ex-Gay – arbeitete mit Schamgefühlen und Ritualen, die an Exorzismus grenzen, um die Teilnehmenden zu «heilen». «Es war nichts anderes als Gehirnwäsche», sagte Garrard Conley 2018 in einem Interview mit MANNSCHAFT.
Wie Martha Conley schreibt, habe sie damals geglaubt, mit einer Konversionstherapie das Richtige für ihren Sohn zu tun. «Damals wussten wir nicht, dass die Wissenschaft sich darüber einig war, dass keine Therapie aus einem homosexuellen Menschen einen heterosexuellen machen kann», sagte sie. «Heute weiss ich, dass viele junge Menschen, die eine Konversionstherapie machen, diese nicht überleben – ich bin täglich dankbar dafür, mein Sohn am Leben ist.»
Garrard Conley verarbeitet die Konversionstherapie in seinen Memoiren «Boy Erased», die 2016 zum Bestseller und in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Zwei Jahre später folgte die gleichnamige Hollywood-Verfilmung, unter anderem mit Russell Crowe, Nicole Kidman und Troye Sivan (MANNSCHAFT berichtete). Der deutsche Titel des Films lautet «Der verlorene Sohn».
Junge Menschen, die nach Konversionstherapien Selbstmord begehen, landen immer wieder in den Schlagzeilen. Im Mai 2020 nahm eine junge bisexuelle Frau in Indien ihr Leben, im Dezember 2019 wurde eine 24-jährige lesbische Frau tot aufgefunden. Beide hatten lange Konversionstherapien hinter sich, Erstere wurde sogar medikamentös behandelt.
Unter dem Hashtag #conversiontherapy teilen TikToker*innen ihre Erfahrungen, beantworten Fragen und geben Tipps, wie man die Folter am besten überleben kann.
Nach einem Verbot der Konversionstherapie in Albanien und einem teilweise Verbot in Deutschland sprach sich das österreichische Gesundheitsministerium gegen ein ausdrückliches Gesetz aus (MANNSCHAFT berichtete). Auch in der Schweiz bleiben Konversionstherapien weiterhin erlaubt (MANNSCHAFT berichtete).
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