Das Kleben der anderen

Ein Plädoyer gegen Transphobie

Eine Aktivistin klebt sich am Airportring in Frankfurt fest (Foto: Boris Roessler/dpa)
Eine Aktivistin klebt sich am Airportring in Frankfurt fest (Foto: Boris Roessler/dpa)

Klimaaktivist*innen stehen in der Kritk, ob in Berlin, München oder Wien. Dabei muss Kleben nichts Schlechtes sein, schreibt unser Autor in seinem Kommentar*.

Manchmal staune ich über die Aktionen von jungen Leuten. Von Berlin über Frankfurt bis Zürich kleben sie sich an Gemälden fest, an Strassen oder Startbahnen von Flughäfen. Ich bewundere ihre Entschlossenheit und ihre Kompromisslosigkeit im Kampf gegen den Klimawandel. Auch wenn ich absolut nicht zu denen gehören möchte, die deswegen im Stau stehen oder ihren Flieger verpassen. Mit diesem Widerspruch muss ich leben.

Als ich jung war, hätte ich mich am liebsten an die behaarte Brust von Lorenzo Lamas geklebt, einem Schauspieler aus der Achtziger-Jahre-Serie «Falcon Crest». Lustig übrigens, wie man Dinge idealisiert, die in der Vergangenheit liegen: Ich hatte sie haariger in Erinnerung, die Brust. Von wegen, früher war mehr Lametta!

Heute würde ich mich nicht mehr an behaarte Männer kleben. Ich habe eine bessere Idee, weil mir auch das soziale Klima Sorgen macht: Jeder von uns heftet sich abends oder nachts oder einfach immer wenn es nötig ist – an die Fersen einer unserer trans Schwestern, damit die es sicher durch die Stadt schaffen. Diese Stadt kann Bremen heissen oder Berlin, das ist leider ganz egal. Hass auf und Gewalt gegen trans Personen gibt es überall.

Wie der neue Monitoringbericht zu trans- und homofeindlicher Gewalt in Berlin kürzlich zeigte: Zwei Drittel der befragten trans Personen (66 %) haben in den letzten fünf Jahren Gewalterfahrungen gemacht, fast die Hälfte (48,2 %) im letzten Jahr (MANNSCHAFT berichtete).



Aber wenn dann einer kommt … aber was heisst einer?! Meistens kommt ja eine ganze Gruppe: Blödmänner treten immer im Rudel auf. Wahrscheinlich weil sie tief in sich ahnen, was sie für arme Würstchen sind. Merke: Je grösser die Gruppe, desto ärmer das Würstchen.

Jedenfalls: Wenn einer meine trans Schwester blöd von der Seite anmacht, dann würde ich dem am liebsten mal richtig eine kleben. Auch der schönste Pazifismus kommt irgendwann an seine Grenzen.

Diesen Kommentar* gibt es auch als Video-Kolumne:



*Jeden Samstag veröffentlichen wir auf MANNSCHAFT.com einen Kommentar zu einem aktuellen LGBTIQ-Thema. Die Meinung der Autor*innen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.

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