Bedroht: Schwuler Kinderbuch-Redakteur verlässt Ungarn

Für sich und seinen Lebenspartner sieht er keine Zukunft mehr in dem Land

Foto: Facebook/Promo
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Der Redakteur des von homophoben Rechten angefeindeten Kinderbuchs «Märchenland für alle» verlässt wegen anhaltender Drohungen gegen seine Person seine Heimat Ungarn.

Die Entscheidung sei schon früher gefallen, sagte der Literaturwissenschaftler und Übersetzer Boldizsar Nagy am Dienstag dem Nachrichtenportal 24.hu. Die Kampagne gegen sein Buch sowie das in der Vorwoche in Kraft getretene Gesetz zur Unterdrückung von Informationen über Homosexualität für Jugendliche hätten ihn darin bekräftigt, für sich und seinen Lebenspartner keine Zukunft in Ungarn zu sehen.

In «Märchenland für alle» werden bekannte Märchen neu erzählt, indem die Heldenfiguren Minderheiten angehören. Darunter sind in tiefer Armut lebende Kinder, Kinder mit Behinderung, Opfer von häuslicher Gewalt, Homosexuelle und trans Personen. Die Autor*innen wollen damit mehr Akzeptanz für benachteiligte Menschen schaffen.

Im Vorjahr schredderte eine rechtsextreme Parlamentsabgeordnete das Buch vor laufenden Fernsehkameras (MANNSCHAFT berichtete). Der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orban äusserte sich anschließend billigend über die Aktion der radikalen Politikerin. «Lasst unsere Kinder in Ruhe!», sagte Orban damals. Seitdem stellen die von der Regierung abhängigen Medien Homosexualität mit Pädophilie gleich.

Auch das nunmehr in Kraft getretene Informationsgesetz zielt auf eine derartige Gleichsetzung ab. Insbesondere ist es verboten, Bücher und andere Informationsträger Menschen unter 18 zugänglich zu machen, die Homosexualität, Transsexualität oder Geschlechtsanpassungen «darstellen» oder «propagieren» (MANNSCHAFT berichtete).

Die Behörden in Ungarn hatten zuvor eine Buchhandlung bestraft, weil sie ein Märchenbuch über eine Regenbogenfamilie ohne besondere Kennzeichnung verkauft hat (MANNSCHAFT berichtete).

Unterdessen verweigert Brüssel dem Plan Ungarns für die Verwendung von EU-Corona-Hilfen eine positive Bewertung (MANNSCHAFT berichtete).

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