«Der Tourismus liegt am Boden, zertrümmert und zerstört»
Das Auswandererpaar Tobias und Michael über ihre Erfolge in Fuerteventura und wie es nach der Corona-Krise weitergehen soll.
Vor einem halben Jahr sprachen die Berner Tobias und Michael noch von ihrer erfolgreichen Bar und Boutique «Stars» (MANNSCHAFT berichtete). Dann kam Corona. Im Interview mit MANNSCHAFT erzählen die Auswanderer, wie es weitergeht.
Tobias, Michael und du leben nun seit fast fünf Jahren auf Fuerteventura. Kommt da noch Feriengefühl auf? Genau, wir haben die Bar im Juni 2016 eröffnet und waren schon einige Monate vorher auf der Insel. Das Ferienfeeling hat sich etwa ein halbes Jahr so gehalten und ist dann sehr schnell normal geworden. Wir haben in der Zeit sehr viel gearbeitet, weshalb das recht bald weg war. Das Schöne ist aber, dass wir immer Feriengäste um uns herum hatten. Also glückliche, zufriedene und entspannte Menschen.
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Was für Corona-bedingte Einschränkungen gibt es in Fuerteventura? Es gibt die generelle Maskenpflicht. Also wenn man das Haus verlässt, muss man eine Maske tragen. Dann natürlich Social Distancing und eine Maximalanzahl von Leuten in den Läden. Überall hat es Desinfektionsgel.
Bekommt ihr als Unternehmer staatliche Hilfe? Anders als in der Schweiz gibt es hier aber kein Amt, bei dem man als Unternehmen finanzielle Hilfe bekommt. Einzig während des Lockdowns von zehn Wochen gab es verminderte Sozialleistungen für selbstständig Erwerbende. Wer viel Glück hatte, bekam eine Mietzinsreduktion. Wir hatten zu der Zeit zum Glück schon etwas Publicity, und unsere Fans aus der Schweiz haben uns mit Einkäufen im Onlineshop sehr geholfen.
Beim ersten Anlauf 2011 seid ihr aufgrund der Wirtschaftskrise in die Schweiz zurückgekehrt. Hat euer Traum die Coronakrise überlebt? Als wir damals nach Fuerteventura gereist sind, war das auch als Probezeit geplant. Wir wollten es mal für etwa ein Jahr machen, jobben, und dann sehen, ob wir uns vorstellen könnten, da für längere Zeit zu leben. Natürlich war dann auch die Wirtschaftskrise, aber eine Rückreise war sowieso geplant.
Die jetzige Situation ist unglaublich. Der Tourismus liegt am Boden, zertrümmert und zerstört. Unser Geschäft und der grösste Teil der Insel sind komplett vom Tourismus abhängig. Im März hat uns das voll ins Gesicht getroffen.
Wie geht es für das «Stars» weiter? 50 % der Geschäfte in Fuerteventura sind bankrott, bis Ende Jahr sind es vermutlich 75%. Es dauert ungefähr zwei bis drei Jahre, bis sich der Tourismus wieder etwas erholt hat, da ist es sinnlos, es jetzt durchstieren zu wollen. Unser Plan ist es, wieder in die Schweiz zurückzukehren. Wir haben eine grosse Fangemeinde in der Schweiz und wollen das «Stars» dort weiterführen.
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Ist damit ein Traum geplatzt? Nein gar nicht. Der Traum ist nicht geplatzt. Wir geben nicht auf, sondern machen weiter. Wir hatten schon vor, auch in der Schweiz etwas aufzubauen, um einen Geschäftszweig zu haben, der tourismusunabhängig ist. Das wollten wir eigentlich erst etwa in zwei Jahren machen. Die Corona-Krise hat uns die Entscheidung etwas erleichtert und vorgezogen.
Am 31. August startet der zweite Teil der 6. Staffel der Auswanderersendung «Adieu Heimat», mit der ihr zweimal unterwegs wart. Schaut ihr die Sendung? Wir können den Sender in Fuerteventura nicht empfangen, da es ein Privatsender ist. Im Nachhinein können wir die Staffeln aber auf der Website schauen. Es ist natürlich schon ein Format, das einen interessiert.
Habt ihr Kontakt mit den anderen Auswanderer*innen? Die Sendung wird ja überall gleichzeitig gedreht und gesendet. Da lernt man die anderen Auswanderer*innen nicht kennen, höchstens über Social Media. Gerade am Anfang ist aber – glaube ich – das Bedürfnis auch nicht so da. Man hat selber Probleme und Situationen, mit denen man klarkommen muss.
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In Fuerteventura selber hatten wir nicht viel Zeit zur Kontaktaufnahme mit anderen Schweizer*innen, da wir sehr viel gearbeitet haben. Andererseits wandert man ja auch nicht aus, um Schweizer*innen kennenzulernen! (lacht)
Was würdet ihr heute anders machen, wenn ihr nochmals starten könntet? Wir haben das damals sehr schweizerisch gemacht und gingen sehr geplant an die Sache heran. An unserem Konzept haben wir sieben Jahre lang gearbeitet, ich denke nicht, dass wir das viel besser hätten machen können. Es kommen immer überraschende und unberechenbare Situationen auf einen zu und Hürden, die man überwinden muss. Mit viel Mut, Kampfgeist und Motivation haben wir es aber geschafft – und so würden wir es wieder machen.
«Adieu Heimat – Schweizer wandern aus» läuft jeden Montagabend um 20:15 Uhr auf 3+.
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