Pionierin im Kampf gegen LGBTIQ-Verfolgung kommt nach Wien

Alice Nkom kämpft vor Gericht für die Rechte der Community in Kamerun

Alice Nkom im Portrait (Foto: Minette Lontsie, Wikimedia Commons)
Alice Nkom im Portrait (Foto: Minette Lontsie, Wikimedia Commons)

Alice Nkom, prominente Kameruner Rechtsanwältin, wird in Wien über die Verfolgung von queeren Menschen in Afrika sprechen.

In Afrika hat sich die Situation für queere Menschen verschlimmert. Auf dem Kontinent gibt es 54 Länder. Davon werden in 31 Staaten gleichgeschlechtliche Handlungen kriminalisiert. In den deutschsprachigen Ländern weiss die LGBTIQ-Community nur wenig über die schwierige Situation von queeren Menschen. Um das zu ändern, hat Queeramnesty Austria die afrikanische Menschenrechtsaktivistin Alice Nkom nach Österreich eingeladen. Nkom wird am 21. Juni um 18 Uhr in der Österreich-Zentrale von Amnesty International in Wien über ihre Arbeit und die Menschenrechtslage in Kamerun sprechen.



Nkom ist Rechtsanwältin und gehört in Afrika zu den Pionier*innen im Kampf für die Gleichstellung von queeren Menschen. Sie setzt sich seit mehr als zwei Jahrzehnten für LGBTIQ-Menschen ein. Die Anwältin ist Gründerin der Organisation «Association pour la Défense des Droits de l’Homosexualité» (Verein zur Verteidigung der Rechte Homosexueller). Sie hat durch ihre Arbeit auch einen guten Überblick über die Situation in anderen afrikanischen Ländern. In vielen Staaten gehen die queerfeindlichen Gesetze auf die Kolonialzeit zurück. Meist wurden diese Gesetze nach der Unabhängigkeit nicht geändert. Hinzu kommt der Einfluss von fundamentalistischen religiösen Bewegungen. In vielen muslimischen Ländern ist Homosexualität verboten. Aber auch in christlich-fundamentalistischen Staaten müssen gleichgeschlechtlich liebende Menschen mit Gefängnisstrafen rechnen (MANNSCHAFT berichtete).

Nkom, die von Queeramnesty nach Österreich eingeladen wurde, ist für viele Menschen aus mehreren Gründen ein Vorbild. Sie war 1969 in Kamerun die erste schwarze Frau, die eine Zulassung als Rechtsanwältin erhalten hat. Seit 1974 ist sie in Douala, der grössten Stadt Kameruns, Mitinhaberin einer Gemeinschaftskanzlei. Sie bekämpft die queerfeindlichen Gesetze in ihrem Heimatland und vertritt als Anwältin viele LGBTIQ-Menschen.

In Kamerun sind gleichgeschlechtliche Handlungen verboten. Es droht eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Hinzu kommt eine entsprechend hohe Geldstrafe. Ein weiteres Problem ist die soziale Ächtung. Gleichgeschlechtlich liebende Menschen werden von ihren Familien verstossen. Feminin wirkende Männer und maskulin auftretende Frauen wurden in der Vergangenheit bei der Polizei denunziert. Auch trans Personen wurden in Kamerun zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Nkom ist es zu verdanken, dass queere Menschen in einigen Fällen nicht ins Gefängnis mussten, sondern es konnte eine aussergerichtliche Einigung erzielt werden. Solche aussergerichtlichen Lösungen sind für die Betroffenen sehr wichtig. Denn in den Kameruner Gefängnissen sind queere Menschen schlimmen Misshandlungen ausgesetzt. Nicht selten kommt es dort zu Vergewaltigungen. Die Rechtsanwältin Nkom ist in Kamerun die einzige Anwältin, die für die Rechte queerer Menschen kämpft. Sie ist auch für ihr Durchsetzungsvermögen und ihre schlagfertigen Antworten bekannt. Manchmal wird sie gefragt, ob sie lesbisch sei, weil sie sich für queere Menschen einsetzt. Dann antwortet sie, dass für ihre Arbeit die sexuelle Orientierung unbedeutend sei.

Die drakonischen Strafen sorgen dafür, dass es in Kamerun so gut wie keine sicheren Orte für queere Menschen gibt. In der Vergangenheit kam es zu Razzien der Polizei in Lokalen, die als Treffpunkte für schwule Männer galten. Dabei wurden Menschen willkürlich festgenommen. Um festzustellen, ob Männer schwul sind, werden bei ihnen Anal-Untersuchungen durchgeführt. Um den Kampf gegen Homosexualität zu verschärfen, hat vor kurzem die Medienaufsichtsbehörde in Kamerun strenge Massnahmen gegen Fernsehsender angekündigt. Demnach sollen TV-Sender, die homosexuelle Handlungen ausstrahlen, geschlossen werden. In der Praxis kommt es vor, dass viele Fernsehsender ausländische TV-Spielfilme übernehmen. Sind dort beispielsweise gleichgeschlechtliche Küsse zu sehen, dürfen diese nicht ausgestrahlt werden.

Nkom erhielt vor zehn Jahren von der deutschen Sektion von Amnesty International den Amnesty International Menschenrechtspreis. Queeramnesty, die Nkom nach Wien einlädt, ist innerhalb von Amnesty International Österreich eine ehrenamtliche, queere Gruppe, die inhaltlich zu LGBTIQ-Menschenrechtsthemen arbeitet. Queeramnesty-Gruppen gibt es auch in Deutschland und in der Schweiz.

31 der 54 Staaten des afrikanischen Kontinents haben Homosexualität unter Strafe gestellt. Das 2023 verabschiedete Gesetz in Uganda zählt zu den härtesten Anti-LGBTIQ-Richtlinien weltweit. Ghana könnte nachziehen. Aktivist*innen aus diesen Ländern haben ihre Heimat verlassen, einige leben in Berlin. Dort haben wir sie getroffen und uns ihre Geschichte erzählen lassen. Jetzt zu lesen in der Sommer-Ausgabe des MANNSCHAFT MAGAZINS.

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