AIDS-Hilfe in Magdeburg testet neuen HIV-Schnelltest

Eine Weltneuheit aus NRW

Halbwissen und Falschinformationen über HIV halten sich besonders hartnäckig (Bild: stock.adobe.com)
Halbwissen und Falschinformationen über HIV halten sich besonders hartnäckig (Bild: stock.adobe.com)

Keine Blutprobe mehr notwendig, einfacher Abstrich reicht – der neue HIV-Schnelltest der nal von minden GmbH hat das Zentrum für sexuelle Gesundheit in Magdeburg neugierig gemacht: Der auch unter Aidshilfe Sachsen-Anhalt Nord bekannte gemeinnützige Verein hat jetzt die Weltneuheit aus Moers getestet.

Der neue HIV-Schnelltest sei «eine willkommene Alternative», sagt Sexualpädagoge Andreas Bösener vom Zentrum für sexuelle Gesundheit in Magdeburg. Die Hemmschwelle sei bei vielen Menschen vermutlich geringer, wenn eine einfache Speichelprobe zum Nachweis einer HIV-Infektion ausreiche und keine Blutprobe mehr nötig sei: «Es ist angenehmer als sich in den Finger zu piksen.» Rund 400 Menschen lassen sich jedes Jahr bei der AIDS-Hilfe Sachsen-Anhalt Nord auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen (STI) untersuchen.

Jeden Montag und Donnerstag von 11 bis 20 Uhr bietet das Zentrum für sexuelle Gesundheit Testungen auf HIV und andere STI an. Bösener: «Wir haben den neuen HIV-Schnelltest als Alternative zu den bisherigen Schnelltests angeboten, die mit einer Blutprobe funktionieren. So kann jeder selbst entscheiden, was ihm lieber ist.»

Die bisherigen Ergebnisse der durchgeführten Testungen waren zuverlässig.

Die Durchführung des neuen HIV-Schnelltests ist einfach: Den Mundspatel, der sich im Testbeutel befindet, zunächst über das obere Zahnfleisch streichen, dann über das untere Zahnfleisch. Anschliessend den vorderen Teil des Mundspatels, das Schwämmchen, in ein Röhrchen mit Entwicklerlösung einfügen bis es den Boden berührt. Nun 20 Minuten warten und dann das Ergebnis ablesen.

Die erste Bilanz: «Der HIV-Schnelltest ist wirklich einfach anzuwenden und die bisherigen Ergebnisse der durchgeführten Testungen waren zuverlässig», berichtet Bösener. Die Zuverlässigkeit des neuen HIV-Schnelltests (OraQuick) liegt nach Angaben des amerikanischen Herstellers OraSure ohnehin «bei 99 Prozent», versichert Thomas Zander, Geschäftsführer der nal von minden GmbH. Der Selbsttest erkennt eine HIV-Infektion, wenn er ab drei Monaten nach einem Risikokontakt angewendet wird. Zander: «Das liegt daran, dass OraQuick auf HIV-Antikörper testet und der Körper bis zu drei Monate braucht, um diese Antikörper in einer Menge zu produzieren, die mit diesem Test nachgewiesen werden kann.»

Ist das Ergebnis negativ, liegt keine nachweisbare HIV-Infektion vor. Ist das Ergebnis positiv (bei HIV-Tests wird für «positiv» auch das Wort «reaktiv» verwendet) – und das war bei einem Test im Zentrum für sexuelle Gesundheit bereits der Fall – schliesst sich ein Labortest an. Bösener erklärt: «Bei einem reaktiven Testergebnis führt der Arzt, der bei uns im Checkpoint ehrenamtlich tätig ist, einen Bestätigungstest durch. Dazu wird venöses Blut entnommen. Bis das Ergebnis des Tests vorliegt, dauert es nochmals ein bis zwei Tage.»

Es führen sehr unterschiedliche Menschen Testungen bei der Aidshilfe Sachsen-Anhalt Nord durch, sagt Sexualpädagoge Bösener: «Etwa 70 Prozent der Rat-Suchenden sind heterosexuell, etwa 30 Prozent homosexuell. Es handelt sich zum einen um sexuell aktive Menschen, die zum Teil regelmässig alle drei Monate oder jährlich zum Testen kommen. Zum anderen kommen auch Menschen zu uns, die vor einer neuen Beziehung auf Nummer Sicher gehen und zum Schutz des neuen Partners überprüfen lassen möchten, ob sie HIV haben.»

Einige Rat-Suchende wundern sich nach Angaben von Bösener, dass der neue HIV-Schnelltest überhaupt mit einer blossen Speichelprobe aus dem Mund durchgeführt werden kann. HIV wird ja bekanntlich nicht übers Küssen übertragen, sondern durch direkten Kontakt mit Blut, Sperma oder Vaginalsekret. Das sei zwar richtig, antwortet Thomas Zander, aber es bilden sich nach einer HIV-Infektion sowohl Antikörper im Blut als auch im Speichel: «Diese Antikörper sind sowohl im Blut nach etwa drei Monaten nachweisbar und jetzt – mithilfe unseres neuen Schnelltests, der eine Weltneuheit ist – eben auch im Speichel.»

Da eine HIV-Infektion mit starken Ängsten, Schuld und Schamgefühlen verbunden ist, steht vor einem HIV-Schnelltest immer eine ausführliche Beratung, betont Sexualpädagoge Bösener: „Viele Menschen wissen nicht, dass HIV heute sehr gut zu behandeln ist. Die Angst vor einer schweren Erkrankung können und möchten wir den Menschen nehmen. Gleichzeitig beraten wir, wie es im Fall eines reaktiven oder positiven Testergebnisses weitergehen würde. Wir lassen niemanden allein.»

Der neue HIV-Schnelltest ist seit April 2022 in Deutschland zugelassen und ab sofort verfügbar (self-diagnostics.com). Weitere Informationen auf www.oraquick.de. Kosten: zwischen 25 und 30 Euro. 

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