Affenpocken – «Das Virus kennt keine sexuelle Orientierung»

Erhöhte Wachsamkeit müsse für alle Menschen gelten, so der deutsche Queer-Beauftragte

Dieses Bild aus dem Jahr 1997 entstand während einer Untersuchung eines Affenpockenausbruchs in  Kongo (Foto: -/CDC/Brian W.J. Mahy/dpa)
Dieses Bild aus dem Jahr 1997 entstand während einer Untersuchung eines Affenpockenausbruchs in Kongo (Foto: -/CDC/Brian W.J. Mahy/dpa)

Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, äusserte sich zur Stigmatisierung von schwulen und bisexuellen Männern. Es sei ein Trugschluss, dass sie an sich gefährdeter sind, sich mit Affenpocken zu infizieren.

«Eine erhöhte Sensibilität für die Übertragung von Affenpocken ist wichtig. Dazu gehört auch zielgruppenspezifische Ansprache gegenüber Männern, die Sex mit Männern haben, wie sie etwa Dating-Apps wie Grindr gerade durchführen. Das begrüsse ich sehr.»

Es sei aber ein Trugschluss, dass schwule oder bisexuelle Männer an sich gefährdeter seien. «Das Virus kennt keine sexuelle Orientierung.» Erhöhte Wachsamkeit für Symptome müsse für alle Menschen gelten. «Eine verkürzte Kommunikation hat auch die negative Folge, dass viele Menschen sich nicht angesprochen fühlen. Sie denken, sie könne es nicht treffen.» Nach gegenwärtigem Stand könnten Affenpocken aber über engen körperlichen Hautkontakt und Tröpfcheninfektion übertragen werden (MANNSCHAFT berichtete).

Viele schwule Männer fühlen sich an den Beginn der AIDS-Krise erinnert, als die Infektion ausschliesslich schwulen Männern zugeschrieben wurde. Das hat in der Folge dazu geführt, dass schwule Männer stigmatisiert und andere Gruppen wenig geschützt wurden. Die Prävention lief beim Aufkommen von HIV völlig fehl und hat zig Menschenleben gekostet.

Einige Medien machten diesen Fehler gerade erneut, so Lehmann. Das sorge für grosse Unsicherheit in der queeren Community, die man ernst nehmen müsse, gerade weil es um eine gesellschaftlich noch immer diskriminierte Gruppe geht. «Panikmache und Stigmatisierung müssen unbedingt vermieden werden, davor warnen auch UNAIDS, die Deutsche AIDS-Hilfe und die Weltgesundheitsorganisation.» (MANNSCHAFT berichtete) Lehmann sei im Austausch mit dem Bundesgesundheitsminister und dem RKI und habe beide gebeten, ihre Kommunikation entsprechend sensibel zu gestalten.

«Ich empfehle, sich über Übertragungswege zu informieren und sich bei Symptomen in ärztliche Behandlung zu begeben. Dazu gehören vor allem Schwerpunktpraxen, Uni-Kliniken und Infektions-Ambulanzen.»

Herr Lauterbach gibt sich erkennbar Mühe, nicht zu stigmatisieren.

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun vor einer Stigmatisierung schwuler Männer im Zusammenhang mit den Affenpocken gewarnt. Es müsse verhindert werden, «dass Menschen stigmatisiert werden, die homosexuell sind und Sex mit Männern haben», sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in der ZDF-Sendung «Markus Lanz». «Das ist einfach wichtig zu sagen: Es kann jeden treffen.»

Zuvor hatte der Sprecher der Deutschen AIDS-Hilfe, Holger Wicht, in einem FAZ-Podcast betont, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass nur Schwule die Krankheit bekommen könnten oder sie gar Schuld an der Verbreitung wären. So könnte das – auch von Lauterbach genutzte – Wort «Risikogruppe» so verstanden werden könnte, dass schwule Männer ein besonderes Risiko darstellen. Gemeint sei aber, dass diese Männer ein besonderes Risiko hätten, sich anzustecken. Dem Nachrichtenportal t-online sagte Wicht aber auch: «Herr Lauterbach gibt sich erkennbar Mühe, nicht zu stigmatisieren.» (mit dpa)

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