«Es braucht zwei Personen, um Bisexualität sichtbar zu machen»
«Shiva Baby» läuft ab sofort bei der Streamingplattform Mubi
In den USA sorgte kaum eine Komödie in den letzten Monaten für so viel Aufsehen wie «Shiva Baby». Wir unterhielten uns mit der queeren Regisseurin Emma Seligman.
Die jüdische Studentin Danielle (Rachel Sennott) hat noch schnell Sex mit ihrem Sugardaddy Max, bevor sie ihre Eltern an eine Shiv’a begleitet (jüdische Trauerperiode, Anm. d. Red.). Dort läuft sie nicht nur wieder ihrem Liebhaber über den Weg – jetzt mit Frau und Kind – , sondern auch ihrer Ex-Freundin. Das ist die Prämisse der in den USA hoch gelobten Komödie «Shiva Baby» der Regisseurin Emma Seligman.
Emma, im Zentrum deines Films «Shiva Baby» steht eine junge Frau, die – genau wie du – jüdisch und bisexuell ist. Dein Alter Ego? Na ja, so weit würde ich jetzt nicht unbedingt gehen. Aber in den Film und die Figur sind schon viele Ängste, Spleens und Erfahrungen aus meinen eigenen Leben eingeflossen. Überhaupt die Idee, eine Geschichte bei einer Schiv’a spielen zu lassen, kam mir natürlich, weil ich selbst jede Menge dieser geschwätzig-geselligen jüdischen Trauerfeiern erlebt habe. Und den Einfall, dass Danielle sich ihr Studium teilweise über Sugardaddys finanziert, hatte ich, weil das in meiner Zeit an der NYU echt viele von uns so machten.
Bisexualität ist nach wie vor ziemlich unterrepräsentiert in Film und Fernsehen. Genau deswegen war es mir auch so wichtig, dass meine Protagonistin bi ist. Da neben dem Sugardaddy auch ihre Exfreundin auftaucht, wird Danielles Bisexualität für das Publikum überhaupt erst erkennbar. Das ist ja das Interessante an der Darstellung von Bisexualität oder überhaupt jeder Form von sexueller Fluidität: Es braucht mindestens zwei verschiedene Personen, um sie unausgesprochen sichtbar zu machen.
Es soll Menschen geben, die gewisse Verständnisschwierigkeiten haben, wenn es um Bisexualität haben. Damit hast du sicherlich auch Erfahrung, oder? Klar, auch bei meinen Eltern war das so. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass sie mich nicht akzeptierten. Aber ich realisierte, dass sie nicht wirklich wussten, was Bisexualität eigentlich bedeutet. Dass es eben nicht heisst, dass man ständig Abwechslung sucht und hin- und herswitcht. Oder die Sache nur eine Phase ist.
Wie erklärst du dir diese Vorstellung? Solche Gedanken sind kulturell tief verankert. Viel zu lange wurde Bisexualität einfach nicht ernst genommen, sondern bei Frauen als Zeichen von Promiskuität abgetan. Und bei Männern hiess es immer: Der ist nur noch nicht richtig geoutet. Dass das Thema selten zu sehen ist, tut sein Übriges.
Schaffst du Abhilfe, indem du künftig in jedem deiner Filme für bisexuelle Repräsentation sorgst? Das ist zumindest mein Wunsch. Einfach weil ich selbst bis heute viel zu selten das Gefühl habe, jemanden wie mich selbst zu sehen. Im Kino noch viel seltener als in Serien. Wenn ich meinen Beruf dazu nutzen kann, daran etwas zu ändern, wäre ich echt begeistert. Also mal sehen, ob es mir gelingt, positive Darstellungen von Queerness auf die Leinwand zu bringen, bei denen die sexuelle Identität nicht das eigentliche Thema oder gar einen Konflikt darstellt.
«Shiva Baby» läuft ab 11. Juni 2021 auf der Streamingplattform Mubi.
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