Schwuler Bauer Pierre: «Ich dachte, es behindert meine Karriere»

Der Franzose erzählt von seinem Leben in einer konservativen Branche

Bild: zvg
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Das Leben als Bauer ist hart. Einem schwulen Bauern stellen sich aber noch mehr Hindernisse in den Weg, wie Pierre Damonneville aus Frankreich erzählt.

Die Tage auf einem Bauernhof sind lang – 10 Stunden arbeitet der Bio-Milchbauer durchschnittlich. Auf seinem Hof in Villepail im Nordwesten Frankreichs hat er 130 Milchkühe und 250 Hektaren Grasanbau. Zusätzlich baut er gerade 15 Hektar Meslin, eine Mischung aus Triticale, Dinkel, Gerste, pflanzlichem Pech und Hafer, für die Kälber und Kühe an.

Ganz alleine muss Pierre seinen Hof aber nicht bewirtschaften. Er hat drei Angestellte, einen Lehrling und manchmal Saisonarbeiter*innen oder Praktikant*innen. Neben der Arbeit findet Pierre somit auch Zeit für sich. So geht er jeden Freitag ins Yoga und tanzt Discorock sowie Paartanz.

Ich war sicher, dass ich in der Landwirtschaft deswegen abgelehnt werde.

Der heute 41-Jährige ist stolz auf seine Arbeit als Landwirt. Seit er sieben Jahre alt ist, melkt der Bauernsohn Kühe. Schon da sei ihm klar gewesen, dass er Landwirt sein will. Da die Landwirtschaftsbranche sehr cis-heteronormativ geprägt ist, hatte er es aber als schwuler Bauer nicht nur leicht. Als junger Erwachsener verliebte er sich in einen Freund und entdeckte damit seine Homosexualität.

Doch er versteckte sie und blieb zwölf Jahre ungeoutet. Er konnte seine sexuelle Orientierung nicht akzeptieren, sagt Pierre gegenüber MANNSCHAFT. «Ich war sicher, dass ich in der Landwirtschaft deswegen abgelehnt werde und es meine berufliche Entwicklung behindern würde.» Erst Anfang Dreissig konnte Pierre zu sich stehen.

2017 hat er die Facebook-Gruppe «Agriculteur et gay et alors» gegründet, was so viel heisst wie «Bauer und schwul, na und?». Auslöser dafür war Guillaume Barbier, der erste offen schwule Bauer, der bei der Verkupplungsshow «L’Amour Est Dans le Pré» mitgemacht hat. Es ist die französische Version von «Bauer, ledig, sucht…» und Pierres Lieblingssendung. Damit wurde ihm klar, dass er nicht alleine ist und es noch mehr schwule Bauern geben muss.

Wir leben auf dem Land, da hat es mehr Kühe als Menschen.

«Das Ziel ist es, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen», erzählt Pierre. «Viele können sich selbst nicht akzeptieren und es hilft ihnen, sich nicht alleine zu fühlen. Wir leben auf dem Land, da hat es mehr Kühe als Menschen.» Es sei deshalb schwer, sonst einen Austausch zu finden. «Viele Bauern fragen nach meinem persönlichen Weg oder dem von Anderen.»

Auch heute noch ist die Landwirtschaftsbranche lange nicht so tolerant wie sie sein könnte. Pierre erfährt, dass viele nach aussen schweigen, insgeheim jedoch homophob denken und auch handeln. Er hat gelernt, damit umzugehen und zu seiner sexuellen Orientierung zu stehen – egal was die anderen denken mögen.

Denn: «Die kleinste Abweichung oder ein Ausrutscher und sie lassen uns teuer bezahlen». Er habe im Leben genug durchgemacht, dass er solche Rückschläge verarbeiten kann. Dennoch denkt er, dass viele diese Erfahrung nicht haben und deshalb aus Angst vor den Konsequenzen nicht zu ihrer sexuelle Orientierung stehen.

In unserer Reihe über schwule Bauern sprechen Mannschaft-Covermodel JeffMarc, Ziegenbauer Dirk und das Bauerpaar John und Jan über ihre Erfahrungen mit Homophobie in der Landwirtschaft.

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