«Sie hatten ein Problem damit, dass ich schwarz und schwul bin»
Alpha Barry über Rassismus und Homophobie
Schwarz, schwul und Moslem – eine Kombination, die viele Herausforderungen schafft. Der Saarländer Alpha Barry erzählt, was ihn zu dem Mann gemacht hat, der er heute ist.
Alpha Barry kam mit acht Jahren von der Elfenbeinküste nach Deutschland und wuchs im Saarland auf. Damals sprach er nur Französisch und die deutsche Kultur war ihm fremd. «Es war eine grosse Umstellung. Ich wusste nicht, was mich erwartet», erzählt Barry gegenüber MANNSCHAFT. Heute ist der 24-Jährige Krankenpfleger in Homburg und arbeitet nebenberuflich als Model.
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Erst in Deutschland hat der Barry Rassismus kennengelernt. «In der Grundschule wurde ich manchmal mit dem N-Wort angesprochen», erzählt er. Er wusste nicht, was es heisst. Seine Mutter meinte, er solle es ignorieren und darüberstehen. «Erst über die Jahre habe ich gelernt was das Wort bedeutet.» Das schlimmste Erlebnis, an das er auch heute noch manchmal denkt, geschah ebenfalls in der Grundschule. «Ich habe einen Stein an den Kopf bekommen, weil meine Hautfarbe hässlich sei», erzählt Barry.
In der Realschule war Rassismus dann weniger ein Thema, denn mit 13 Jahren hatte Alpha Barry sein Coming-out gegenüber seinen engsten Freund*innen. Obwohl er sich nur bei einigen Schulkolleg*innen geoutet hatte, verbreitete sich die Neuigkeit schnell in der ganzen Schule.
«Meine Homosexualität an sich war für die meisten nicht so schlimm. Sie hatten eher ein Problem damit, dass ich schwarz und schwul bin», sagt Barry. «Sie meinten, ich sei bestimmt der erste schwarze Schwule». Auch, dass es nicht richtig sei, als Mann oder Moslem schwul zu sein, habe er zu hören bekommen.
Homosexuell und Moslem? In der Elfenbeinküste ging Alpha Barry in die Koran-Schule und in die Moschee. Doch mit der Immigration nach Deutschland hat sich das geändert. Obwohl er als Moslem auf die Welt gekommen ist, ist ihm die Religion nicht so wichtig. Gerade als schwuler Mann sagen ihm die Regeln und Gesetze der Religionen weniger zu. «Warum sollte ich mein Leben nicht so leben können, wie ich möchte?», fragte er sich.
An Familientreffen und in der Moschee habe er ab und zu gehört, dass Homosexualität nichts Gutes ist. «Wenn deine Familie nicht so homofreundlich ist und du dann noch schwul bist, überlegst du es dir zweimal, ob du dich outen willst», erzählt Barry. Bei seinen Eltern hat er sich somit erst mit 17 Jahren geoutet.
«Ich dachte erst, es sei eine Phase», berichtet er. «So liest man das ja oft.» Mit 17 sei es für ihn aber schon sehr klar gewesen. Sein Coming-out ist aber besonders bei seiner Mutter gar nicht gut angekommen. «Ihre ersten Worte waren ‹Dafür wirst du in der Hölle brennen›», erzählt Barry. Da sie ihren schwulen Sohn nicht zuhause haben wollte, wohnte dieser zwei Wochen lang bei Freund*innen. «Die waren meine Rettung». Mit seiner Mutter hat er sich danach wieder versöhnt und sie haben nun sogar ein besseres Verhältnis als vorher.
«Es ist wichtig, dass Heteros bei der Pride mitlaufen»
Dass Jugendliche LGBTIQ von ihren Eltern rausgeworfen werden, ist leider nicht unüblich. Ein Paar aus den USA baut deshalb ein Heim für obdachlose LGBITQ. In seiner Kampagne für die Mr. Gay Germany Wahl 2019 ging es Barry darum auch um mehr Akzeptanz in der Community. «Jugendliche, die von zuhause rausgeworfen werden, sollen eine Unterkunft bekommen oder mit jemandem sprechen können», findet Barry. «Sie müssen sich sicher und wohl fühlen, das ist das wichtigste.»
Nicht bereit für schwarzen Mr. Gay? Wie zuvor schon Jonathan (MANNSCHAFT berichtete) erzählt auch Alpha Barry, wie er in den Kommentaren bei der Wahl als «Quotenschwarzer» bezeichnet wurde. Jemand meinte auch, die Community sei noch nicht bereit für einen schwarzen Mr. Gay. «Wir sind alle schwul und wollen akzeptiert werden, aber wenn dann ein Schwarzer kandidiert, ist das wieder schwierig», beschreibt Barry die Doppelmoral.
Geschlechterrollen interessieren ihn nicht «Wir kämpfen in der Community für Offenheit und Selbstbewusstsein. Aber wenn mal wirklich jemand selbstbewusst ist und das auch zeigt, dann führt das dazu, dass einige neidisch werden oder das nicht unterstützen.» Das zeige sich auch auf seinem Instagram-Kanal. Dort zeigt sich das Model manchmal auch von seiner femininen Seite. «Das findet nicht jeder Mann toll», sagt Barry.
Aussagen wie «Ich bin normal schwul» oder «Ich bin eben nicht so tuntig» kann er nicht mehr hören. «Ich finde, es sollte jeder so machen, wie er will.» In seiner Arbeit als Model werde er eben auch für explizit queere Jobs gebucht, wo mit den Genderklischees gespielt wird. «Mir macht das Spass», meint Barry.
https://www.instagram.com/p/CDJ2_YXIeBM/
Unter seinen über zehntausend Instagram-Follower*innen sind viele Jugendliche, die ihn nach Tipps fragen. «Wie oute ich mich?» oder «Wie komme ich damit klar, dass ich schwul bin?» gehören mitunter zu den häufigsten Fragen. Für diese Anliegen nimmt sich Alpha Barry gerne Zeit. «Mit einem Jungen habe ich über zwei Jahre lang geschrieben, bis er sich bei seinen Eltern geoutet hat», erzählt er. Da er türkischer Abstammung ist, habe dieser grosse Angst vor deren Reaktion gehabt. «Aber es verlief ganz gut», berichtet Barry.
«Manche verbringen lieber Jahre im Versteckten, bevor sie sich mit ihrer Sexualität beschäftigen», beobachtet er. Seinen jungen Follower*innen gibt er immer wieder den gleichen Tipp: «Seid erstmal mit euch selbst im Reinen!» In der Zeit zwischen dem Finden seiner eigenen Sexualität und dem Coming-out sei es wichtig, sich sicher und wohl zu fühlen, findet Barry. «Dafür ist es gut, eine*n Ansprechpartner*in zu haben – und manchmal bin das eben ich.»
https://www.instagram.com/p/B5lGvpgIGtn/
Alpha Barry hat es geschafft. Vom 8-jährigen Aussenseiter, der kein Wort Deutsch sprach, hat er es bis in die Vogue Italia geschafft. Seine Reichweichte nutzt Barry immer wieder, um auf Homophobie und Rassismus aufmerksam zu machen und zu mehr Toleranz aufzurufen. Auf Instagram schreibt er: «Jeder von uns sollte sich gegen Rassismus entscheiden, schliesslich möchte auch jeder von uns als der Mensch gesehen werden, der er im Innersten ist und nicht nur als Farbe oder Fehler der Natur.»
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