Ein Jahr Affenpocken in Europa: Keine Entwarnung!
Das Virus könnte sich verändern und ansteckender werden, heisst es aus Genf
Die WHO hat wegen Mpox-Ausbrüchen in zahlreichen Ländern 2022 eine internationale Notlage ausgerufen. Die Zahl der Affenpocken-Fälle ist zwar um 90 Prozent gesunken, Entwarnung gibt es von der WHO aber nicht, im Gegenteil.
In Deutschland sind die Affenpocken ein Jahr nach Beginn eines grösseren Ausbruchs kaum noch ein Thema – für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört der Erreger dennoch zu den drei gefährlichsten Virengruppen aus der Tierwelt. Sie sollten ständig überwacht werden. «Wir könnten in drei Jahren eine Virusvariante haben, die deutlich weniger gut einzudämmen ist – das ist ein echtes Risiko», sagte WHO-Affenpockenexpertin Rosamund Lewis der dpa vor einem markanten Stichtag.
Vor genau einem Jahr tauchte eine neue unheimliche Krankheit in Europa auf: Affenpocken, heute Mpox genannt. Die Angst ging um: Kommt eine neue Krankheitswelle auf die Welt zu, kaum dass die verheerende Coronavirus-Pandemie im Abklingen war? Grossbritannien meldete der WHO den ersten Fall am 7. Mai 2022. Die meisten neu betroffenen Länder haben die Ausbrüche mittlerweile wieder unter Kontrolle.
Die beiden anderen Virengruppen, die die WHO eng überwacht, sind Vogelgrippe auslösende Influenzaviren sowie Viren-Krankheiten, die durch Aedes-Mücken übertragen werden, darunter Dengue-Fieber, Gelbfieber, Zika und Chikungunya.
Das Mpox-Virus, das praktisch nur aus wenigen afrikanischen Ländern bekannt war, breitete sich 2022 plötzlich in grösserem Stil von Mensch zu Mensch in anderen Ländern aus. Der WHO wurden seit Anfang 2022 aus 111 Ländern mehr als 87’000 Mpox-Fälle gemeldet (Stand 25. April), darunter 130 Todesfälle. Bis heute gilt ein Gesundheitsnotstand, eine «Gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite» (PHEIC). Das ist der höchste Alarm, den die WHO verhängen kann.
«Es ist besorgniserregend, dass es aus seiner ökologischen Nische in Zentral- und Westafrika herausgetreten ist», sagte die Direktorin der WHO-Abteilung für Epidemie- und Pandemievorbereitung, Sylvie Briand, in Genf. «Das Virus könnte sich verändern, ansteckender werden oder eine anfällige Bevölkerungsgruppe infizieren, die bisher verschont geblieben ist», etwa Schwangere oder Kleinkinder. «In diesen Gruppen könnte die Krankheit einen deutlich schwereren Verlauf nehmen.» Bislang waren vor allem Männer betroffen, die Sex mit Männern haben (MANNSCHAFT berichtete).
Deutschland war unter den zehn Ländern mit den höchsten Fallmeldungen, hinter den USA mit mehr als 30’000 Fällen, Brasilien, Spanien, Frankreich, Kolumbien, Mexiko, Peru und Grossbritannien. Über die Verbreitung sagt das nur bedingt etwas aus. Nicht alle Länder haben ein gutes Überwachungssystem. Vor allem in afrikanischen Ländern gibt es nach WHO-Angaben begrenzte Testmöglichkeiten.
In Deutschland wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) seit Mai 2022 knapp 3700 Mpox-Fälle und kein Todesfälle übermittelt (Stand 28. April). Nach einem starken Anstieg gingen die Fallzahlen ab August deutlich zurück. Die grosse Mehrheit der Infizierten waren Männer, weniger als ein Prozent Frauen, Jugendliche und Kinder (MANNSCHAFT berichtete). Seit Ende Januar 2023 wurde laut RKI kein Fall mehr registriert. Das RKI warnt aber, dass die Zahlen steigen könnten, etwa, wenn im Frühjahr wieder mehr Veranstaltungen mit vielen Menschen stattfinden.
Es gibt drei Impfstoffe, die das Risiko einer Ansteckung deutlich verringern. Eine Mpox-Infektion überträgt sich unter Menschen durch engen Körperkontakt. Es bringt meist Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie einen Hautausschlag mit Pusteln mit sich (MANNSCHAFT berichtete). Das Virus stammt vermutlich ursprünglich von kleinen Säugetieren wie Sonnen- oder Streifenhörnchen oder Riesenhamsterratten. Mpox ist verwandt mit den seit dem 80er Jahren ausgerotteten klassischen Menschenpockenviren, die über Jahrhunderte gewütet hatten.
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