«Da sind keine Geschichten über neue Held*innen»
Filmemacher Janos über Bilder und Narrative in unseren Köpfen
Janos lebt seit 17 Jahren mit HIV. Der 39-Jährige kämpft aktiv gegen überholte Bilder und Narrative über HIV. Wie, das erklärt er im Interview.
Heute könne man gut mit HIV leben, heisst es. Stimmt das? Ja und nein. In der Schweiz ist der Zugang zu HIV-Medikamenten gut und ich selbst habe im institutionellen Bereich kaum Diskriminierung erfahren. In anderen Ländern ist das natürlich anders. Aber jede Erfahrung ist individuell. Das Problem liegt hierzulande woanders: Es geht um die alten Bilder, die wir alle in uns tragen. Das Problem ist in unseren Köpfen. Auch in der LGBTIQ-Community, übrigens.
Was meinst du damit? Wenn man zum Beispiel im zwischenmenschlichen Bereich kommuniziert, dass man HIV-positiv ist, kann es zu offener Ablehnung kommen. Partnerschaften können schwierig sein. Und dies, obwohl ich auf Grund meiner Situation vielleicht «safer» bin als andere.
Was ist zu tun? Die meisten Menschen kennen nur die belastenden Bilder und Geschichten von HIV aus den 1980er und 90er Jahren. Wir müssen deshalb unbedingt mehr über die neue Situation sprechen. Es braucht neue Narrative. Die alten Geschichten gehören entsorgt, weil sie keine Gültigkeit mehr haben.
Gibt es genügend Stoff für neue Narrative? Ja klar, aber er kommt nicht zum Tragen. Ich habe mich umgeschaut: Gibt es «neue Held*innen», die als Identifikationsfiguren das neue, wahre und heute richtige Narrativ über HIV erzählen? Als Filmemacher schaue ich da natürlich ins Kino und stelle fest: Da sind keine neuen Geschichten. Thematisiert werden die früheren Dramen aus dem letzten Jahrhundert. Nie das Hier und Jetzt. Damit werden die alten Bilder verfestigt, und die Stigmata bleiben.
Mit dir ändert sich das jetzt. Nicht nur mit mir, natürlich, aber ich hoffe ich kann meinen Beitrag leisten! Einerseits arbeite ich an einer Dokumentation über meinen eigenen Prozess, ein sehr persönlicher Essay-Film. Ziel ist, den Film im September bei der Filmförderung einzureichen. Mein zweites Projekt ist ein Spielfilm, mit dem ich breitere Kreise ansprechen und einen gesellschaftlichen Wandel befördern will. Das Drehbuch dazu entsteht im Moment.
Wie ist es dir ergangen nach der Diagnose? Die Diagnose erhielt ich mit 23, vor 17 Jahren. Jahrelang habe ich sie ignoriert, bis ich krank wurde! In einer Zeit, wo man nicht mehr krank werden muss, in der man mit Medikamenten gut leben kann. Manchmal wünschte ich, ich hätte mit 23 einfach meine Tabletten nehmen können. Das hätte mir vieles erleichtert, ich hätte diese ganze Leidensgeschichte nicht durchmachen müssen. Auf der anderen Seite ist es meine Erfahrung, welche mich motiviert, offen zu kommunizieren und Betroffenen zu helfen, es anders zu machen.
Neuinfektionen mit HIV soll es nicht mehr geben, das ist offizielles Ziel der Staaten, auch der Schweiz. Erreichen wir dieses Ziel? Auch hier spielen die Bilder und die Narrative eine zentrale Rolle. Wenn man Angst vor der Diagnose und den gesellschaftlichen Reaktionen hat und deshalb nicht zum Test geht, dann wird es weiterhin Neuinfektionen geben. Auch das Sicherstellen einer nachhaltigen Prävention ist ein wichtiges Thema. In der Schweiz sind Präventionsfragen noch nicht geklärt.
Über Janos
Janos ist Filmemacher und Kunstforscher. Er hat die letzten zwei Jahre damit verbracht, zu untersuchen, wie das anhaltende (und schockierende) Versagen des Kinos, akkurate, zeitgemässe Bilder und Erzählungen über das Leben mit HIV (heute) zu liefern, eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Stigmatisierung spielt. Derzeit realisiert er nicht nur einen Essayfilm über seine persönliche Geschichte, sondern ist auch dabei, einen Spielfilm zu entwickeln, der sich mit dieser kritischen Lücke in der kulturellen Darstellung befasst. Seit Frühling 2023 setzt er sich im Vorstand der Aids Hilfe Bern aktiv für die Belange von Menschen mit HIV ein.
Über Gilead Sciences
Gilead Sciences ist ein forschungsbasiertes biopharmazeutisches Unternehmen, das innovative Arzneimittel für medizinische Bereiche erforscht, entwickelt und vermarktet, in denen ein hoher Bedarf nach medizinischem Fortschritt besteht. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Versorgung lebensbedrohlich erkrankter Patient*innen weltweit voranzubringen und zu vereinfachen. Gilead hat seinen Hauptsitz in Foster City, Kalifornien, und besitzt Niederlassungen in mehr als 35 Ländern weltweit. Das Unternehmen fokussiert sich dabei auf die Bereiche HIV, Virushepatitis, Krebserkrankungen und COVID-19 – www.gileadswitzerland.ch
CH-UNB-0496 I Mai 2023
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