«Bi the Way» – Warum sind Frauenpartys wichtig?

Die MANNSCHAFT-Kolumne von Anna Rosenwasser

LGBTIQ-Partys sind schön und gut, doch es braucht auch Frauenpartys, meint Anna Rosenwasser in ihrer Kolumne* «Bi the Way». Denn: Einmal zur Mehrheit zu gehören, einmal nicht die Ausnahme zu sein – das flasht.

«Vielleicht ein Harness, Anna?» Viktor greift zur nächsten Moule, dann sieht er mich wieder erwartungsvoll an. «Ich hab‘ ein sehr schönes Harness. Ich könnt‘ das anziehen.» – «Eher nein», antworte ich. «Lesben ziehen keine Harnesses an eine Poolparty an. Darf ich so ein Pommes?»

Es ist Donnerstagabend, und Viktor und ich haben uns spontan auf ein Bier eingefunden. Es eskalierte zum Muschelessen. Und zu einer Outfitdiskussion für den kommenden Abend.

«Okay, kein Harness», lenkt er nun ein, seine Finger an der Serviette abtupfend, «also eher Sports Wear? Tennissocken, Sneakers, kurzes Höschen?» Ich muss lachen. «Alter, Sportsachen an einer Lesbenparty zu tragen ist was sehr anderes, als Sportsachen an einer Schwulenparty zu tragen. Wenn du morgen in Sportsachen erscheinst, glauben alle, du machst tatsächlich Sport.» – «Oh. Okay, keine Sportsocken. Vielleicht Highheels?»

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Manchmal organisiere ich Treffpunkte, um gemeinsam an Anlässe zu gehen, die primär für frauenliebende Frauen gedacht sind; damit frisch geoutete Menschen und solche, die noch keinen Fuss in der Szene haben, nicht alleine hingehen müssen. An diesen Treffpunkten frag ich dann gern in die Runde: Wer war noch nie an einer Frauenparty? Meistens heben dann einige schüchtern ihre Hand. Daraufhin strahlen meistens die anderen und sagen Dinge wie: «Du wirst es lieben.»

Ja, du wirst Frauenpartys lieben. Aber mir fehlen oft die Worte, wenn es um die Erklärung geht, warum. Vielleicht fangen wir einfacher an: Warum gibt es queere Frauenpartys, wenn wir doch auch an den meisten Partys der Community willkommen sind?

In Zürich, der Stadt, in der ich wohne, gibt es einen LGBTIQ-Club, mindestens eine Community-Party pro Monat und immer mittwochs eine queere Club-Nacht. Vor Corona jedenfalls.

Warum habe ich dann das (ausgeprägte!) Bedürfnis, mit bisexuellen, lesbischen und trans Frauen zu feiern, mit keinen oder nur wenigen Männern? Obwohl ich queere Männer und ihre Gesellschaft meistens sehr gern hab?

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Vielleicht liegt es an der Besucher*innen-Dynamik, die sich an geschlechterdurchmischten Partys gern wiederholt. Je später der Abend, desto weniger Frauen; oftmals sind auch an ausdrücklichen LGBTIQ-Partys schon von Anfang an Männer in der starken Überzahl. Das kann okay sein. Aber als bisexuelle Frau sehne ich mich, wie viele von uns Queers, auch einfach danach, mal nicht in der Minderheit zu sein. Mal nicht der Gast, für den ein Stuhl am Tisch freigeräumt wird. Sondern ein ganzer Tisch.

Ich bin gern an schwulen Feiern, ja. Aber ich betrete auch gerne einen Raum voller Frauen und denke: Wow, Frauen. Wenn ein, zwei Handvoll Jungs da sind (wie Viktor), ist das mega in Ordnung. Aber einmal zur Mehrheit zu gehören, einmal nicht die Ausnahme zu sein – das flasht.

Als ich am Freitagabend an der lesbischen Poolparty ankomme, denk ich dann tatsächlich als Erstes: Wow, Frauen. Und als Zweites: Wo ist Viktor? Ich finde ihn erst nach einigen Minuten. Er trägt Hemd und Hose. Unter der Mehrheit an Butches und Tomboys fällt er damit fast nicht auf.

*Die Meinung der Autor*innen von Kolumnen, Kommentaren oder Gastbeiträgen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.

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