Zum Schutz von LGBTIQ: Beauf­tragter fordert Grund­gesetz­änderung

Errungenschaften wie die Ehe für alle sollen nicht wieder zurückgedreht werden können

Sven Lehmann Queerbeauftragter der deutschen Bundesregierung (Bild: Cornelis Gollhardt)
Sven Lehmann Queerbeauftragter der deutschen Bundesregierung (Bild: Cornelis Gollhardt)

Vor genau 30 Jahren wurde die Strafbarkeit von Homosexualität endgültig aufgehoben. Zum Jahrestag mahnt Sven Lehmann an, einen stärkeren Diskriminierungsschutz in der Verfassung zu verankern.

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, dringt auf eine Grundgesetz-Änderung zum besseren Schutz queerer Menschen in Deutschland. Anlässlich des 30. Jahrestags der Aufhebung der Strafbarkeit von Homosexualität in Deutschland warb der Grünen-Politiker dafür, diese Gruppe noch stärker als bislang vor Diskriminierung zu schützen. «Queere Menschen sind die letzte von den Nazis verfolgte Gruppe, die noch keinen expliziten Schutzstatus im Grundgesetz haben», sagte Lehmann der Deutschen Presse-Agentur.



Artikel 3 des Grundgesetzes verbiete zwar die Diskriminierung aufgrund von Merkmalen wie etwa Geschlecht, Herkunft oder Glaube. Was aber bislang fehle, sei das Merkmal der sexuellen Identität. «Ein ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Schutz ist wichtig, auch damit bestimmte Errungenschaften wie die Ehe für alle (MANNSCHAFT berichtete) nicht wieder zurückgedreht werden können.» Auch angesichts zunehmender Angriffe durch Rechtsextreme und religiöse Fundamentalisten brauche es einen besseren verfassungsrechtlichen Schutz, erklärte Lehmann.

Vor 30 Jahren, am 11. Juni 1994, sei der Artikel 175 des Strafgesetzbuches endgültig aufgehoben worden, betonte der Queer-Beauftragte. Er sei ein «dunkles Kapitel deutscher Geschichte», das Leben zerstört habe.

Der 1871 eingeführte Paragraf hatte die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern jahrzehntelang unter Strafe gestellt. Im Jahr 1969 war die Strafbarkeit homosexueller Handlungen zwar bereits gelockert worden – die vollständige Aufhebung kam aber erst 1994. Seitdem gelten für homo- und heterosexuelle Handlungen in Deutschland gleiche Schutzaltersgrenzen.

Dass der Artikel so lange bestehen konnte, zeigt aus Sicht von Lehmann, dass das Grundgesetz in seiner jetzigen Form «staatliche Menschenrechtsverbrechen» an queeren Menschen nicht verhindern konnte. Deshalb gebe es hier dringenden Nachschärfungsbedarf.

Die Verankerung von sexueller Identität als Diskriminierungsmerkmal im Grundgesetz steht auch als Vorhaben im Koalitionsvertrag. Dies umzusetzen wird indes nicht einfach: Für eine Grundgesetzänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat.

Lehmann begrüsste in diesem Zusammenhang Unterstützungssignale aus CDU-geführten Landesregierungen. Die Regierung von Kai Wegner in Berlin habe beispielsweise eine Bundesratsinitiative zur Ergänzung von Artikel 3 angekündigt, sagte Lehmann. Positive Signale kämen auch aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Lehmann appellierte auch an den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und die Unionsfraktion im Bundestag, sich hinter das Vorhaben zu stellen.

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