Wegen Aktivismus für die Ukraine: Schwuler Künstler wird bedroht
Der Berliner erhält hässliche Nachrichten
Jeden Tag ein Selfie: Der Berliner Stylist Frank Wilde positioniert sich deutlich und farbenfroh für die Ukraine. Das ist auch russischen Propagandisten nicht verborgen geblieben.
Schon eine ganze Weile postet Frank Wilde, der seit über 20 Jahren immer wieder als Stylist von Sarah Connor arbeitet und auch aktivistisch tätig ist, täglich bei Instagram Fotos, die ihn in seinem Aufzug zeigen, vor dem zerkratzten Spiegel. In immer neuen Outfits, mal mit Regenbogenflagge, mal mit Freund*innen, auch der DHL-Bote ist gelegentlich zu sehen. Mal trägt Wilde mehr, mal weniger, mal gar nichts.
Mit Beginn der neuerlichen Aggressionen Russlands gegen die Ukraine Ende Februar beschliesst Wilde, seine Solidarität mit dem Land in Bildern zum Ausdruck zu bringen. Zwei Tage vor dem russischen Einmarsch am 24. Februar zeigte er sich mit Putin-Maske, einer blutroten Hand und einem Messer mit langer Klinge. Seither sind vor allem die Farben Blau und Gelb auf Wildes Account zu sehen.
Seine Bilder sprechen für sich, er kommentiert sie nicht mit Friedensparolen, ausser in Hashtags wie #Stopputin oder #NoPrideWithoutUkraine. Manche seiner Outfits tragen kurze prägnante Botschaften wie «No War» oder «Peace». Wilde erklärt gegenüber T-Online :«Ich bin ein sehr politischer Mensch und finde es absolut wichtig, dass die Ukraine verteidigt wird.»
Seine Bilder-Serie sorgt für Aufsehen, nicht nur in der Ukraine, wo dankbar über ihn berichtet wird. Etwa in der dortigen Vogue oder im «The Village», dem ukrainischen Kunstmagazin; weitere Artikel und Beiträge folgten. Auch der staatliche russische Propagandasender Rossija 1 hat schon über Wilde berichtet. Dort hiess es laut T-Online, Wilde unterstütze das umkämpfte Land mit «freizügigen Fotos». Mit solchen Freunden bräuchten die Menschen in der Ukraine keine Feinde mehr, hiess es.
Seitdem erhält der Berliner vermehrt hässliche Nachrichten. «Ich werde auch teilweise bedroht», so Frank Wilde gegenüber MANNSCHAFT. Die Nachrichten sind mal auf Deutsch, mal Russisch. «Es sind fast immer Bots», erklärt Wilde. «Accounts mit keinen Posts und ganz wenigen Followern und ohne Profilbild.»
Anfeindungen hat Wilde auch früher schon erlebt. Oft von Schwulen, die finden, dass er sich wichtig mache und versuche, allzuviel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wie er vor zwei Jahren dem österreichischen Vangardist erzählte. Aber in den sozialen Medien gebe es nunmal unglaubliche Chancen, Menschen zu erreichen und sie zu inspirieren und zu bereichern. «Mein Trick ist, dass ich gerne verführe, mit Bildern, die ästhetisch anspruchsvoll sind, mit Texten, die oft sehr intim sind und einer grundlegend humanistischen Lebenseinstellung folgen, die sich in meinen Beiträgen immer widerspiegelt», so Wilde damals.
Wenn man ihn heute bittet, er möge auf sich aufpassen, entgegnet Wilde: «Jeder sagt mir: ,Pass auf Dich auf!‘ Wie soll ich denn konkret auf mich aufpassen?» Dabei hat er damit ja schon angefangen. Als das ukrainische Fernsehen kam, um über ihn zu berichten, empfing er das Team zu Hause in seiner Wohnung. Das würde er jetzt nicht mehr machen.
Derweil sind fast sechs Monate nach Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine vergangen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Montag nochmal das Ziel einer kompletten Einnahme des Donbass bekräftigt. Die russische Armee erfülle in den «Volksrepubliken Donezk und Luhansk» ihre Aufgaben, sagte der Kremlchef auf einem Militärforum in der Nähe von Moskau im Park «Patriot» vor internationalen Gästen.
Der Aktivismus von Frank Wilde gegen den Krieg geht unvermindert weiter, auch auf anderer Bühne. Als Russland in der Ukraine einmarschierte, war er er gerade mitten in den Vorbereitungen für die neue Tour von Sarah Connor gewesen. Die war laut Wilde mal «hot und sexy» geplant. Das, fand er, ging aber jetzt nicht mehr.
Also schlug er der «Vincent»-Sängerin vor, ein schlichtes Shirt mit dem Aufdruck «No War» darauf zu tragen. Mit dieser Botschaft sei Connor dann über die gesamte Tour auf die Bühne gegangen.
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