Mobilität der Zukunft: Wie sieht das Autofahren in zehn Jahren aus?

Quo volvis, vehiculum? – Auto und Mobilität im Umbruch und was und auf den Strassen der Zukunft erwartet

Flugtaxis und autonom fahrende Autos sollen schon bald unser Stauproblem lösen. (Bild: Adobe Stock)
Flugtaxis und autonom fahrende Autos sollen schon bald unser Stauproblem lösen. (Bild: Adobe Stock)

Quo volvis, vehiculum? – «Wohin rollst du, wertes Auto?», lautete die sinngemässe Leitfrage dieses Beitrags. Einmal ins Thema eingetaucht, wurde eines klar: Es geht nicht um die Zukunft der Autos, sondern vielmehr um diejenige unserer Mobilität. Was uns alles erwartet.

Im Zuge der Digitalisierung haben Amazon, Alibaba und weitere Onlineshops einen massiven Shop-Abbau in Innenstädten und Shoppingzentren ausgelöst. Ähnliches blüht künftig Autokonzernen und Verkehrsbetrieben: Während diese jahrzehntelang in die «Hardware» wie Fahrzeuge und Infrastruktur investiert haben, orientieren sich disruptive Pendants am individuellen Mobilitätsbedürfnis der grossen Masse.

Diesem begegnen sie mit Softwarelösungen, die eine effiziente, flexible und günstige Beförderung von A nach B bieten. Uber und Wundercar als Taxigegenstück oder Blablacar und Flinc als Plattform für Mitfahrgelegenheiten sind die ersten Alternativen zum eigenen Auto oder zum öffentlichen Verkehr.

«Mobility to go»: nutzen statt besitzen Die Mobilität der Zukunft ist kein Entweder-oder, wie die Trendstudie des deutschen Zukunftsinstituts oder die Mobilitätsstudie des GDI und der Schweizerische Bundesbahnen SBB zeigen: Wir werden uns in Zukunft nicht für oder gegen ein Verkehrsmittel entscheiden, sondern dasjenige nutzen, das für unser jeweiliges Mobilitätsbedürfnis am effizientesten ist.

Wir werden künftig über alle Verkehrsmittel verfügen, ohne diese je besitzen zu müssen – vom öffentlichen Verkehr über selbstfahrende Autos bis hin zu Elektrovelos: Dank eines Mobilitätsabos werden wir null Verpflichtungen, aber hundert Prozent Mobilität haben – wo und wann immer wir sie brauchen, ohne dabei an «systembedingte Abhängigkeiten» wie Fahrpläne, Haltestellen oder Parkplätze gebunden zu sein.

Hardware verschmilzt mit Software Diese Ad-hoc-Mobilität wird zwangsläufig neue Kooperationen ins Leben rufen, was jüngst bei Volkswagen zu beobachten war: Der Wolfsburger Autokonzern hat mit dem chinesischen Autobauer FAW das Gemeinschaftsunternehmen «MOSI» (Mobile Online Services Intelligent) für digitale Mobilitätsdienste gegründet. Was zunächst als digitaler Mehrwertdienst die individuelle Kundennachfrage bei Elektroautos besser abdecken soll, wird auch für Drittanbieter offen sein, die einen weiteren Teil des automobilen Ökosystems bilden. Denkbar sind hierbei bestehende öffentliche Verkehrsbetriebe für eine kombinierte Mobilität.

In der Schweiz arbeitet die SBB bereits an kombinierter Mobilität – von Mietfahrrädern über Carsharing via Mobility und Park+Ride bis hin zu Bahn-, Bus- und Tramverbindungen. Allerdings müssen die Verkehrsteilnehmer*innen zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort sein, was dem individuellen Mobilitätsbedürfnis widerspricht. Überdies sind die Preise im Vergleich zum Individualverkehr nach wie vor zu hoch, weshalb der Umstieg vom Auto auf den ÖV noch nicht geglückt ist.

Übergangsszenario Flatrate-Miete Technologien hin oder her – wir Menschen sind Gewohnheitstiere und verändern unser Verhalten nur sehr langsam. Darum wird es auch dauern, bis wir vom Besitzen zum Teilen übergehen. Ein Beispiel: Obwohl das eigene Auto heutzutage 90 % ungenutzt herumsteht, tun wir uns schwer damit, unser Auto in der restlichen Zeit zu vermieten, weshalb Sharing-Plattformen wie Sharoo nur schleppend ins Rollen kommen.

Einen ersten Schritt zur Philosophie des Teilens bilden Geschäftsmodelle wie dasjenige von Carvolution: Das Schweizer Start-up bietet die Freiheiten eines eigenen Autos im monatlichen Flatrate-Abo – inklusive Zulassung, Versicherung, Steuern, Vignette, Bereifung, Service, Wartung und Pannendienst. Nur tanken muss jeder noch selbst.

Im Vergleich zum Carsharing bleiben Kund*innen von Carvolution zeit- und ortsunabhängig, als gehörte ihnen das Auto, allerdings ohne all die Verpflichtungen wie beim Kauf oder Leasing: Die Mindestlaufzeit eines Mietvertrags liegt bei drei Monaten. Auch ein Fahrzeugwechsel ist gebührenfrei bereits nach einem halben Jahr möglich, womit sich das Angebot den eigenen Lebensumständen wie Berufswechsel, Umzug vom Land in die Stadt oder Sabbatical anpasst.

1,9 Mrd. Franken Staukosten. Dabei liesse sich das einfach verhindern.

Staureduktion dank Flugtaxis? Eine Zukunftsidee, die die Deutsche Bahn unterstützt, ist das «Urban Air Mobility Projekt der EU-Kommission» – CO2-neutrale Flugtaxis im Drohnenformat. Diese sollen den Nahverkehr in Grossstädten und Agglomerationen vom Stau befreien. Ein solches Flugtaxi kann bis zu fünf Personen transportieren, was gegenüber der derzeitigen Blechlawine mit ein bis zwei Personen pro Fahrzeug schon viel effizienter ist. Ferner würde die Fluggeschwindigkeit von 300 Kilometer pro Stunde die einzelnen Arbeitswege deutlich verkürzen.

So zukunftsträchtig diese Idee, die an «The Jetsons» – die Zeichentrickserie aus den 60ern – erinnert, auch sein mag, so viel rascher liessen sich die aktuellen Stauprobleme lösen, indem wir unsere wirtschaftlichen Gewohnheiten des letzten Jahrhunderts abstreiften: Die Präsenzzeit eines «9-to-5-Jobs», bei der ein Grossteil der Bevölkerung morgens, mittags und abends sämtliche Strassen, Autobahnen und den ÖV verstopft. Mit volkswirtschaftlichen Kosten von 1,9 Mrd. Franken, wie das Schweizer Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) 2015 errechnet hat.

Davon entfallen 70 Prozent auf reine Zeitkosten, 24 Prozent auf Unfälle. Den Rest teilen sich staubedingte Energie-, Klima- und Umweltkosten. Ein Ende ist nicht in Sicht, wie die aktualisierte ARE-Stauzeitkosten-Tabelle zeigt: Demnach sind diese zwischen 2015 und 2017 erneut um fast 130 Mio. Franken angewachsen. Wertvolle Arbeits-, Familien- oder Freizeit, die flöten geht, weil unsere Unternehmen, Schulen und Behörden trotz unserer 24/7-Welt und Dauervernetzung lieber in der Vergangenheit verharren. Dabei liesse sich der Löwenanteil der Staukosten sofort und ohne teuren Infrastrukturausbau reduzieren – und zwar mittels gestaffelten Arbeits- und Präsenzzeiten (Schichtbetrieb im gesamten Dienstleistungssektor), Videokonferenzen oder alternativen Arbeitsformen wie Homeoffice. Eine solche Verhaltensänderung könnte auch für Familien und Student*innen förderlich sein, weil sie so Arbeit und Familie bzw. Studium besser vereinbaren könnten.

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