Linke rechnet mit Queer­politik der Ampel ab

Der Queerbeauftragte der Bundesregierung sei «zu einer tragischen Figur geworden»

Foto: Isi Parente/Unsplash
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Egal ob Aktionsplan oder Selbstbestimmungsgesetz: Die Bundessprecher*innen von die Linke.queer, Daniel Bache, Frank Laubenburg, Luca Renner und Maja Tegeler sprechen von der Koalition des queerpolitischen «Abbruchs».

Die Linke.queer lässt kein gutes Haar an der Ampelkoalition, die bei ihrem Amtsanstritt von einem queerpolitischen Aufbruch gesprochen hatte (MANNSCHAFT berichtete). «Nicht nur die Halbzeit der Regierungskoalition ist mittlerweile vorbei, sondern auch das Vertrauen darauf, dass es noch zum von SPD, Grünen und FDP angekündigten queerpolitischen Aufbruch kommt. Vielmehr ist die Situation für queere Menschen derzeit schlechter als vor dem Antritt der Ampel», erklären die Sprecher*innen in einer Pressemitteilung.



Die Straftaten gegen queere Menschen im Alltag und auf Veranstaltungen zum Christopher Street Day dürften 2023 einen noch nie dagewesenen Höhepunkt erreichen. «Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt dümpelt vor sich hin». Doch erst Mitte 2025 solle «geprüft» werden, ob die Massnahmen umgesetzt wurden.

Die medizinische Versorgung mit HIV- und Prep-Medikamenten sei in der Bundesrepublik derzeit nicht gewährleistet; es herrsche ein akuter Notstand, der noch mehrere Monate andauern solle (MANNSCHAFT berichtete). Die Hauptbetroffenengruppe dieses Versagens seien Männer, die Sex mit Männern haben. «Viel zu spät uns völlig unzureichend hat die Bundesregierung auf diese Entwicklung reagiert. Est in dieser Woche erklärte sie zynisch, ein Lieferengpass aufgrund unternehmerischer Entscheidungen lasse sich nie vollumfänglich ausschliessen.»

Laut Dägna, der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzt*innen in der Versorgung HIV-Infizierter, scheint sich zwar die akute Mangellage der vergangenen zwei Monate zu entspannen. Doch niemand könne einschätzen, ob im März wieder normal geliefert werde

Bei der Bestellung von Impfstoffen gegen Affenpocken (Mpox) hatte die Bundesregierung laut Linke.queer die Anzahl der zu Impfenden «künstlich heruntergerechnet» und dadurch die Impfung zahlreicher Männer, die Sex mit Männern haben, verhindert. Bis heute sei nicht flächendeckend gewährleistet, dass Menschen sich gegen Mpox impfen können, ohne in finanzielle Vorleistung treten zu müssen.

Auch die medizinische Versorgung von trans Personen sei im Bereich der Transition nicht mehr gewährleistet. Das Bundessozialgericht habe darauf aufmerksam gemacht, dass hierfür gesetzliche Grundlagen bzw. Beschlüsse des gemeinsamen Bundesausschusses fehlten. Die Linke.queer weise seit Jahren auf die Notwendigkeit klarer gesetzlicher Regelungen hin, doch die Bundesregierung schweige.



Selbst die Vereinfachung der Regelungen im Personenstandsrecht durch ein sogenanntes Selbstbestimmungsgesetz verzögere sich weiterhin. Zahlreiche Betroffenen warteten seit Jahren auf ein umfassendes Selbstbestimmungsgesetz und würden von der Bundesregierung hingehalten. Zudem enthalte der vorliegende Gesetzesentwurf weiterhin diskriminierende Regelungen, die ein inakzeptables Misstrauen gegen trans offenbaren.

Visa für queere Menschen, die in Russland, Uganda und anderswo aktuelle existentiell bedroht sind und das Land verlassen wollen, stelle die Bundesrepublik so gut wie nicht aus. Ein Aufnahmeprogramm existiere nicht. Vielmehr werde mit der Zustimmung zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) sogar das Recht auf eine individuelle Prüfung von Asylanträgen zerstört; gerade vulnerable Gruppen sind davon besonders betroffen.

Auch die Umsetzung des «Queeren Aktionsplans» auf Bundesebene komme nicht in die Pötte. Die vom Queerbeauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann, wiederholt versprochenen 70 Millionen Euro für die Umsetzung des Plans und damit verbunden für die Förderung queerer Initiativen und Verbände gebe es «schlichtweg nicht».

Die Linke.queer habe von Beginn an zudem die inhaltlichen Defizite des Aktionsplans kritisiert. Hier sei bis heute nicht nachgebessert worden, soziale Aspekte blieben völlig unterbelichtet. Verbände schätzen laut Linke.queer, dass es deutschlandweit mindestens 45.000 queere Wohnungslose gebe, darin enthalten etwa 3.700 Obdachlose. Die Dunkelziffer dürfte laut Linke.queer höher liegen. Hier brauche es nicht nur einen Paradigmenwechsel in der Wohnungs- und Sozialpolitik, sondern eine zielgruppenspezifische Strategie. Emanzipation sei immer mit der sozialen Frage verbunden. «Das sieht die Bundesregierung nicht», heisst es in der Pressemitteilung.

Während sich Millionen von Menschen in der Bundesrepublik auf Demonstrationen gegen die Rechtsentwicklung und den von Rechts geführten Kulturkampf wendeten, schienen Bundesregierung und Regierungsparteien nicht bereit oder in der Lage, mit einer konsequent fortschrittlichen Sozial- und Gesellschaftspolitik gegenzuhalten.

Der Queerbeauftragte der Bundesregierung ist zu einer tragischen Figur geworden. Seine persönliche Glaubwürdigkeit massiv beschädigt.

«Der Queerbeauftragte der Bundesregierung ist dabei mittlerweile zu einer tragischen Figur geworden. Seine Ankündigungen haben sich nicht erfüllt, sein Einfluss auf die Bundesregierung, der er als parlamentarischer Staatssekretär selbst angehört, ist verschwindend gering, seine persönliche Glaubwürdigkeit massiv beschädigt.»

Notwendig sei nun, die CSD-Saison zu politischen Manifestationen für eine konsequente, soziale Queerpolitik und gegen den rechten Kulturkampf zu machen.

Anti-queere Gesetze haben einen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden der Betroffenen und können zu einer höheren Suizidrate führen. Das zeigt eine neue Studie aus den USA (MANNSCHAFT berichtete).

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