Die Couple of Men machen Urlaub in … Deutschland

Der Städtetrip lässt sich gut mit einem Ausflug in den Spreewald kombinieren

Die Couple of Men auf Pilzsuche
im Branden­burger Wald. (Bilder: Couple of Men)
Die Couple of Men auf Pilzsuche im Branden­burger Wald. (Bilder: Couple of Men)

Die Corona-Massnahmen werden langsam gelockert, viele Länder öffnen wieder ihre Grenzen. Doch die Auswirkungen hallen nach – vor allem in der Reisebranche. Deswegen soll der Urlaub jedoch nicht ins Wasser fallen, finden Karl und Daan von «Couple of Men» aus Amsterdam: Für einen Tapetenwechsel muss man nicht Tausende Kilometer fliegen. Das Reiseblogger-Paar besuchte Brandenburg und Dresden, die Heimatstadt von Karl.

«Dresden – hier wurde die Schönheit erfunden», schrieb der Schriftsteller Johann Joachim bereits im Jahr 1755. Recht hat er, denn schon im 18. Jahrhundert war die heutige sächsische Landeshauptstadt aufgrund ihrer einzigartigen Sammlung an Kunstwerken weltweit bekannt. Neben ihren Kulturschätzen und dem fast südeuropäisch anmutenden Flair, nimmt Dresden einen besonderen Platz in unserem Herzen ein, wurde sie doch zu Karls Heimatstadt. Im südlich gelegenen Erzgebirge aufgewachsen, zog er nach seinem Coming-out in die sächsische Metropole.

Die jüngere Geschichte der Stadt ist bewegt. Nach einer schweren Bombardierung im Februar 1945 war die Innenstadt komplett zerstört und der Wiederaufbau des alten Stadtkerns kam erst in den Neunzigerjahren – nach der Wiedervereinigung Deutschlands – so richtig in Schwung. Seit 2011 gehört Dresden zu den am schnellsten wachsenden Grossstädten in Deutschland und rangiert mit derzeit über 560 000 Einwohner*innen unter den 15 grössten Städten der Bundesrepublik.

Das Wachstum kommt nicht von ungefähr. Dresden hat in den vergangenen Jahren viel investiert, um sowohl die Lebensqualität der Bevölkerung als auch den Reiz für Tourist*innen zu erhöhen. Die hier ansässigen Hochschulen – darunter Karls Alma Mater, die renommierte Technische Universität Dresden – ziehen jährlich rund 37 000 Studierende an, die der Stadt einen Hauch jugendlicher Weltoffenheit verleihen. Der Kosmopolitismus kann nicht schaden, im Gegenteil. Gerade für LGBTIQ-Menschen sowie Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund ist die politische Lage im Hinblick auf die eher konservative und rechtslastige Partei­landschaft nicht immer einfach.

dresden frauenkirche
dresden frauenkirche

30 Jahre sexuelle und geschlechtliche Vielfalt «Dresden ist eben ambivalent – wunderschön und weltoffen auf der einen, kleinbürgerlich und rechtskonservativ auf der anderen Seite», erzählt uns Alexander Bahr vom Gerede e.V., dem Dresdner Verein für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Auch Karl, der von 2002 bis 2011 in der sächsischen Landeshauptstadt lebte, engagierte sich mehrere Jahre ehrenamtlich im Verein, der als eine der grössten queeren Organisationen der neuen Bundesländer gilt.

Alex ergänzt: «Ich fühle mich sehr wohl in Dresden, vor allem wenn ich mich in meinen eigenen Blasen und alternativen Kreisen bewegen kann. Dem etwas anderen Lebensstil links der politischen Mitte bietet die Dresdner Neustadt mit ihrer bezeichnenden Kultur das ideale Zuhause.»

Als Anlaufstelle für LGBTIQ-Menschen in der ganzen Region kann der Verein Gerede e.V. diesen Sommer auf über 30 Jahre Sensibilisierungs-, Unterstützungs und Community-Arbeit zurückblicken. Hut ab! «Und es geht weiter, auch wenn die aktuelle Krise für alle ein Umgewöhnen und Anpassen nötig macht», sagt Alexander. «Die Anfragen für Beratungs- und Fortbildungsangebote nehmen wieder stark zu. Wenigstens in diesem Jahr stehen uns noch Fördermittel zur Verfügung. Wir sind und bleiben offen für die Community.»

«The Bean» und Lori Lightfoot – Chicago bietet mehr!

Anders und alternativ: die Dresdner Neustadt Wir sitzen mit einem Getränk im Alaunpark, der sich als grüne Lunge der Neustadt perfekt dazu eignet, mit Einheimischen in Kontakt zu treten, zu chillen und den bunten Puls dieses Viertels zu geniessen. Alexander hat recht: Auch wir fühlen uns in der Neustadt sehr wohl. Karl freut sich besonders, denn hier werden Erinnerungen an gemeinsam verbrachte Stunden mit Freund*innen wach. Überall gibt es kleine Geschäfte, Restaurants und Bars zu entdecken, die multikulturelles Einflüsse mit internationalen Flair vereinen. Auch die Community ist hier mit diversen Lokalitäten zuhause, unter anderem die Bar Boys an der Alaunstrasse oder die Café Bar Valentino auf der Jordanstrasse. Selbst eine Sauna und ein Fetischclub sind in der Dresdner Neustadt vertreten.

couple of men
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Danke, lieber August Doch was macht Dresden für Tourist*innen so interessant und besonders? Kunst! Kultur! Architektur! Die Dresdner Altstadt gehört mit ihren Museen und Einkaufsmöglichkeiten zuoberst auf die Prioritätenliste. Auch die Natur gehört an dieser Stelle erwähnt, ist doch kein Dresdner Stadtbesuch komplett ohne einen Abstecher in den Grossen Garten, zu den Villen am Elbufer flussaufwärts und an die Dresdner Heide im Norden. Wer sich nach noch mehr Natur sehnt, setzt sich am besten in die S-Bahn in Richtung Elbsandsteingebirge.

Ihren Ruf als Kunst- und Kulturstätte hat Dresden zu einem grossen Teil dem wohl berühmtesten Sachsen zu verdanken: August der Starke. Im ausgehenden 17. Jahrhundert brachte der Kurfürst und Herzog von Sachsen und König von Polen-Litauen seine Leidenschaft für Porzellan nach Dresden. Ein Besuch des städtischen Zwingers mit der Porzellansammlung und des Grünen Gewölbes sollte daher unbedingt auch auf der To-Do-Liste für Dresden stehen.

couple of men
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Das Schöne an dieser Stadt ist, dass es kaum eine Rolle spielt, zu welcher Jahreszeit man ihr einen Besuch abstattet. Zu Karls persönlichen Höhepunkten zählen der CSD Dresden im Juni und das Stadtfest Dresden, die dieses Jahr aufgrund von Corona auf den 5. September respektive auf den 3. Oktober verschoben wurden. Nicht zu vergessen ist der Striezelmarkt im Dezember, der zu den ältesten und schönsten Weihnachtsmärkten Deutschlands zählt.

dresden couple of men
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Dresden und die Elbe Gemeinsam laufen wir durch die Neustadt entlang am Goldenen Reiter hinunter zum Elbufer und sitzen mit einem Eis im Gras der Elbnordseite. Dabei beobachten wir das rege Treiben auf der Brühlschen Terrasse vor der beeindruckenden Kulisse des Dresdner Altstadtpanoramas. Während die Dampfschiffe in Richtung Bad Schandau und Meissen aufbrechen, erzählt uns Alex, dass die Filmnächte am Elbufer auch in diesem Jahr stattfinden, zumindest in einer abgespeckten Variante. Dabei werden auf einer riesigen Leinwand Kinofilme unter freiem Nachthimmel gezeigt. Das Dresdner Schloss, die Schlosskirche, das Museum Albertinum und die Frauenkirche sind dabei immer im Blickfeld.

couple of men
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Apropos Nachthimmel: Wie sieht es mit den Ausgehmöglichkeiten in Dresden aus? Karl erinnert sich, dass zu seiner Zeit regelmässig Partys und LGBTIQ-Events stattfanden. «Das Nachtleben in Dresden ist in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Immer wieder finden schwule Partys statt, vor allem im Sommer. Doch auch in der alternativen Underground-Szene tut sich etwas, gerade mit queer-feministischem Background», erklärt Alex. «Das queer-feministische ‹All-grrrlz›-Konzertkollektiv von Böse und Gemein zum Beispiel versucht dabei Freiräume zu gestalten, in denen wir alle so sein können, wie wir sind und sein möchten. Und das ist wichtig, gerade in einer Zeit, in der auch die LGBTIQ-Community mit einem Rechtsruck in der Gesellschaft und zunehmender Gewalt weltweit zu kämpfen hat.» Alex blickt über die Elbe und ergänzt mit einem Lächeln: «Ja, ich fühle mich wohl in Dresden und hoffe, dass es noch vielen bei einem Besuch auch so gehen wird.»

Wandern und saure Gurken Wir nehmen die sonnigen Momente aus Dresden mit auf den Weg in Richtung Norden, in Richtung Berlin und tun es damit vielen Queers aus Dresden gleich, die gerne mal am Wochenende die Partyluft der deutschen Hauptstadt schnüffeln wollen. Berlins steht für uns aber nicht auf dem Programm. Wir hängen unserem Dresden-Aufenthalt ein paar naturverbundene Tage im Spreewald an. Südöstlich von Berlin im schönen Brandenburger Land gibt es für uns Erholung pur mit langen Spaziergängen durch das Biosphärenreservat Spreewald mit der ein oder anderen Spreewälder sauren oder salzigen Gurke.

couple of men
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Neben dem Scharmützelseegebiet und dem Naturpark Dahme-Heideseen gilt die Region als Erholungsgebiet für viele Menschen aus Berlin, Brandenburg und auch Sachsen, die nicht den weiteren Weg bis an die Ostsee machen wollen. Im letzten Herbst verbrachten wir einen Kurzurlaub an einem See irgendwo zwischen Berlin und Frankfurt an der Oder, sammelten frische Steinpilze im dichten Brandenburger Wald und statteten dem Tropical Islands einen Besuch ab. Tropische Inseln in Brandenburg? Nun ja, auch wenn die Sommer immer heisser werden, wird es in Brandenburg eher trockener als tropischer. Mit dem Tropical Islands ist natürlich das tropische Erlebnisbad in einem ehemaligen Zeppelinhangar gemeint.

Verliebt in Toronto – zu zweit in Kanada

Reisepläne 2020: Deutschland & Co Das Reisen wurde in diesem Jahr für uns alle ein Stück weit schwieriger. Doch wir bleiben zuversichtlich, dass es es bald auch wieder von Balkonien hinaus in die Welt gehen kann. Ein guter Start ist natürlich ein Urlaub irgendwo in einer anderen Ecke des Landes, oder im nahen Ausland. Vielleicht bietet 2020 auch die beste Gelegenheit, endlich die vielen Städte, Natur- und Bergwelten zu entdecken, die vor unserer Haustüre liegen? Neben Sachsen und Brandenburg steht Mecklenburg-Vorpommern auf unserem Reiseplan. Wir haben vor, das Beste daraus zu machen!



Sehenswertes in Deutschland

Elbsandsteingebirge – Sachsen Wer gerne wandert, klettert oder sonst viel Zeit in der Natur verbringt, wird sich hier so richtig wohlfühlen. Die Sächsische Schweiz im Elbsandsteingebirge gilt als eine der beeindruckendsten Natursehenswürdigkeiten Deutschlands, wenn nicht sogar Europas. Von Dresden aus machen sich Reisende am besten mit dem Auto, der Bahn oder dem Dampfschiff auf den Weg flussaufwärts der Elbe entlang bis nach Rathen und Bad Schandau. Die Reisezeit ist kurz, so dass man pünktlich zum Abendessen und Pils wieder in Dresden ist.

Rügen – Ostsee Wie wäre es denn mal mit einem Rad- und Campingurlaub an der Ostsee? Rostock, Stralsund und die Insel Rügen können wir dazu nur empfehlen. Unabhängig von den Gezeiten, die die Ostsee beeinflussen, gibt es für LGBTIQ-Naturliebhaber*innen breite (FKK) Strände, moderne Zeltplätze und Wellnessresorts direkt am erfrischend kühlen Nass der Ostsee. Auch ein Besuch der Kreidefelsen sollte auf der Liste stehen. Immerhin dienten diese Naturschönheiten schon Künstler*innen wie Caspar David Friedrich als Inspiration.

Frische Brise auf der Zugspitze Vom äussersten Norden geht es an den südlichsten Rand der Republik ins Alpenvorland. Die Zugspitzbahn bringt Reisende auf die Spitze des höchsten Berges Deutschlands. Vielen sehnen sich nach den letzten Wochen auf Balkonien nach dem Blick über die Berge, sei es nun auf der deutschen Alpennord- oder der österreichischen Alpensüdseite.

Freizeit- und Themenparks Fans der Freizeit- und Themenparks können endlich aufatmen und die Hände in die Luft werfen, denn viele Parks haben ihre Achterbahnen und Attraktionen wieder eröffnet. Allen voran natürlich der Heidepark Soltau, der Movie Park, Belantis, der Europa-­Park und das Phantasialand. Dank einer begrenzten Anzahl an Besucher*innen sowie der verpflichtenden Option zur vorgängigen Ticketbuchung ist für Spass garantiert, wenn auch unter entsprechenden Sicherheitsvorgaben. Der Sommer kann endlich beginnen!

Wandern zwischen alten Kohleöfen und modernen Kulturtreffpunkten Wer an das Ruhrgebiet denkt, dem fallen zwangsläufig Kohleöfen, riesige Schornsteine und Kohle ein. Doch die Region zwischen Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Treffpunkt für Fans von Kultur und Natur entwickelt. Wo früher Kohle, Bergbau und Stahl das Bild der Region prägten, bewegen sich heute Wanderlustige und Radfahrer*innen durch die unzähligen Industriedenkmäler aus vergessenen Zeiten. Auch wenn die meisten Festivals und Grossveranstaltungen in diesem Jahr ausgefallen sind oder verschoben wurden, gibt es eine Vielzahl an Museen, die besucht werden können.

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