Ela: «Die Ukraine gewinnt den Krieg, dann geben wir ein Konzert!»
Ela alias Elżbieta Steinmetz geht demnächst auf Tour
Die deutsch-ukrainische Sängerin Ela vertrat Deutschland beim Eurovision Song Contest 2014, schreibt Songs für Stars wie Helene Fischer, Adel Tawil oder Maite Kelly und erreicht mit ihren eigenen Alben Millionen von Streams.
Elżbieta «Ela» Steinmetz wird am 11. Oktober 1992 in Smila/Ukraine als Tochter einer polnischen Opern- und Jazzsängerin und eines ukrainischen Rockgitarristen geboren. Im Finale des ESC 2014 in Kopenhagen am 10. Mai 2014 erreicht der Beitrag «Is It Right» von ihrer damaligen Band Elaiza den 18. Platz von insgesamt 26 Ländern. Das Lied wird mit einer Goldenen Schallplatte und dem German Songwriting Award ausgezeichnet. 2020 erscheint Elas Solodebüt «Liebe und Krieg». Für Helene Fischer schreibt sie 2021 den Schlager «Ich wollte mich nie mehr verlieben», der auf dem Nummer-1-Album «Herzbeben» erscheint.
Ela, in deiner Single «Liebe = Freiheit» geht es darum, sein Anderssein zu umarmen. Du machst dich für LGBTIQ-Personen stark. 2020 sind in Deutschland fast 600 Straftaten wegen der sexuellen Orientierung zur Anzeige gekommen. Wie erklärst du dir den Hass auf das Anderssein? Das grundsätzliche Problem von uns Menschen ist, dass wir dazu neigen, in Schubladen zu denken. Sobald etwas nicht in irgendein Fach hineinpasst, wird es erstmal von weitem beobachtet. Was absurd ist, weil es wunderschön ist, dass Menschen auch anders sein können. Ich finde, im Jahr 2022 sollten wir in einer Gesellschaft leben, in der vieles möglich ist und auch akzeptiert wird. Es ist traurig zu sehen, dass wir immer noch nicht soweit sind.
Du bist eine engagierte Sänger- und Songschreiberin. In deinem Video «Wenn ich NEIN sag, dann mein ich NEIN», erfährt man, dass der Frauenanteil bei Musikproduktionen bei unter drei Prozent liegt. Wie kommt das? Erstens ist es unfassbar dramatisch, dass es wirklich nur zwei bis drei Prozent sind. Zweitens hat die Affinität zu Technik, die bei uns Frauen immer infrage gestellt wird, historische Gründe. Drittens gab es nie Vorbilder für weibliche Produzenten. Das Standardbild ist ein Mann vor einem Mischpult. Es mangelt einfach an Sichtbarkeit, denn es gibt tolle Produzentinnen. Bei Columbia Sony Music wurde jetzt erstmals der Female Producer Prize vergeben, wo es auch darum ging, Frauen im Musikgeschäft wertzuschätzen.
Mit der bekannten ukrainischen Rapperin und Aktivistin Alyona Alyona und der ukrainischen Sängerin Jerry Heil hast du im Sommer den Antikriegssong «Kupala» veröffentlicht. Es hat sich zwischen uns eine Freundschaft entwickelt. Im Studio durften wir magische Momente erleben, was aufregend war. Es ging uns nicht darum, einen Radiohit zu schreiben, sondern wir wollten uns darüber austauschen, wie es gerade um die Welt steht. Es war wirklich schön, wieder Folklore zu singen, ich bin ja damit aufgewachsen. Die anderen Mädels meinten, durch diesen Krieg wüssten sie jetzt, was Wurzeln wirklich bedeuten. Deswegen haben wir diesen folkloristischen Song mit poppigen Elementen aus unterschiedlichen Welten kombiniert. Zu dritt haben wir auch ganz coole Tiktok-Videos gemacht.
In welcher Verfassung ist die ukrainische Pop- und Rockszene in diesem Krieg? Es gibt auch im Krieg Wege und Möglichkeiten, zu arbeiten. Heutzutage ist man ja nicht mehr an ein Studio gebunden, sondern man braucht eigentlich nur ein Mikrofon, einen Laptop und ein Interface zum Austausch. Viele ukrainische Künstler*innen sind mittlerweile wieder zurückgegangen oder pendeln zwischen Polen und der Heimat. Alyona erzählte mir, dass früher ukrainische Künstler*innen versucht hätten, auch russische Musik zu machen, um den Markt zu erobern.
Es gab immer eine transparente musikalische Grenze, aber durch den Krieg haben sich die Türen so sehr geöffnet, dass die Ukrainer jetzt endlich auch in Europa Musik machen können. Der Markt ist für sie aufgegangen und es haben sich neue Netzwerke gebildet.
Mittlerweile kommt «Kupala» alleine auf Youtube auf 5,6 Millionen Aufrufe. Was hat diese Antikriegshymne bewirkt? Keine von uns hätte das gedacht. Es ist verrückt, dass dieser zerstörerische Krieg Menschen auch verbindet. Plötzlich hatte ich eine Live-Schalte mit dem grössten ukrainischen Fernsehsender, den ich noch aus meiner Kindheit kenne. Und jetzt bin ich ein Teil davon! Die Mädels sind überzeugt, dass die Ukraine den Krieg gewinnt. Und dann spielen wir zusammen ein Konzert!
Ela geht demnächst auf Tournee. Los geht es am 1. November in Berlin. Am 3. November spielt sie in Wien.
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