«Warum ich mehr an Weisswein als an Globuli glaube»
Bei Marcel Mann steht die Welt Kopf
In der neuen Ausgabe seiner MANNSCHAFT-Kolumne Mannstruation gerät der Comedian Marcel Mann ins Philosophieren: Warum sind die Dinge so, wie sie sind? Es könnte doch auch alles anders sein …
Kennt ihr diese alles haltenden doppelseitigen Klebebänder, die im Internet als Bohralternative beworben werden? Die, die Ziegelsteine und Stühle an der Wand halten sollen? Ja genau die mit den hunderten positiven Bewertungen von bohrfaulen aber extrem glücklichen Neukunden. Diese Wunderklebebänder haben einen Nachteil. Sie funktionieren nicht. Und sie nehmen im Falle einer kleinen Garderobenvorrichtungen für Sommerjacken mit drei Haken auch noch ein Stück der Rigipswand mit. (Erfahrung komplett nicht frei erfunden sondern gerade erlebt.)
Und als ich nun vor wenigen Augenblicken ins Auge meiner Missetat und Sedimentschichten einer minder stabilen Wand blickte, entschied ich mich zu bohren. Welch Kraftaufwand und Zeitersparnis mir doch durch den Erwerb dieses neumodischen Convenience-Produkts aus dem Interwebnet entging. Hosianna! Na ja, Napoleon sagte ja schon: «Life happens». Und der Maya-Kalender prophezeite für 2021: Diesel wird teurer. Aber hey, der Rest des Jahres wird der Sommer meines Lebens!
Eine Frage treibt mich jedoch seit Wochen um: Was, wenn 2020 ein gewöhnliches Jahr ohne besondere virale Vorkommnisse gewesen wäre? (War es nicht – hier geht’s zum Jahresrückblick 2020 von Marcel Mann.) Nur eine weitere Fortsetzung meines noch so zarten Lebensweges. In einer lauen Januarnacht drehte ich die Hypothesenspirale noch weiter. Was wenn alles anders wäre?
Prequel: Als alles anders war – das Musical Sequel: Wenn alles anders wäre versus Predator und der Feuerkelch
Warum sind die Dinge so wie sie sind? Es könnte doch auch alles anders sein. Dann sähen Politiker aus wie Menschen. Und nicht wie böse Zauberer in einem Disney Film. In ausnahmslos jeder deutschen Stadt wäre die Bahnhofsgegend der schönste Ort. Und Leute würden Postkarten schicken auf denen stünde: Schaut mal wo ich gerade bin – Bahnhofsgegend. War ein bisschen schwer zu erreichen aber der Blick ist fantastisch. Die Mieten in der Bahnhofsgegend. Was euch da für ein Markt entgeht. Ihr müsst als Hausverwaltung jetzt zuschlagen. Einkaufszentrum hin. Bis 2021 werdet ihr dann die Nr.7 der erfolgreichsten Einkaufszentren Deutschlands.
Voll das schwere Studium – fünf Jahre lang Mandalas ausmalen.
Alles wäre anders. Facebook wäre sozial. Es gäbe dort einen Interpunktionsbeauftragten. Clowns wären lustig. Sozialpädagogik wäre ein angesagtes Berufsfeld. Was du hast Sozialpädagogik studiert? Krass. Ich hab gehört da kann man richtig Asche mit machen. An der Stelle beschweren sich nun vermutlich anwesende Sozialpädagogen und sagen: Hey, das ist voll das schwere Studium! Fünf Jahre lang Mandalas ausmalen. Richtig kompliziert. Wenn dir zum Beispiel mitten drin die Farbe rot ausgeht … Burnout!
Alles wäre anders. Geld wäre wirklich nur bedrucktes Papier, Mathematik wäre verboten. Man müsste nach Kolumbien fliegen um dort unter der Erde mathematische Formeln zu kaufen. In einem Math Labor … Wortspiel. Meth und Math wie Mathe … Egal.
Heiratsantrag beim Impfen: Eric und Robby sind verlobt
In der Schule müssten die Kinder hingegen den ganzen Tag Drogen nehmen. Ecstasy schmeissen, Blech rauchen, Kröten lecken. Das volle Programm. Und die Kinder würden sagen: Ich will keine Drogen nehmen, ich möchte in die weite Welt nach Bangladesh. T-Shirts nähen und mich selbst verwirklichen. Aber die Eltern würden sagen: Nein! Bevor du deine Drogen nicht genommen hast, bekommst du gar nichts. Versicherungen würden einen versichern, Fleisch wäre aus Fleisch, ein Tripper wäre sowas wie eine Superkraft. Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist Tripper-Man! Der Typ, der nie sexuell belästigt wird. Nicht mal von Donald Trump.
Polizisten wären dein Freund und Helfer … Lesen Polizisten diese Kolumne? Polizisten in der Kommentarspalte? Nie da, wenn man sie braucht. Tja immer, wenn sie kämen, wäre es total lustig, da sie nach jedem Einsatz eine Stripeinlage hinlegen würden. You can leave your hat on …
Deutsche würden in die Schweiz fahren. um einzukaufen. Schweizer würden nach Deutschland kommen und sagen: Mein Gott, was habt ihr für einen tollen Käse!
Äusserlich verschieden, innerlich gleich: Biggs und Tiny
Wenn alles anders wäre, würden Bäume harzen. Mit TZ. Bäume wären richtig faul und würden den ganzen Tag nur herumlungern und wenn man sagen würde: Hey, Baum, such dir mal einen Job, würden sie antworten: Ey, hast du Blättchen?
Trauerweiden würden sagen: Hat doch eh alles keinen Sinn. Pappeln würden sagen: Ein Glück dass ich weiss und privilegiert bin. Büschen würden sagen: Ich bin ein Busch, ich mach Geräusche. (was machen Büsche für Geräusche?) Busch, busch, busch. Im Fernsehen würden sie Kakerlaken mit pürierten C-Promis einreiben. Den Kakerlaken stünde der Ekel ins Gesicht geschrieben. Aber sie müssten da durch, um ihre Alimente bezahlen zu können.
Und alle grossen Städte hätten ein Problem mit Pandabärenbabys. Es wäre eine richtig süsse Plage. Die Leute würden sagen: Komm lass uns zum Italiener gehen, ich hab gehört die räumen in der Küche ihren Müll nicht weg und haben deshalb Pandabären. Lass uns mal einen Kammerjäger vorbei schicken. Und Kammerjäger wären dann so kleine Mädchen, die Fotos mit ihrem iPhone machten und dabei riefen: Nein, ist das süss! Ich schwör auf alles.
Generell würden die Leute keine Fotos von sich selbst machen. Selfies wären Otheries. Der letzte Schrei. Also Fotos von allen anwesenden Menschen ausser einem selbst. Also ganz normale Fotos.
Fifty Shades of May Wenn alles anders wäre, würden Bienen den Blüten Sex am Beispiel zweier Menschen erklären. Bienen wären generell richtig versaut. Sie würden mit kleinen Dildos durch die Gegend fliegen und Blumen mit Handschellen fesseln. Der Frühling wäre die ekelhafteste Jahreszeit. Er hiesse nicht mehr Frühling, sondern Fifty Shades of May.
Unentspannt wäre das neue Cool. Leute würden auf mich zeigen und sagen: Wahnsinn, wie der hektisch redet und zappelt. Und das, obwohl er am offenen Herzen operiert. Mann, der hat Nerven. Leute wären richtig nett. Die Verkäufer im Supermarkt würden nicht fragen wie der Einkauf war, nur weil sie das vertraglich müssen, sondern weil es sie ernsthaft interessiert. Und man würde nicht antworten: Na ja geht so. War halt ein Einkauf. Kennste einen, kennste alle. Sondern: Verdammt war dieser Einkauf unglaublich. Das war der Einkauf meines Lebens. Schon bei den BIO-Eiern dachte ich, das könnte der beste Einkauf meines Lebens werden, aber dann hat das Schicksal noch immer einen drauf gesetzt. Mit dem überteuerten Spüli und dem unnötigen Conditioner und das Boulevardblatt, das doppelt so teuer wie das Klopapier ist, weil die Scheisse schon drin ist. Ausserdem würde ich die Kassierin mit Sommersprossen im Gesicht fragen: Sammeln Sie Punkte? Dann würden wir darüber lachen und übers Kassenband tanzen.
«Sag mal, hattest du schon einen Balkaner im Bett?»
Wenn alles anders wäre, wäre dieser Text hier seltsam, aber die Performance … hui! «Starlight-Express» wäre nix dagegen. Nachbarn würden der Hausverwaltung schreiben, weil es ihnen zu leise wäre, für die Kehrwoche gäbe es eine Warteliste, Von wegen nobody kehrs.
Nazis wären drollige bunte Gnome mit Glöckchen an den Springerstiefeln, die auf der Strasse Räder schlagen würden, alle hätten eine richtig gute Zeit. Nicht nur auf Weihnachtsfeiern. Aber ist halt leider nicht so. Und das ist der Grund, warum ich mehr an Weisswein als an Globuli glaube.
Die gesammelten Werke von Marcel Mann findest du hier.
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