«Tugend-Gesetz»: Taliban bestätigen Verbot von Homo­sexualität

Es ist die erste formale Bekanntgabe der sogenannten Laster- und Tugendgesetze seit der Machtübernahme im Sommer 2021

Ein Sicherheitsmann der Taliban mit Peitsche in Kabul (Foto: Oliver Weiken/dpa)
Ein Sicherheitsmann der Taliban mit Peitsche in Kabul (Foto: Oliver Weiken/dpa)

Die Taliban weiten die Überwachung des Alltagslebens in Afghanistan aus. Einem neuen Gesetz zufolge, das das Verbot von Homosexualität bestätigt, sollen Frauen in der Öffentlichkeit schweigen. Auch Männer werden stärker gemassregelt.

Die Taliban in Afghanistan haben eine Reihe neuer Gesetze erlassen, die unter anderem Frauen öffentliche Äusserungen untersagen. Die Stimme einer Frau sei intim, daher sollte sie nicht in der Öffentlichkeit singen, rezitieren oder laut vorlesen, heisst es etwa in Artikel 13 des Regelwerks über Laster und Tugenden, wie die Nachrichtenagentur AP zitiert.



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Das 114 Seiten starke Dokument wurde am Mittwoch veröffentlicht, nachdem es von Talibanführer Haibatullah Achundsada genehmigt worden war, wie ein Sprecher der radikalislamischen Gruppe mitteilte. Es handelte sich um die erste formale Bekanntgabe der sogenannten Laster- und Tugendgesetze seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 (MANNSCHAFT berichtete).

Im selben Jahr schufen sie eine Art Sittenpolizei, das Ministerium für die «Förderung von Tugend und die Verhinderung von Laster». Es kann nun auf Basis der Gesetze bei Verstössen Warnungen aussprechen oder Strafen vollstrecken. Die Gesetze regeln Aspekte des Alltagslebens, etwa den Umgang mit Musik und Feiern sowie den öffentlichen Nahverkehr.

Laut Artikel 13 müssen sich Frauen in der Öffentlichkeit jederzeit verschleiert zeigen. Eine Gesichtsbedeckung sei erforderlich, um Versuchung zu vermeiden und andere nicht zu verführen. Die Kleidung dürfe nicht dünn, eng anliegend oder kurz sein. Vor nichtmuslimischen Männern und Frauen hätten sich Afghaninnen ebenfalls zu verschleiern, um nicht korrumpiert zu werden, hiess es weiter. Einer Frau sei es zudem verboten, Männer anzusehen, mit denen sie nicht verwandt oder verheiratet sei.

Artikel 17 untersagt die Veröffentlichung von Bildern von Lebewesen. Die ohnehin ausgehöhlte Medienlandschaft in Afghanistan dürfte durch diese Regelung weiter geschwächt werden. Gemäss Artikel 19 ist das Musizieren und Abspielen von Musik verboten. Allein reisende Frauen dürfen nicht befördert werden. Ebenfalls tabu sind Treffen von nicht miteinander verwandten Männern und Frauen.

Männer müssen mindestens knielange Hosen tragen und einen Bart tragen, der nicht zu kurz sein darf. Homosexuelle Beziehungen, Ehebruch und Glücksspiel sind verboten, ebenso wie die Herstellung und das Ansehen von Videos oder Bildern, die Lebewesen zeigen.

Schon im Juli hiess es in einem Bericht der UN-Mission in Afghanistan, dass sich unter der Moralpolizei in Teilen der Bevölkerung ein Klima der Angst und Einschüchterung breit gemacht habe. Erlasse und einige Methoden zu deren Durchsetzung stellten einen Verstoss gegen die Menschenrechte und fundamentale Freiheiten dar (MANNSCHAFT berichtete).



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Dass das zuständige Taliban-Ministerium das Ziel ausgegeben habe, seine Befugnisse auf weitere Bereiche des Alltagslebens auszuweiten, gebe Anlass zu erheblicher Sorge für alle Afghanen, insbesondere für Frauen und Mädchen, erklärte Fiona Frazer, Menschenrechtschefin der UN-Mission. Die Taliban wiesen den Bericht zurück.

Erst im Juni wurden erneut zwei Menschen wegen mutmasslich homosexueller Handlungen öffentlich ausgepeitscht (MANNSCHAFT berichtete).

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