«Shwule Grüsse vom Balkan» (34) – The Circle

Ominöse Treffen und Nachrichten

(Symbolbild: Carson Masterson/ Unsplash)
(Symbolbild: Carson Masterson/ Unsplash)

Nachdem Jascha in Rio einen Vertreter des chinesischen Sportministeriums zur WM-Kandidatur getroffen hat, macht er sich wieder auf den Weg nach Zürich.

Was bisher geschah … 

Kurz vor der Landung erhält er diese Telegram-Nachricht: «Business-Apéro in der Bar Iris in ‹The Circle›, dem neuen Event-, Hotel- und Business-Komplex am Flughafen Zürich.» Und zwar mit De la Verga, dem CEO von Alpminera, dem internationalen Rohstoffkonzern und Sponsor der Schweizer Fussballmannschaft. Wer Jascha die Nachricht geschickt hat, erschliesst sich ihm nicht. Nach der Zollpassage marschiert Jascha direkt zum Circle. Auf dem Weg dorthin rempelt ihn jemand an: «Olá, bonito, schön dich wiederzusehen. Aber ich muss gleich weiter – wir sehen uns!»

Jascha ist irritiert: ‹Das war doch Gustavo aus Rio. Was will der denn hier?› Während Jascha dieser Frage gedanklich nachhängt, gelangt er auch schon zur Bar Iris. «Herr Kokot, willkommen zurück in der Schweiz. Wie hat Ihnen Rio gefallen?» De la Vergas Worte sind schmierig wie immer. Jascha würde sich am liebsten gleich abduschen, weil De la Vergas schmierige Art selbst für seine Verhältnisse zu viel ist: «Ähm, ja, ich hab’s überstanden, danke.»

Neben De la Verga sind auch der Vertreter des chinesischen Sportministeriums und Alen, der Bruder von Jaschas Ex Aleksandar, mit von der Partie. Jascha begrüsst zwar alle Anwesenden, kann sich jedoch noch keinen Reim darüber machen, warum all diese Leute an diesem Treffen dabei sind. Während die anderen sich im Smalltalk vertiefen, bemerkt er einen Zettel in seiner Jackentasche. Er zieht ihn hervor, ohne dass die anderen es bemerken. «Hey Jascha, Gustavo hier. Ich habe dir diesen Zettel zugesteckt, damit du ein bisschen mehr über die ganze Affäre hier erfährst …»

Jascha durchzieht ein kalter Schauer, der ihm beinahe den Boden unter den Füssen wegreisst. Er setzt sich in einen der fabelhaften Design-Sessel der Bar hin und liest weiter: «Ich hatte mal eine Affäre mit Alen. Das war vor seinem Trip nach Moskau. Von meiner HIV-Infektion wusste ich zu diesem Zeitpunkt nichts, weshalb ich Alen ansteckte. Er wiederum konnte als angehender Fussballprofi nicht gestehen, dass er sich bei einem Mann angesteckt hatte, weil er eben bi- und nicht heterosexuell ist. Deshalb erfand er die Geschichte mit der Stripperin in Moskau.»

Auf Jaschas Stirn machen sich nun Schweissperlen breit, während die anderen Anwesenden ihre hegemoniale Männlichkeit zum Besten geben. Er liest gebannt weiter: «Dann ist da noch De la Verga: Vor Alen war er mein langjähriger Liebhaber, auch wenn er in einer heterosexuellen Ehe mit Kindern lebt. Kennengelernt habe ich ihn in Rio, als er mal auf Geschäftsreise war …»



«Herr Kokot, ist alles in Ordnung mit Ihnen?», erkundigt sich De la Verga nach Jascha, der bleich und schweissgebadet im Design-Sessel sitzt. «Ja, ich glaube, es ist der Jetlag», zieht sich Jascha aus der Affäre, «wäre es Ihnen recht, wenn ich kurz die Toilette aufsuchen könnte?» De la Verga nickt, beinahe sich Sorgen machend.

*Wir schreiben in dieser Kolumne «shwul» statt «schwul», um den Balkan-­Slang wiederzugeben. Weitere Hintergründe zur Kolumne «Shwule Grüsse aus dem Balkan» erfährst du im Interview mit dem Autor Predag Jurisic

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