«Shwule Grüsse vom Balkan» (37) – Sam und das Sex-Drehbuch

Jascha und Aleks unterhalten sich über Fetische

(Bild: Sergey Vinogradov/Unsplash)
(Bild: Sergey Vinogradov/Unsplash)

Jascha und Aleks haben beide neue Männer in ihrem Leben. Allerdings hat Aleks so seine Probleme mit den Sex-Vorlieben seines Partners.

Was bisher geschah …

«Skandal bei Alpminera: Geht der Massenmord im Kongo auf das Konto des Konzerns?», «CEO De la Verga wegen krimineller Machenschaften fristlos gefeuert!», «Alpminera-Aktie im freien Fall: Verstaatlichung des Schweizer Rohstoffkonzerns droht!»

Jaschas Plan, die Skandale von Alpminera und die Machenschaften De la Verga aufzudecken, ist aufgegangen: Ein unabhängiges Netzwerk an Journalist*innen hat seine Recherchen überprüft und bestätigt. Auch hat sich die Schweizer Staatsanwaltschaft eingeschaltet: Es läuft eine Untersuchung – sowohl gegen De la Verga als auch gegen dessen ehemalige Arbeitgeberin Alpminera.

Und die Schweizer Politik steckt ein weiteres Mal in einer Rettungsaktion eines weiteren Too-big-to-fail-Unternehmens. Doch dieses Mal soll es eine Verstaatlichung geben – mit der Auflage, dass das Unternehmen im In- und Ausland nach Schweizer Gesetzen handelt.



«Du hast die Welt ein Stück weit verbessert», umarmt Aleks Jascha bei ihrem wöchentlichen Treffen, das sie seit Wochen abhalten. Was zu Beginn als strategisches Treffen rund um die PR-Kampagne gegen Alpminera begann, ist nun zum regelmässigen Austausch im Kweer unter Freunden geworden. «Komm, du übertreibst», lächelt Jascha Aleks entgegen – vorgebend, verlegen zu sein. Dabei geniesst er die Anerkennung, die ihm öffentlich und privat zuteilwird.

«Und was gibt’s Neues bei dir?», fragt Aleks. «Du meinst neben all den Jobangeboten bei verschiedenen Medien und NPO?» Jascha grinst süffisant und sonnt sich in seinem derzeitigen Erfolg. Aleks verzieht derweil die Mundwinkel und setzt an zum Augenverdrehen, da unterbricht ihn Jascha: «Gustavo und ich sind zusammen! Und dein Bruder Alen hat seine Eiszeit mir gegenüber aufgehoben.» «Hey, Glückwunsch — ich freue mich für euch, dass Gustavo und du  zueinandergefunden habt! Was?! Mein Bruder redet tatsächlich wieder mit dir?»

Aleks ist etwas erstaunt über diese Neuigkeit. Sein Bruder Alen hat sich seit seinem öffentlichen HIV-Outing durch Jascha geschworen, nie wieder mit Jascha zu reden. «Ja, er hat sich bei mir dafür bedankt, dass ich ihn aus De la Vergas Machenschaften befreit habe», erklärt Jascha, «auch wenn dadurch seine Bisexualität ans Tageslicht gekommen ist.» Aber so könne Alen seine  Fussballerkarriere freier gestalten. Er ist sogar der erste Profifussballer, der öffentlich zu seiner Bisexualität steht und stehen darf, was weltweit für Furore sorgt.

«Und nun erzähl’ von dir: Wie läuft es mit deiner neuen Eroberung Sam?», will Jascha wissen. Bei dieser Frage steigt Aleks Röte ins Gesicht. Er bemerkt sie zwar, kann sie aber nicht kontrollieren – sie blubbert hoch wie eine Tomatensuppe aus der Tüte. Gleichzeitig füllen sich seine Augen mit Glanz: «Nun ja, er ist wirklich ein Volltreffer. Wir unterhalten und verstehen uns gut …»

«Aber?», funkt Jascha dazwischen, «stimmt der Sex nicht?» Aleks schluckt mehrmals, bevor er verschämt antwortet: «Sam hat einen besonderen Sex-Fetisch.» Vor lauter Aufregung springt Jascha kurz von seinem Stuhl auf: «Spuck’s aus!» Aleks druckst herum, wartet und holt tief Luft, bevor er genug Mut fasst: «Sam ist claustrophil. Er mag Sex in besonders engen Räumen wie in Aufzügen, Besenkammern oder Toitoi-Klos.» «Was ist so verkehrt daran? Ich mag auch Sex in Darkrooms, wo es eng und dunkel ist», zuckt Jascha mit den Schultern. «Zwischendurch ist gegen solche Abenteuer auch nichts einzuwenden. Bei uns ist es so, dass wir nur Sex haben, wenn wir in engen Räumen sind, sonst nicht», verdeutlicht Aleks sein Unwohlsein und doppelt nach, «und ich mag beispielsweise Outdoor-Sex auf weiten Feldern, an verlassenen Stränden oder im Wald.»



«Und nun zweifelst du, ob er der Richtige für dich ist?», wirft Jascha trocken ein. Aleks nickt. Jascha nickt ebenfalls und resümiert: «Wer sagt denn, dass sich eure Vorlieben widersprechen müssen? Vielleicht findet ihr enge Räume in grossen Weiten, wo ihr beide euren Sex-Kick habt?» «Hm, das könnte funktionieren.» Aleks’ Gesicht erhellt sich, aber nur kurz. «Da ist noch was …», flüstert Aleks, «er will auch jedes Mal Rollenspiele durchführen.» «Und? Das bringt doch Würze ins ganze Spiel», zuckt Jascha erneut mit den Schultern. Aleks hält sich beschämt die Augen zu und meint: «Ja, schon. Nur schreibt Sam dafür eigens ein Skript, ehe er mich trifft. Und ich soll dann nach Drehbuch Sex mit ihm haben …Entspricht etwas nicht seinen Vorstellungen, kommt seine Regieanweisung. Und wir beginnen wieder von vorne.»

Jascha zittert am ganzen Körper, weil er sein Lachen kaum im Zaum halten mag. Mit vibrierender Stimme und zuckenden Augen- und Mundwinkeln kann er sich einen hämischen Kommentar dennoch nicht verkneifen: «Da bekommt Klappensex für mich eine ganz andere Bedeutung … Während andere Schwule in Klappen Sex haben, habt ihr keinen Sex ohne Filmklappe!»

Zürich, pass bitte gut auf deine neue queere Bar auf! Unser Autor aus Berlin hat die neue «Kweer»-Bar in Zürich besucht und erklärt in seinem Kommentar, warum er so begeistert und sogar ein wenig neidisch ist.

*Wir schreiben in dieser Kolumne «shwul» statt «schwul», um den Balkan-­Slang wiederzugeben. Weitere Hintergründe zur Kolumne «Shwule Grüsse aus dem Balkan» erfährst du im Interview mit dem Autor Predag Jurisic

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